Untervermietung an Flüchtlinge kann gerichtlich erzwungen werden
Von MANFRED ROUHS
Was darf der Vermieter einer Wohnung dem Mieter verbieten und was nicht? Das regelt in Deutschland seit dem Jahr 1900 das (immer wieder überarbeitete) Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Innerhalb des BGB nimmt das Mietrecht einen oft mit Spannung angefüllten Raum ein, der täglich die Gerichte beschäftigt.
Darf der Mieter eine Katze halten? Oder einen Hund? Oder einen Papageien? Was ist, wenn der Papagei ständig herumkrächzt und dadurch erheblichen Lärm verursacht? – Solche Fragen bergen mindestens ebenso viel Potential für spannende Konflikte wie der berühmte Streit um den Vorgarten am Maschendrahtzaun.
Viele Mieter wissen nicht, dass sie unter bestimmten Voraussetzungen ein Recht auf Untervermietung ihrer Wohnung auch gegen den Willen des Vermieters haben. Das regelt § 553 BGB, der u.a. bestimmt: „Entsteht für den Mieter nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, so kann er von dem Vermieter die Erlaubnis hierzu verlangen.“
Was aber begründet ein „berechtigtes Interesse“ des Mieters an einer vom Vermieter nicht gewünschten Untervermietung? – Beispielsweise die Absicht des Mieters, ein gutes Werk zu tun und einem Flüchtling aus der Ukraine ein Dach über dem Kopf zu verschaffen. So hat es das Landgericht Berlin in einem erst jetzt bekannt gewordenen Urteil vom 6. Juni entschieden (Az. 65 S 39/23). Zur Begründung holten die Richter weit aus und verwiesen darauf, dass „das unsere Rechtsordnung prägende Grundgesetz aus der Erfahrung (und dem Leid) zweier Weltkriege mit gigantischen Flüchtlingsströmen entstanden und diese in die im Grundgesetz getroffenen Wertentscheidungen eingeflossen ist“. So berichtet es die „Legal Tribune Online“.
Das schafft eine neue Perspektive für die deutsche Zuwanderungspolitik. Wenn wir einen Flüchtling als Untermieter in einem Privathaushalt einquartieren können, warum dann nicht auch eine Million in einer Million Privathaushalten?
Recht und Gesetz unterliegen dem ständigen Wandel und einer fortdauernden Neuinterpretation. Da ist kaum etwas unmöglich, und so kann dieses Berliner Urteil wohl als trendgebend aufgefasst werden.
(pi-news.net)