Warum nicht zwei Deutschland als Experiment?
Von David Cohnen
"L'Italia è il sogno dei tedeschi", schwärmt mein Nachbar. Italien ist der Traum der Deutschen. Er fährt fort: Unsere Liebe für Italien und seine Bewohner geht weit über bloße Urlaubsziele hinaus. Obwohl es aus deutscher Sicht mitunter zu kuriosen Situationen kommen kann, haben meine Frau und ich Italien in all seinen Facetten genossen. Eine unserer Reisen führte uns nach Sizilien, wo wir die Jahrtausende alte Kultur in Agrigento bewunderten.
Als wir zur Bank gehen wollten, stießen wir in der Innenstadt auf das charmante Chaos des italienischen Verkehrs und überlasteter Straßen. An einer belebten Kreuzung mit fünf oder sechs Straßen standen wir an einer Ampel, die für die italienischen Autofahrer scheinbar keine Bedeutung hatte. Selbst die Polizisten, die an jeder Straßenecke auf die rote Ampel hinwiesen, schienen wenig Eindruck zu hinterlassen. Eine Situation, die in Deutschland undenkbar wäre.
Trotz solcher Erlebnisse sind wir immer wieder beeindruckt von der Herzlichkeit der Italiener. Ein älterer Mann, den wir trafen, schwärmte genauso enthusiastisch von Deutschland, wie wir von Italien. Er erzählte uns von seinem Besuch bei seiner in Deutschland lebenden Tochter und betonte die Disziplin und Ruhe, die er dort erlebte. Die Möglichkeit, sogar einen Mittagsschlaf ohne Störungen durch Musik aus den Nachbarwohnungen zu halten, begeisterte ihn. Es ist einfach großartig, welche Ruhe man in Deutschland genießen kann."
In den vergangenen Jahrzehnten haben viele Deutsche weltweit inspirierende Entdeckungen gemacht, die ihre Begeisterung weckten. Die Erfahrungen im Urlaub waren für zahlreiche Deutsche so faszinierend, dass der Wunsch entstand, ähnliche Freuden auch in Deutschland zu erleben. Dies führte zu einer erfreulichen Vielfalt von italienischen, griechischen, spanischen und anderen Restaurants, die zunehmend eine vergnügliche Zeit in Deutschland versprachen. Die meisten Menschen sahen dies als eine Bereicherung an. Die Zuwanderer, die diese wunderbaren Einrichtungen nach Deutschland brachten, wurden positiv aufgenommen, und es entstanden viele Freundschaften zwischen Deutschen und Menschen aus anderen Ländern.
Türkische Restaurants wurden ebenso Teil unserer kulinarischen Landschaft, und wir begannen in türkischen Geschäften einzukaufen. Türken wurden nicht nur unsere Geschäftspartner, sondern auch unsere Freunde. Mein Patenkind heiratete einen Türken, meine Cousine einen Perser. Ähnliche Erfahrungen teilten viele andere Menschen in Deutschland. Doch mit der Zeit veränderte sich etwas. Plötzlich gab es gesellschaftliche Strömungen, die alles Fremdländische so faszinierend fanden, dass sie glaubten, es gegen das Deutsche eintauschen zu müssen. Die Industrie suchte nach Arbeitskräften, der Handel nach größeren Umsätzen – und so fanden immer mehr Menschen ihren Weg nach Deutschland.
Einige Menschen empfanden die bisherigen Entwicklungen als unzureichend und griffen auf den Begriff "Asyl" zurück, um auch Menschen aus anderen Teilen der Welt, wie Asien und Afrika, den Zugang nach Deutschland zu ermöglichen. Als jedoch festgestellt wurde, dass der Asylbegriff als Argument für den zunehmenden Zuzug nicht mehr ausreichend war, wurden alternative Argumente wie das Völkerrecht oder die Genfer Flüchtlingskonvention vorgebracht, um zu betonen, dass jeder, der es wünscht, willkommen ist. Dabei wurde das eigene Grundgesetz gelegentlich übersehen, verdrängt oder missachtet.
In Deutschland traten plötzlich Zustände auf, die sich der ältere italienische Herr wahrscheinlich nicht gewünscht hätte. Viele Deutsche lehnten dies ab, und die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung tut dies noch immer. Die deutsche Weltoffenheit, die mit der Liebe zu Italien und den Italienern begann, wandelte sich peu à peu – nicht gegenüber Italien und den Italienern, sondern gegenüber anderen Gruppen. In den letzten Jahren oder sogar Jahrzehnten kamen viele Menschen zu uns, die offensichtlich hauptsächlich aus dem Grund hierher kamen, ihren Lebensstandard zu verbessern. Viele von ihnen haben wenig Interesse daran, Deutsch zu lernen, sich mit der deutschen Kultur zu beschäftigen oder sich zu integrieren. Von Assimilation kann überhaupt keine Rede sein. Inzwischen gibt es Städte in Deutschland, die eher an die Orte erinnern, die man damals als Urlaubsziele besuchte. Man hat zwar negative Aspekte gesehen, aber sie wurden als interessant und erlebenswert empfunden. Die Idee, diese Aspekte nach Deutschland zu übertragen, wäre jedoch nie aufgekommen.
Derzeit existiert in Deutschland eine kleine Gruppe politischer und gesellschaftlicher Akteure, die entgegen dem Grundgesetz versucht, weitere Zuwanderung zu forcieren. Obwohl diese Gruppe in ihrer Größe vergleichsweise unbedeutend ist, erweist sie sich in der Verfolgung ihrer Ziele als erstaunlich erfolgreich. Einige ihrer Bemühungen stehen jedoch nicht im Einklang mit den bestehenden Gesetzen. Möglicherweise ist diese kleine Gruppe mitverantwortlich für die zunehmende Spaltung der deutschen Gesellschaft.
Eine ähnliche Situation existiert auch in den USA. Möglicherweise ist die Spaltung der Gesellschaft in den Vereinigten Staaten von Amerika sogar weiter fortgeschritten als in Deutschland. Es gibt politische und gesellschaftliche Überlegungen in den USA, Kernländer aus der Union herauszulösen. Die Online-Zeitung Telepolis berichtet am 9. Januar 2024 über "Gespaltene Staaten von Amerika". Das "Texas Nationalist Movement" hat mehr als 139.000 Unterschriften an die Republikanische Partei des Bundesstaats Texas übermittelt, um eine Volksabstimmung im März auf den Weg zu bringen, die einen Austritt von Texas aus den Vereinigten Staaten fordert. Den vollständigen Artikel finden Sie hier: Https://www.telepolis.de/features/Gespaltene-Staaten-von-Amerika-9542514.html?seite=all
In Deutschland hegen zumindest einige Menschen ähnliche Überlegungen. Der Merkur Online schreibt bereits am 11. Oktober 2017: "Bayern ohne Deutschland? So liefe der Bayxit." An anderer Stelle im Bericht heißt es dann: Das Ergebnis überrascht. Fast 70 Prozent der User, die abgestimmt haben, würden einen Bayxit begrüßen. Sie sagen: „Ich würde ein unabhängiges Bayern begrüßen,…“ den ganzen Bericht können Sie hier lesen: https://www.merkur.de/politik/bayxit-nach-vorbild-von-katalonien-rechtliche-grundlagen-und-moegliche-folgen-zr-8762527.html.
Diese Gedanken repräsentieren zur Zeit nicht die Meinung der Mehrheit . Die gesellschaftlichen Meinungen klaffen jedoch derzeit in vielen Ländern auseinander, und es stellt sich die Frage, ob es zu einer Lösung kommen kann oder ob die friedliche Koexistenz letztendlich die Antwort ist.
Es wäre schwierig, Städte wie Berlin, Hamburg, Frankfurt und andere, in denen Migrantenkinder bereits die Mehrheit stellen, mit internationalen Charakteristiken von Metropolen wie New York oder Los Angeles zu vergleichen und den Rest als deutsches Kernland zu bezeichnen. Eine solche Aufteilung würde sicherlich auf viele Herausforderungen stoßen. Es ist wichtig, dass Diskussionen und Entscheidungen im Einklang mit dem Rechtsstaat und demokratischen Prinzipien erfolgen, um eine friedliche und gemeinsame Zukunft zu gewährleisten.
Es wäre interessant, ein Experiment zu erwägen, sofern es nicht zu gewagt erscheint: Das Land in zwei Teile aufzuteilen.
Ein Deutschland, das auf Werten wie Wokeness, Toleranz, Weltoffenheit, Umweltbewusstsein, Sprachwandel, Geschlechterdiversität, umfassende Aufnahme aller Menschen und maximale Unterstützung für Zugewanderte basiert, setzt auf offene oder keine Grenzen.
Ein Deutschland, das seine Kultur und Sprache bewahrt, Traditionen, Wirtschaft, Gemeinsamkeiten, Gastfreundschaft, Liebe zu anderen Kulturen und die Gleichberechtigung von Männern und Frauen pflegt, ohne jedoch den Zwang zur uneingeschränkten Aufnahme jedes Einzelnen zu verspüren, setzt auf sichere Grenzen.
Dieses Experiment könnte über ein oder zwei Generationen verfolgt werden, um dann zu evaluieren, welches System erfolgreicher ist und wie sich die jeweiligen Werte auf die Gesellschaft auswirken.