Wahre Ursachen für schlechte Leseleistungen bei Grundschülern werden verschwiegen
Von MANFRED W. BLACK
Wieder eine Schreckensmeldung: Die Leseleistung deutscher Viertklässler hat sich – der neuen internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (Iglu) zufolge – in den vergangenen fünf Jahren erneut merklich verschlechtert.
„Da deutet sich enormer sozialer, gesellschaftlicher und politischer Sprengstoff an“, warnt der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes (DL), Heinz-Peter Meidinger. „In die Zukunft fortgeschrieben heißt das ja, dass ein Viertel der jungen Menschen Probleme haben wird, sich in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft zu integrieren.“
Die WELT kommentiert die Ergebnisse mit wenigen Worten: „Ein niederschmetternder Bildungsabstieg.“
PC-Denken verdrängt die Wahrheit
Aber praktisch kein einziger Politiker der herrschenden Parteien traut sich, die Hauptursache für die Misere klar zu benennen, die sich seit Jahren ständig verschärft.
Wenn etliche Zeitungen – ganz im Sinne der Political Correctness – nebulös von Corona als erstem Verursacher der extremen Lesedefizite sprechen, so ist klar, dass das – bewusst oder unbewusst – gelogen ist. Die zunehmenden Sprachschwierigkeiten hat es schon lange vor Corona gegeben.
Große sprachliche Misere
Jeder vierte Viertklässler in Deutschland kann laut Iglu-Studie Iglu nur (sehr) schlecht lesen. 25 Prozent der Kinder in dieser Altersstufe verfügen nicht über das Mindestniveau beim Textverständnis, das für die Lese-Anforderungen im weiteren Verlauf der Schulzeit nötig wäre.
Zusätzlich beunruhigend: Bei der letzten Iglu-Erhebung, die im Jahr 2017 veröffentlicht wurde, lag der Anteil dieser Gruppe noch bei 19 Prozent.
International schneiden deutsche Grundschüler bei der Lesekompetenz schlechter ab als Gleichaltrige in vielen anderen Ländern. Den Spitzenplatz belegt der Stadtstaat Singapur, ganz hinten steht Südafrika. Die Viertklässler in Deutschland landen im internationalen Lese-Vergleich im Mittelfeld, sie erreichen freilich nicht einmal ganz den Schnitt der EU- und OECD-Länder.
Primäre Ursachen
Hauptverantwortlich für das weitgehende aktuelle Versagen der deutschen Viertklässler seien – behauptet die Tagesschau – angeblich die „Corona-Epidemie“ und das Homeschooling. Die meisten anderen Medien positionieren sich ähnlich.
Die WELT hat es in einem ersten Artikel nur gewagt, leise anzudeuten, was die wirklichen Gründe sind für die Riesen-Defizite in den vierten Klassen. Die negative Entwicklung sei auch auf eine „Veränderung der Zusammensetzung der Schülerschaft zurückzuführen“.
Der Leser musste raten, was damit gemeint war: die massiven Veränderungen auch in Schulen durch die millionenhafte Zuwanderung insbesondere aus arabischen, afrikanischen Ländern sowie seit fast 18 Monaten auch aus der Ukraine.
In einem zweiten Beitrag hat sich die WELT dazu durchgerungen, Ross und Reiter zu nennen. Jetzt lautet der Schlüssel-Satz zum Bildungsabstieg: „Zu leugnen, dass er mit der Zuwanderung zusammenhängt, wäre absurd.“
Tatsächlich haben offiziell zumindest 37 Prozent der heutigen Viertklässler einen Migrationshintergrund. Mindestens in den Großstädten bilden Migrationsschüler in der Grundschule längst die Mehrheit.
Wie oft wird noch zu Hause Deutsch gesprochen?
2016 waren es drei Prozent der Kinder, die nicht hierzulande geboren wurden, heute sind es elf Prozent. 2016 wurde noch in 83 Prozent der Elternhäuser in der Regel Deutsch gesprochen, 2021 nur noch in 79 Prozent.
„Ein Kind, das zu Hause Deutsch spricht, hat im Schnitt einen Lesevorsprung von einem Jahr gegenüber einem Kind, das nur in der Schule mit der Landessprache konfrontiert wird“, hat die WELT recherchiert. Schüler mit einem außerhalb Deutschlands geborenen Elternteil liegen im Schnitt ein halbes Jahr, Kinder mit zwei im Ausland geborenen Eltern schon ein ganzes Jahr zurück.
Es wäre abwegig, Pauschalurteile zu fällen. Natürlich spielen hier vielfältige sprachliche, kulturelle und soziale Faktoren eine wichtige Rolle. Die Tochter eines Professors aus Indien wird in der Schule anders reüssieren als der Sohn eines aus dem benachbarten Afghanistan geflohenen Arbeiters.
Dass Kinder aus manchen asiatischen Ländern bessere Erfolge in Schulen erzielen als Kinder aus europäischen Ländern, ist auch bekannt. Und dass Mädchen heutzutage im Schnitt über alle Schichten und Kulturen hinweg beim Lesen besser abschneiden als Jungen, hat sich mittlerweile ebenfalls weitgehend herumgesprochen.
Systemimmanente Gründe
Die teils schlechten Schulerfolge haben allerdings auch systemimmanente Gründe. Josef Kraus, der frühere Präsident des Deutschen Lehrerverbandes (DL), hat das so formuliert: „Der Grundwort-‚Schatz‘ wurde heruntergefahren; die Deutschstunden wurden zugunsten eines sinnfreien Englisch-Unterrichts in der Grundschule gekürzt; auf sogenannte Ganzschriften wurde verzichtet; Deutschtests bestehen aus Multiple-Choice-Tests und dem Zustöpseln von Lückentexten.“
Kraus weiter: Während im internationalen Durchschnitt etwa 200 Minuten pro Woche für Leseaktivitäten in der Unterrichtszeit aufgebracht würden, seien es in Deutschland gerade einmal 141 Minuten.
Was muss jetzt passieren?
DL-Präsident Meidinger sieht das so: „Das Zauberwort lautet ‚vorschulische Förderung‘, wir brauchen verpflichtende Sprachstandstests bei allen Vierjährigen sowie bei festgestellten Defiziten eine anschließende verpflichtende Sprachförderung.“
Bei der Einschulung müsse jedes Kind so viel Deutsch können, dass es zumindest dem Unterricht folgen kann. „Wenn uns das nicht gelingt, wird die nächste Studie noch viel katastrophaler ausfallen.“
Dass die unkontrollierte, grenzenlose Einwanderung aus dem Ausland beendet werden müsste – das zu sagen wagt der DL-Vorsitzende nicht. Er fürchtet, als „Rechter“ abgestempelt zu werden.
(pi-news.net)