Iskander schneller an der Spree?
Von RAINER K. KÄMPF |
Die gute beruhigende Nachricht gleich vorab: Das NATO-Drehbuch muß umgeschrieben werden. Oder gleich in die Tonne getreten. In 2030 wird es keinen Überfall der Russen auf Deutschland geben. Nicht, weil die sowieso nicht wollen, sondern weil die buntesdeutsche Kriegslüsternheit dann schon eingehegt sein wird.
Die gemütliche Ruhe des Towarischtsch mit dem brummelnden „Nu, budjet Kamerad“ hinkt mal wieder den Zeitläuften hinterher. Bis 2030 ist der Drops längst gelutscht, weil Fritz der Flinke mit seinem Kiewer Kumpel den morbiden Rest des einstmaligen deutschen Reiches endgültig durch die Esse gejagt hat.
Dem Flinken Fritze sitzt die Zeit im Nacken, um als Schnellster Führer aller Zeiten in die Ahnenreihe einzugehen. Verschwörungstheoretiker vermuten, er könne bis zum geplanten Rußlandkrieg schon abgescholzt haben. Merz selbst befürchtet das wohl auch. Jetzt oder nie also.
Nun gut, wenn jemand unbedingt Kriegspartei werden will, wie eine Reihe Berliner Suizidal-Kollektivisten, sucht der sich Verbündete, sozusagen zum erweiterten Suizid. Bindet man sich allerdings an einen Alliierten, dessen Kapitulationsurkunde nur noch auf den Termin zur Unterzeichnung wartet, erinnert dies an verballhornte Haarpflege.
Zur Zeit überlegen die Russen, inwieweit es in Berlin einen Lerneffekt auslösen würde, zu beweisen, daß Iskander schneller an der Spree ist als Taurus an der Moskwa. Immerhin, die deutsche Außenpolitik ist aus dem Korsett der permanenten Lachnummer ausgebrochen. Offenbar zieht sich Merz die übergroßen Pantoffel an, unter denen er zu Muttis Zeiten gestanden hat. Pech für uns. Er zieht uns mit ins Verderben und man ist geneigt, wehmütig der Zeit schlumpfiger Bedeutungslosigkeit unter Scholz nachzuhängen.
Sollte sich Geschichte in jedem Fall wiederholen, gehen wir dunklen Zeiten entgegen. Vergleicht man die verordnete Stimmung im Land, die hysterische Anti-Rußlandpropaganda und die frenetische Sehnsucht nach Kriegstüchtigkeit, könnte der Gedanke aufkeimen, es ist der alte Wein in neuen Schläuchen, der uns hier aufgetischt wird.
„Neben dem Krieg der Waffen, der soeben in ein neues Stadium eingetreten ist, spielt sich ein erbitterter Krieg der Nerven ab. Er verdient mehr Beachtung, als ihm im allgemeinen geschenkt wird. Selbstverständlich können nur die Waffen die letzte Entscheidung bringen, aber dazu bedürfen sie einiger wichtiger Voraussetzungen, unter denen die Kriegstüchtigkeit der Moral von hervorragendster Bedeutung ist.„
Nein, das sagte nicht Friedrich, sondern Joseph am l8. Juli 1943.
Boris Pistorius wiederum verlautbarte am 29. Oktober 2023 in der ZDF-Sendung Berlin direkt:
„Wir brauchen einen Mentalitätswechsel. In der Truppe, da ist er in vollem Gange. (…) Wir müssen uns wieder an den Gedanken gewöhnen, dass die Gefahr eines Krieges in Europa drohen könnte, und das heißt, wir müssen kriegstüchtig werden, wir müssen wehrhaft sein und die Bundeswehr und die Gesellschaft dafür aufstellen.“
In der Diktion kaum noch ein Unterschied und uns dünkt, in der kaum noch verborgenen Absicht finden wir den auch nicht. Wir denken unweigerlich an Brecht und fragen uns, ob die Parabel des fruchtbaren Schoßes immerwährende Geltung hat.
(pi-news.net)