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Lebenslügen

Wehrpflicht-Debatte ist ein CDU-Desaster

Von WOLFGANG HÜBNER

Nein, nicht der Umfrageliebling Boris Pistorius ist daran schuld, dass sich Moskau noch immer nicht vor einem neuen Feldzug gen Osten fürchten muss. Es ist die unerträgliche Mischung aus lächerlicher Großmannssucht, Opportunismus und Unehrlichkeit von CDU/CSU, die versuchen, dem auch nicht besseren Koalitionspartner SPD die Schuld zuzuschieben, warum es mit der erwünschten Militarisierung in Deutschland nicht nach Wunsch der Herren Merz, Söder, Wadephul und Kiesewetter vorangeht. Bis auf den letzteren mutmaßlichen Psychopathen haben sie nämlich allesamt nicht den Mumm, die Konsequenz aus ihrem hysterischen Kriegstreibergetrommel zu ziehen.

Diese Konsequenz wäre die allgemeine Wehrpflicht für Männer und Frauen, nicht jedoch ein absurdes Losverfahren, das an Ungerechtigkeit und gesellschaftlichem Konfliktpotential nicht zu überbieten ist. Es ist schon schlimm genug, dass sich Teile der SPD-Fraktion auf eine solche „Lösung“ einlassen wollen, offenbar aber nicht der sich übergangen fühlende Pistorius. Für die Unionsfraktion und Lügenkanzler Friedrich Merz ist es eine Bankrotterklärung, erst lauthals die russische Gefahr zu beschwören, dann aber aus Angst vor dem mangelnden Wehrwillen der Deutschen das Los darüber entscheiden zu lassen, wer den Parteienstaat verteidigen soll.

Ohnehin können CDU/CSU nur bei extrem vergesslichen Wählern darauf hoffen, nicht daran erinnert zu werden, dass unter der CDU-Kanzlerin Angela Merkel und dem damaligen CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg 2011 die Wehrpflicht ausgesetzt worden ist. Was seinerzeit nicht wenig zum späteren Unionswahlsieg bei der Bundestagswahl 2013 beitrug, ist bei heutigen jungen Menschen im wehrpflichtigen Alter populärer denn je. Das wissen sowohl der Fahnenjunker Merz als auch der Wehrdienstverweigerer Lars Klingbeil, derzeit SPD-Vorsitzender und Vizekanzler.

Deshalb tut sich auch die zweite deutsche Regierung der „Zeitenwende“ so schwer, ihre militaristische Rhetorik in Übereinklang zu bringen mit der gesellschaftlichen Realität. Das Problem betrifft zudem die eigentlich sehr wehrfreudige AfD. Umso erfreulicher ist die Nachricht, dass unter dem begrüßenswerten Einfluss des AfD-Vorsitzenden Tino Chrupalla Anträge seiner Fraktion im Bundestag verhindert worden sind, die die Wiedereinführung der Wehrpflicht zum Ziel hatten. Damit werden nicht nur absehbare Stimmenverluste der AfD verhindert, sondern wohl auch die drohende unverdiente Abstauberei der Linkspartei bei jungen Wählern.

Es ist eine Tatsache: Besonders beliebt ist die Wiedereinführung der Wehrpflicht bei den deutschen Altersgruppen in Deutschland, die nicht mehr fürchten müssen, fürs Vaterland die Uniform anziehen zu müssen. Das ist aber nur eine der zahlreichen Lebenslügen, unter denen das bunte Deutschland des Jahres 2025 leidet.
(pi-news.net)

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