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Corona-Katastrophe

Wie das, was passiert ist, passieren konnte

Von David Berger

Dr. Michael Andrick ist vor allem durch seine Kolumne in der „Berliner Zeitung“ bekannt, in der er sowohl mutig wie geistreich – zum Beispiel zu dem Komplex Corona – Stellung genommen hat. Im Youtube-Format NuoFlix spricht er im Interview mit Aron Morhoff über sein kurz vor der Corona-Krise erschienenen Buch, das heute aktueller ist als damals.

In einem Aufsehen erregenden Beitrag mit dem bezeichnenden Titel „War dies möglich, so ist alles möglich“ in der Berliner Zeitung stellte er etwa im Rahmen der Aufarbeitung der Corona-Krise lapidar fest: „Die Republik ist beschädigt. Das Land zeigt zunehmend Züge eines korrupten Parteienkartellstaats mit repressivem Meinungsregime.“

Warum konforme Karrieristen heute erfolgreich sind
In seinem Buch „Erfolgsleere“ öffnet Andrick spannende Einsichten in die gegenwärtige Arbeitswelt: Um Erfolg zu haben, muss man sich rational und ehrgeizig verausgaben. Eigensinn und Ideale stören, wo der Ehrgeiz regiert. In unseren »Arbeitswelten« sind konforme und strebsame Funktionäre erfolgreich. So produzieren wir Brot, Bücher und Bomben mit derselben abgeklärten Professionalität. Was wird dabei aus unserer Welt und aus uns? Die Sinnfragen bleiben zu Hause, Eigensinn und Ideale schleifen sich ab.

Die Industriegesellschaft kann Menschen zu charakterlosen Funktionären machen. Sie leiten dann mit derselben stummen Professionalität eine Schule oder eine »Investmentbank«, stellen ebenso fleißig und loyal Bücher oder Bomben her.

An diesem Punkt wird das Interview besonders interessant, weil Morhoff sich nicht scheut, auch öfters den Bezug auf die politischen Vorgänge der letzten Jahre herzustellen. Die Erklärungsansätze in „Erfolgsleere“ für die totalitären Aspekte der Politik auch demokratisch verfasster Staaten in den Corona-Jahren wurden bislang in den zahlreichen Rezensionen des Buches auch in großen Medien kaum thematisiert. Das wird in diesem Gespräch für alle, die es interessiert, etwas nachgeholt.

Misshandlung der eigenen Kinder
Wohin diese Weichenstellungen letztlich führen, sieht man trefflich an der gegenwärtigen Politikerkaste. Und es wurde auf tragische Weise deutlich in der Corona-Hysterie, in der ein Großteil der Bevölkerung in aller kürzester Zeit zu Jasagern gegenüber den gerade herrschenden Autoritäten wurde, massivste Grundrechtsverletzungen bis hin zur Misshandlung der eigenen Kinder schweigend, ja manchmal sogar noch extremer wünschend hinnahm.

Dass das Buch Andricks diese Mechanismen wenige Monate bevor sie in der Corona-Krise besonders eklatant sichtbar wurden, anschaulich beschrieb, ist besonders spannend: „Mein Buch schildert die Industriegesellschaft als einen Ort, an dem genau das denkbar ist“ – so Andrick im Interview.

Der Trost der Philosophie
Wie sind unsere Arbeitswelten entstanden – und wie funktionieren sie? Warum fasziniert, fesselt und verdummt uns der Ehrgeiz? Warum sollten wir uns gegen die Durchformung unseres Daseins durch die Karriere wehren? Und wie ermöglicht es das Philosophieren, sich eine eigene Lebensweise zu bewahren? Das sind die Fragen der Philosophie für die Arbeitswelt.

Am Ende wird gut deutlich: Wer unter Anpassungsdruck selbstbestimmt leben will, der muss das Philosophieren lernen.
(Erstveröffentlichung: Philosophia Perennis)
(beischneider.net)

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