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Meinungsfreiheit

Lange Entwicklung eines universellen Menschenrechts

Von David Cohnen

Von 1980 bis 2024 erlebte die Meinungsfreiheit bedeutende Veränderungen. Der Aufstieg des Internets brachte einen grundlegenden Wandel mit sich, der die Verbreitung von Meinungen und Informationen erleichterte. Dies führte zu einer breiteren Meinungsvielfalt, begleitet von einer verstärkten Verbreitung von Fehlinformationen.

Historisch gesehen hat das Recht auf freie Meinungsäußerung als universelles Menschenrecht eine lange Entwicklung durchlaufen, gestärkt durch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 und völkerrechtliche Normen der Vereinten Nationen. Trotz rechtlicher Verankerung gibt es in Ländern wie Deutschland Diskussionen über die tatsächliche Wahrnehmung und Ausübung der Meinungsfreiheit, basierend auf Studien, die eine abnehmende gefühlte Meinungsfreiheit aufgrund des Medienklimas und gesellschaftlicher Kontrolle zeigen.

Vor 1980 erfolgte die Verbreitung von Meinungen auf traditionelle Weise durch politische Akteure über etablierte Medien. Bürger hatten begrenzte Möglichkeiten zur Meinungsäußerung, da Online-Netzwerke und Online-Plattformen nicht existierten. Interaktion und Meinungsaustausch fanden im persönlichen Umfeld und bei Veranstaltungen statt. Politiker, Gewerkschaften, Parteien und Wirtschaftsverbände beeinflussten und beeinflussen immer noch die Meinungsbildung durch enge Beziehungen zu den Medien, insbesondere zu den öffentlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten, während Einzelbürger begrenzte Kontakte und Möglichkeiten zur Meinungsbildung und Verbreitung hatten und haben.

Mit dem Aufkommen des Internets und digitaler Kommunikationsmöglichkeiten können Bürger vermehrt an politischen und gesellschaftlichen Diskussionen teilnehmen. Die Digitalisierung ermöglicht es, Ansichten über verschiedene Plattformen zu verbreiten, was zu einer breiteren Beteiligung an gesellschaftlichen Diskussionen führt. Die Internetbeteiligung der Bürger wird positiv betrachtet, doch es bleibt die Frage, ob finanzstarke Akteure das Internet ähnlich wie in früheren Zeiten zu ihrem Vorteil nutzen können. Dies wirft die Frage auf, ob eine breitere Verbreitung der Meinungen erfolgt oder ob wenige die Deutungshoheit behalten.

In vielen westlichen Demokratien haben starke Umbrüche stattgefunden, teilweise mit dem Verschwinden oder der erheblichen Verkleinerung einst großer politischer Parteien. Diese Umbrüche sind auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, darunter die moderne Meinungsbildung und Verbreitung von Meinungen. Politische Akteure sind zunehmend beunruhigt, sowohl aufgrund der gesteigerten Möglichkeit der Verbreitung von Meinungen durch Einzelpersonen als auch durch die verstärkte Verbreitung von Meinungen durch finanzstarke Akteure oder Gruppen von Akteuren. Die Rolle des Internets und Online-Netzwerke bei der Verbreitung von Meinungen und deren potenziellen Einfluss auf die Meinungsbildung bleibt weiterhin Gegenstand anhaltender Diskussionen.

Versuche politischer Parteien und Regierungen unter dem Vorwand des Persönlichkeitsschutzes die Meinungsfreiheit im Internet einzuschränken, könnten das Recht auf freie Meinungsäußerung erheblich gefährden. Dies betrifft auch Landesverfassungen, die die freie Meinungsäußerung als hohes Gut hervorheben. Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist ein Grundpfeiler des demokratischen Prozesses und muss geschützt werden, um eine faire Gesellschaft zu gewährleisten.

Die Strategie für die Internationale Digitalpolitik der Bundesregierung zielt gemäß ihrer Aussage darauf ab, die Menschenrechte im Internet zu schützen und die Beteiligung verschiedener Akteure, einschließlich der Bürger, sicherzustellen. Bei der Absicht, Regeln für das Internet aufzustellen, geht es vordergründig darum, Falschinformationen und Fake News zu unterbinden. Jedoch können Regierungen Informationen und Meinungen genauso effektiv verbreiten wie Falschmeldungen, wenn nicht sogar effektiver, als Einzelpersonen. Ein Beispiel hierfür sind die Argumente der US-Regierung, die maßgeblich waren für den Beginn des Irakkrieges. Wie man sieht, sind Regierungen und die Politik im Allgemeinen durchaus in der Lage, Falschinformationen zu verbreiten, und dies sogar mit weitreichenderen Folgen als Privatpersonen.

Dennoch werden immer wieder Überlegungen angestellt, wie man Fehlinformationen insbesondere durch Privatpersonen verhindern kann. Einzelne Personen könnte man, wenn die entsprechenden Gesetze dafür vorhanden wären, zur Rechenschaft ziehen. Eine US-Regierung, eine russische Regierung oder eine chinesische Regierung wird man kaum bestrafen können, wenn sie etwas Falsches berichtet. Wer bestimmt letztlich, was richtig und falsch ist? Sollen das diejenigen sein, die glauben, die richtige Meinung zu haben? Sollen diejenigen, die nicht mit dieser Meinung übereinstimmen, von der Darlegung ihrer Meinung ausgeschlossen werden?

Es stellt sich die Frage, ob der Zustand vor 1980 wiederhergestellt werden soll.

Die Diskrepanz zwischen dem Anspruch auf Meinungsfreiheit und Toleranz und der tatsächlichen Anwendung dieser Prinzipien innerhalb politischer und gesellschaftlicher Gruppen ist ein häufig diskutiertes Thema. Oftmals zeigen diese Gruppen Toleranz und Meinungsfreiheit nur innerhalb ihrer eigenen Reihen, während sie gegenüber anderen eher intolerant sind und versuchen, deren Meinungsfreiheit einzuschränken. Diese Doppelmoral ist Gegenstand anhaltender Debatten.

Voltaire, ein Verfechter der Meinungsfreiheit, wird das Zitat zugeschrieben: "Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst." Dieser Ausspruch unterstreicht die Bedeutung der Meinungsfreiheit und des Respekts vor abweichenden Meinungen, selbst wenn man nicht mit ihnen übereinstimmt. Die Diskussion über Meinungsfreiheit und Toleranz in der heutigen Gesellschaft wirft Fragen zur demokratischen Teilhabe und zum Umgang mit abweichenden Ansichten auf. Es ist entscheidend, dass diese Prinzipien universell und konsequent angewandt werden, um tatsächlich eine offene und tolerante Gesellschaft herzustellen.

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