Das Dilemma der AfD mit sogenannten Vorfeldorganisationen
Von CONNY AXEL MEIER
Am Wochenende fand in Essen der 15. Bundesparteitag der AfD statt. Dort wurde unter anderem Kay Gottschalk (58) aus NRW zu einem der drei stellvertretenden Bundessprecher gewählt. Dieses Amt hatte er schon mal bis 2019 inne. In seiner Rede auf dem Parteitag sagte er wörtlich (Video oben): „Ansonsten, zu den Vorfeldorganisationen sage ich, das Vorfeld suchen wir uns selbstverständlich aus und das Vorfeld definiert nicht, dass es automatisch unser Vorfeld ist. Sondern das macht die Partei, das macht ihr, liebe Freunde.“
Dem muss ausdrücklich widersprochen werden. Vorfeldorganisationen sind keine Ableger von Parteien, die beliebig gesteuert werden können, um den behaupteten Anforderungen der Partei zu entsprechen. Vorfeldorganisationen sind Interessenvertretungen mit einer eigenen Agenda, die sich logischerweise den politischen Parteien verbunden fühlen, die ihre Interessen am besten vertreten und die von ihnen beeinflussbar erscheinen.
Ein klassisches Beispiel für die Wirkmächtigkeit von Vorfeldorganisationen waren die Gewerkschaften, die früher nicht vorwiegend die Interessen ihrer Funktionäre, sondern die Interessen der Arbeiter und Angestellten vertraten. Da die SPD sich früher mal als Partei der Arbeiter verstand, war es klar, dass die Vorfeldorganisation DGB als SPD-nah galt. Einerseits riefen die Gewerkschaften zur Wahl von Willy Brandt auf, umgekehrt nahmen die Gewerkschaften Einfluss auf die Programmatik der SPD. Viele Gewerkschaftsmitglieder waren damals zugleich SPD-Mitglieder.
Die potentiellen Vorfeldorganisationen der AfD haben weder das Gewicht von den Gewerkschaften der 70er- Jahre noch sind sie besonders zahlreich. Gottschalk sollte dafür dankbar sein, dass es sie überhaupt gibt, anstatt selbstherrlich darüber zu befinden, wer anerkannt wird und wer nicht. Es ist das Privileg von Organisationen, als eingetragene Vereine oder Stiftungen selbst den Vereinszweck zu benennen. Daher würde die Einflussnahme von Parteien nur stören und schlimmstenfalls die Gemeinnützigkeit gefährden. Ob diese seitens der AfD nun als Vorfeldorganisation den Parteisegen erhalten oder nicht, das spielt vereinsintern keine Rolle oder würde sogar kritisch bzw. gefährlich angesehen.
Am Beispiel der Islamkritik kann man das veranschaulichen. Die Bekämpfung des politischen Islam wäre die Aufgabe der Regierungen, spätestens seit dem 11. September 2001 mit dem Mehrfach-Anschlag durch Mohammed Atta & Freunden. Keine der Regierungen hat den politischen Islam bekämpft. Im Gegenteil. Der Islam wurde vom ökosozialistischen Parteienstaat hofiert und ist mittlerweile in Deutschland Staatsreligion, die einzige Religion, die vom Staat geschützt und befördert wird. Stellvertretend sei hier Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier genannt, der es fertig brachte, dem rechtsextremen türkischen Verband VIKZ zum 50. Jubiläum die Festansprache zu halten.
Anfang des Jahrtausends bildeten sich vorsichtig Projekte, die auf die Gefährlichkeit des politischen Islam hinwiesen. 2008 wurde durch Fusion die Bürgerbewegung PAX EUROPA (BPE) gegründet, die in der Folge die wichtigste, nicht parteigebundene islamkritische Organisation geworden ist, die sachlich über den Islam und seinen Weltherrschaftsanspruch aufklärt. Die Bundes- und Landesregierungen haben das nicht unterstützt, sondern von Anfang an bekämpft. Selbst die CSU, die damals noch programmatisch mit der BPE übereinstimmte, setzte nichts davon um. Im Gegenteil. Als einziger Landesverfassungsschutz führte Bayern groteskerweise die neue Rubrik „verfassungsschutzrelevante Islamfeindlichkeit“ ein und listete einzig und allein den bayerischen BPE-Landesverband darin auf. Im neuesten Bericht von 2023 taucht diese Rubrik nicht mehr auf.
Zum Zeitpunkt ihrer Gründung unter Bernd Lucke 2012/13 wurde in der AfD Islamkritik allenfalls geduldet, obwohl viele Mitglieder dezidiert islamkritisch eingestellt waren. Das änderte sich erst nach dem Essener Parteitag 2015. Allerdings lehnte es die AfD ab, Mitglieder in den vom Verfassungsschutz beobachteten Organisationen aufzunehmen, was den bayerischen BPE-Landesverband betraf. Erst nachdem die AfD vom zum Regierungsschutz gewandelten Verfassungsschutz selber als Verdachtsfall geführt wird, wurde die BPE aus der Unvereinbarkeitsliste gestrichen.
Es ist zwar im Sinne der BPE, dass die AfD nunmehr mutiger geworden ist und die Bekämpfung des politischen Islams in seinem Parteiprogramm verankert hat. Deswegen wird die BPE aber nicht zur Vorfeldorganisation der AfD. Nur weil sie als einzige in den Parlamenten vertretene Oppositionspartei mit der BPE übereinstimmt, ist die BPE keine Vorfeldorganisation derselben. Das dürften auch alle weiteren Organisationen, die Gottschalk mit „Vorfeld“ meinen könnte, ähnlich sehen.
Es täte Kay Gottschalk gut, dies zur Kenntnis zu nehmen und nicht Organisationen, die inhaltlich in Sachfragen übereinstimmen, nach seinen eigenen Kriterien zu bewerten und als Vorfeld zu genehmigen, oder auch nicht. Es ist nicht die Partei, die bestimmt, wer Vorfeld ist, das ergibt sich von ganz alleine. Ansonsten würde das der AfD einen Schaden zufügen, der schwer reparabel ist. Ich hoffe, die Mehrheit im neuen Vorstand der Partei sieht das ähnlich.
(pi-news.net)