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Grüße aus dem Paradies!

Die Legende von Desroches

Von Vera Lengsfeld

Während in Deutschland der neue Innenminister Dobrindt sich nicht schämt, die Politik seiner Vorgängerin Faeser nahtlos fortzusetzen, indem er die skurrilen, aber harmlosen Reichsbürger zur Gefahr Nr. 1 erklärt, während Islamisten offen das Kalifat fordern und Israelhasser täglich auf unseren Straßen die Ausrottung des Judenstaates fordern, habe ich mich auf Desroches zurückgezogen, eine Koralleninsel der Seychellen. Die Insel, so lautet die Legende, wurde nach entsagungsvollen Monaten auf dem Indischen Ozean von dem schon halb vor Hunger und Durst wahnsinnig gewordenen Kapitän Moseley entdeckt.

Anfangs hielt er sie für eine Fata Morgana, aber je näher sein Schiff dem Trugbild kam, desto realer wurde es. Auf den Korallenfelsen der Südspitze stand eine Frau und hielt Ausschau. Ihr weißes Gewand wurde von einem roten Band um ihren Körper geschmiegt, und ihre goldenen Haare wehten im Monsunwind. So sah Kapitän Moseley Madame Zabre zum ersten Mal. Er ging an Land, um nie wieder in See zu stechen. Er hatte sein Paradies gefunden. Später ließ er auf der Südspitze einen Leuchtturm errichten, mit weißen Mauern, die mit einem roten Band verziert sind, und die Lichter auf der Turmspitze leuchten in der Nacht golden, wie Madame Zabres Haar.

Heute kann man vom Restaurant in der Turmspitze den Sonnenuntergang beobachten, während man sein Dinner genießt.

Früher lebte die Insel hauptsächlich vom Export ihrer Kokosnüsse, die übrigens keine Nuss, sondern eine Steinfrucht sind. Die Palmen sollen der nützlichste Baum der Erde sein. Die Kokosnüsse liefern Fleisch und Öl als Nahrung und für Kosmetik. Die faserige Schale wird für Textilien, Isolationen, Seile und Matratzen verarbeitet, das Holz und die Blätter dienen als Baumaterialien. Die faserigen Wurzeln werden in der Medizin genutzt.

Heute leben die Seychellen hauptsächlich vom Tourismus. Auf ihren Inseln findet man fast alle vom Aussterben bedrohten tropischen Arten. Das soll so bleiben, hat die Regierung der Seychellen beschlossen. Hier wird wirklicher Umwelt- statt Klimaschutz betrieben.

Man setzt nicht auf Massentourismus, sondern auf Urlauber, die bereit sind, auf Schnäppchen zu verzichten und bereit sind, für die guten Dinge auch Geld auszugeben. Desroches ist ein Hotel. Jeder Gast hat ein eigenes Haus mit Garten, Pool und Ozeanblick. Beim Bau wurden Palmenstämme eingesetzt. Man kann sich von der Schönheit und Haltbarkeit dieses Materials jeden Tag von Neuem überzeugen. Sie überstehen Tropenstürme und Monsunregen, die schon mal Wolkenbrüchen gleichen, problemlos. Die Palmenfasermatratzen am Pool sind im Nu wieder trocken.

Der Teil der Insel, in dem die Besucher leben, ist angelegt wie ein tropischer Park. Im Inneren liegen, abgeschirmt durch dichte Hecken, die Funktionsgebäude. Eines Morgens, auf einem erweiterten Spaziergang zum Frühstück, geriet ich in den Arbeitsbereich. Hier war es genauso sauber wie im Hotelteil. Dann sah ich das Schild: „Unter diesen Palmen arbeiten die stolzesten Angestellten der Welt.“ Das ist Motivation und Kompliment zugleich.

Etwa in der Mitte ist die Insel durch eine Start- und Landebahn geteilt. Man kommt hier nur mit einem kleinen Flieger her. Die Ankommenden werden von einem Manager und mehreren Hotelangestellten erwartet und mit Namen begrüßt. Dann wird man mit dem Buggy herumgefahren und lernt alle wichtigen Punkte kennen, ehe man am Haus abgesetzt wird. Die Angestellten ziehen sich erst zurück, wenn sie sicher sind, dass der Gast alles kennengelernt hat. Der Service ist wirklich perfekt. Übrigens ist der Runway multifunktional: Morgens um 6.30 Uhr bietet das Hotel hier Yoga an, nachts kann man mit dem Fahrrad oder zu Fuß den unverstellten Blick auf den südlichen Himmel genießen, und abends dient er den Mitarbeitern als Platz für ihre Mannschaftsspiele.

Der Teil der Insel, der hinter dem Flugfeld liegt, wird immer ursprünglicher, je weiter man nach Norden kommt. Erst fährt man durch die Wohnquartiere der niedrigeren Angestellten, dann kommt der Bereich der Riesenschildkröten, die nachmittags, wenn die größte Hitze vorbei ist, wie anderswo die Kühe auf der Weide stehen. Die ältesten sind über 100 Jahre alt. Wir haben eine gesehen, deren Panzer zahlreiche Einschüsse aufwies. Der Schütze, der aus ihr Schildkrötensuppe machen wollte, mag längst tot sein – ihr geht es immer noch gut. Eine andere ist mal von einem Fahrzeug gerammt worden.

Auf der linken Seite ist ihr Panzer arg beschädigt worden. Aber auch sie lebt noch. Einmal, als ich allein unterwegs war, sah ich ein Exemplar, das zu den größten zählt, wenn es nicht sogar die Größte war. Sie stand dicht am Weg. Als sie sah, dass ich anhielt und abstieg, kam sie auf mich zu. Ich hatte gelesen, man solle den Tieren nicht genau in die Augen schauen, sondern daran vorbei. Aber dieses Biest sah mir genau in die Augen! Als sie noch begann, chrr, chrr, chrr – Laute von sich zu geben, trat ich lieber den Rückzug an.

Vor dem Dschungel durchquert man noch das Dorf, wo die höheren Angestellten in sehr hübschen Pfahlhütten wohnen, die fast alle von kleinen Gärten umgeben sind. In der Mitte ein Pavillon, der als Gemeinschaftstreffpunkt dient. Außer einer Kapelle gibt es hier auch eine Hütte der Naturschützer, die Besucher auf Tafeln über Fauna und Flora von Desroches und der Naturschutzinseln aufklären. Dank der Information konnte ich dann feststellen, dass ich kurz darauf am Dorfstrand Rochen gesehen habe.

Der hintere Teil von Desroches ist naturbelassen oder hat sich selbst naturiert. Nur ein Weg wird freigehalten. Wie sich die Palmen vermehren, ist im Vorbeifahren zu studieren. Wenn eine Kokosnuss lange genug liegen bleibt, sprießt eine neue Palme daraus.

Es gibt mehrere Strände: Der schönste wurde nach Madame Zabre genannt. Aquarium Beach hat seinen Namen nach dem kristallklaren Wasser, das er bietet, Reefs End ist für die Kajakfahrer, und der Bombay-Strand diente jahrhundertelang als Schiffsanlegestelle. Mein Favorit ist Nord-Point. Hier hat man den Dschungel im Rücken und den wilden Indischen Ozean vor Augen. Ich nehme auf einer der Strandliegen Platz, die das Hotel hier aufgestellt hat, nehme mir eine Flasche Wasser, die das Hotel allen bietet, die es bis hierher geschafft haben, und verzichte darauf, in die bewegte Flut zu steigen, obwohl auch vorsorglich Handtücher deponiert wurden.

Die Wellen spielen mit Kokosnüssen, die sich so schnell drehen, dass sie für lebendig gehalten werden können. Ich versuche mir angesichts des mächtigen Wassers die Zeiten vorzustellen, als es noch richtige Männer gab, die nicht in Frauenkleidern nach Safe Spaces verlangten, sondern nach Abenteuern und Entdeckungen. Ihnen habe ich zu verdanken, dass ich heute hier sitzen und mich freuen kann, dass es noch vernünftige Politik gibt – auch wenn sie sich auf die Seychellen zurückgezogen hat.
(vera-lengsfeld.de)

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