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Privatwirtschaft preiswerter

Warum lassen wir uns durch Vorschriften und Bürokratie knechten?

Von PROF. EBERHARD HAMER (Teil 1 von 2)

Nach dem zweiten Weltkrieg, in dem Deutschland durch bewundernswerte Planwirtschaft die private Versorgung der Menschen und den militärischen Bedarf immer noch befriedigen konnte, stand in den Wahlen 1947 die alles entscheidende Frage zur Debatte, ob Deutschlands Zukunft durch weitere zentrale Planwirtschaft oder durch die von Ludwig Erhard geforderte dezentrale Marktwirtschaft besser gesichert werden könne. Der Autor erinnert sich noch an den Wahlkampf mit Ludwig Erhard, den hitzigen, ehrlichen und besorgten Debatten zwischen den sozialistischen und bürgerlichen Parteien um den richtigen Weg weiterer Planwirtschaft oder der neuen Marktwirtschaft, die theoretisch richtiger schien, mit der wir aber keinerlei Erfahrung hatten.

Die marktwirtschaftliche Mehrheit hat gesiegt. Mit der Marktwirtschaft wurden Selbstverantwortung und Handlungsfreiheiten geschaffen, die zu einem nie dagewesenen Wirtschaftsaufschwung führten (Wirtschaftswunder). Dazu gab es damals aber auch besondere Bedingungen:

+ Die Staatsbürokratie war nach dem Kriege drastisch reduziert, alle Nazi-Gesetze abgeschafft und dadurch die größte private Handlungsfreiheit geschaffen, die wir je gehabt haben.
+ Die Macht der Konzerne war durch die Sieger gebrochen. Die Konzerne wurden aufgeteilt, um Wettbewerb zwischen ihnen zu schaffen.
+ Das Grundgesetz der Marktwirtschaft – die Chancengleichheit – wurde durch ein neues Kartellgesetz (GWB) sicherzustellen versucht.
+ Aus dem kommunistisch beherrschten Osten retteten sich mehr als eine Million Unternehmer in den Westen.
+ Weil die einheimischen und geflüchteten Unternehmer zwar Ideen, Tatkraft, aber kein Geld hatten, hat Ludwig Erhard die Steuerfreiheit des im Unternehmen verbleibenden Gewinns durchgesetzt. Damit konnten sich vor allem die mittelständischen Personalunternehmen aus eigener Kraft finanzieren, wachsen, Arbeitsplätze schaffen und es entstand das Wirtschaftswunder.

Die Idee der Marktwirtschaft hatte im Praxistest gesiegt und ist – da sie als „soziale“ Marktwirtschaft ausgestattet wurde – allen Menschen zugutegekommen und hat in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts einer sparsamen, fleißigen und ordentlichen Generation den größten Wohlstand gebracht, den je eine Generation in Deutschland hatte oder wieder haben wird.

Wirtschaftspolitische Fehler nach der Wiedervereinigung
Im Osten verlangten die Sowjets weitere Zentralverwaltungswirtschaft. Aber selbst diese schaffte nach den Notzeiten des Krieges in der Folge trotz der „sozialistischen Mangelwirtschaft“ für die Bevölkerung steigenden Lebensstandard. Die Ostdeutschen versuchten mit dem, was ihnen zugeteilt wurde, zurechtzukommen, waren bescheiden und überwiegend zufrieden – bis die steigende Verschuldung, der Verschleiß des Produktionskapitals sowie die Erstarrung einer immer immobileren Bürokratie 1989 zum Zusammenbruch der Planwirtschaft führte.

Hätten wir den ostdeutschen Bundesländern nach der Wiedervereinigung die gleichen Wachstumsbedingungen gegeben, wie die westlichen unter Ludwig Erhard gehabt haben,

+ wären nicht einseitig nur die internationalen Konzerne mit Milliardensummen gefördert und angesiedelt wurden, sondern vor allem die mittelständischen Personalunternehmen. Und diese nicht durch Subventionen, sondern durch Steuerfreiheit des im Unternehmen verbleibenden Gewinns, also durch die Möglichkeit der Selbstfinanzierung.

Dann hätten wir heute blühende mittelständische Wirtschaft überall in der ehemaligen DDR statt nur Cluster von meist dem Ausland gehörenden Konzernen.

+ Hätten die Unternehmen in den neuen Bundesländern die Gesetzes- und Bürokratiefreiheit wie Westdeutschland nach dem Krieg – alle Nazi-Gesetze abgeschafft – gehabt, hätten die Unternehmer viel mehr Handlungsfreiheit und damit Entfaltungsmöglichkeiten gehabt. So sind drei von vier Existenzgründern oder Wiedereinrichter im Osten an den West-Gesetzen oder der Bürokratie gescheitert.
+ Vor allem aber haben sich die westdeutschen Sozialfunktionäre mit den sozialistischen Kadern der Alt-DDR zu neuer Sozialherrschaft verbunden und die Mentalität in den neuen Bundesländern wieder auf Staatsverantwortung, Sozialversorgung und Untertänigkeit unter die Sozialfunktionäre korrumpiert – im Gegensatz zu der westlichen Aufbau-, Selbstverantwortungs- und Eigeninitiativmentalität beim Aufbau der Marktwirtschaft im Westen.

Ist Privatwirtschaft rentabler als Staatswirtschaft?
Unabhängig von den grundsätzlichen Unterschieden der beiden Ordnungssysteme Verwaltungswirtschaft und Staatswirtschaft hat die Privatisierungsforschung des Mittelstandsinstituts Hannover vor allem die Ergebnisse beider Ordnungssysteme miteinander verglichen. Das wurde möglich durch die vom Autor entwickelte „Privatisierungsformel“, die die Vollkosten jeder staatlichen Leistung mit dem Marktpreis privater Wettbewerber vergleicht und daraus die Nutzendifferenz ermittelt.

Wenn zum Beispiel eine Schule staatlich oder privat betrieben wird, lassen sich die Kosten pro Schüler vergleichen. Oder wenn eine Klinik staatlich oder privat betrieben wird, lassen sich sogar unterschiedliche Leistungswerte und der Gesamtnutzen der einen oder anderen Betriebsform durch die Privatisierungsformel vergleichen. Oder wenn die Müllentsorgung kommunal oder privat betrieben wird, lässt sich beides ebenfalls vergleichen und die Kostendifferenz ermitteln.

Im Mittelstandsinstitut wurden hunderte solcher Privatisierungsberechnungen durchgeführt und ihr Ergebnis veröffentlicht:
1. Aus den empirischen Untersuchungen ergab sich, dass die Kostendifferenz zwischen staatlichen und privatwirtschaftlichen Handwerksleistungen (Grünflächenpflege, Reparaturen u.a.) zwischen 30 und 60 Prozent betrug, dieser Prozentsatz also gespart werden könnte, wenn staatliche Leistungen durch private Firmen ersetzt würden.
2. Im Schnitt über alles kann die Privatwirtschaft gleiche Leistungen wie der Staat um ein Drittel billiger anbieten, Privatisierungen also ein Drittel der Kosten bei gleicher Leistung ersparen.
3. Dies liegt vor allem daran, dass öffentliche Institutionen mit öffentlichem Dienstrecht verkrustet, überbesetzt und weniger arbeitsproduktiv sind, was auch die Gewerkschaft zugab („Die Privatisierung kostet uns ein Drittel unserer Mitglieder!“). Die private Konkurrenz steht dagegen im Wettbewerb unter Kosten- und in höherem Leistungszwang als der öffentliche Dienst.
4.Da der Bund vorwiegend hoheitliche Tätigkeiten hat, die nicht privatisierbar sind, liegt dessen Privatisierungsreserve nur zwischen zehn und 20 Prozent des Bundeshaushalts, was aber bereits ein Volumen von 40 bis 50 Mrd. Euro ausmacht.
5. Auf Länderebene ist die Hälfte der Dienstleistungsfunktionen privatisierungsfähig (inkl. Bildung, Gesundheitsversorgung). Diese hätten deshalb eine Privatisierungsreserve von 40 bis 60 Prozent ihrer Kosten, d.h. sie könnten die meisten ihrer Finanzprobleme durch Privatisierungsmaßnahmen statt Schuldenerhöhung lösen.
6. Die größte Privatisierungsreserve liegt aber bei den Gemeinden, die die geringsten Hoheitstätigkeiten ausüben (ca. 20 Prozent). Sie können bis 80 Prozent ihrer Funktionen privatisieren, sich damit entlasten und für das Wachstum ihrer regionalen Wirtschaftsunternehmen bereithalten.

Privatisierungen werden von sozialistischen Parteien bekämpft
Privatisierungen werden allerdings sowohl von den ihre Komfortzone verteidigenden öffentlichen Dienern selbst als auch von ihren Gewerkschaften und von den sozialistischen Parteien einschließlich der CDU bekämpft, weil diese in den öffentlichen Institutionen ihre ausgedienten Politikfunktionäre entsorgen wollen.

Das Mittelstandsinstitut Hannover hat deshalb seit 50 Jahren vorgeschlagen, statt der „Soll-Bestimmung“ eine gesetzliche Pflicht zur Privatisierung zu normieren, wenn nicht die öffentliche Stelle anhand der Privatisierungsformel nachweist, dass sie die gleiche Leistung billiger liefern kann als die private Wirtschaft (was nur selten ist).

Wir könnten also den öffentlichen Sektor allein durch Privatisierung um ca. 30 Prozent reduzieren und damit mehr einsparen als die jährliche Neuverschuldung, wenn nur der politische Wille dazu vorhanden wäre.

Dass durch Privatisierung öffentlicher Leistungsbereiche wieder mehr private Unternehmen bestehen oder gestärkt würden, die Steuern bringen (statt dass die öffentlichen Institutionen Steuern verzehren), macht dies sogar noch rentabler.

Der Trend zur Überregulierung
Jede Regierung steht unter dem Druck von Lobbyisten, neue, günstigere Regelungen für sie zu schaffen. Und auch die Basis der politischen Parteien verlangt die gesetzliche Regulierung der in den Wahlprogrammen geforderten Änderungen, Neuerungen, Sozial- oder Leistungsverbesserungen u.a.. Jede neue Regierung muss also um ihrer Anhänger und Wähler willen neue Gesetze bringen. Und in ihren Rechenschaftsberichten weisen die Parteien darauf hin, dass sie mehr Gesetze geschaffen hätten als ihre Vorgänger und deshalb besser seien (so Habeck).

Das Problem nur: Einmal geschaffene Gesetze bleiben auf Dauer bestehen. Dadurch werden es immer mehr, baut sich der Gesetzesberg immer höher auf und wird das Netz der gesetzlichen Regelungen immer dichter, so dass die Freiheit der Menschen und die Handlungsfreiheit der Unternehmer dadurch immer geringer wird. Die Bauwirtschaft wurde 2010 mit 5000 Vorschriften, jetzt mit 20.000 stranguliert. Und die EU hat in den letzten zehn Jahren 13.000 Regulierungen beigetragen. Da die meisten Gesetze gegen den Widerstand der Lobbyisten und Nutznießer kaum aufgehoben werden können, braucht es schon eine Grundsatzentscheidung.

Der Autor hat seit 50 Jahren immer wieder eine Lebenszeitbeschränkung der Gesetze vorgeschlagen. Gesetze sollten nur zehn Jahre, Verordnungen nur fünf Jahre gelten. Damit würde vor Ablauf neu entschieden werden müssen, ob sie noch sinnvoll sind oder nicht. Wenn nicht oder negativ entschieden wird, verliert das Gesetz automatisch seine Gültigkeit. Nur so lässt sich das Wachstum unserer Regulierungen beenden, der Grad der Regulierung wieder zurückführen und den Menschen wieder Lebens- und Handlungsfreiheit verschaffen.

Zu solchem Mut hat bisher nur eine von allen Altparteien abgelehnte Alternative aufgerufen.
» Morgen: Teil 2
(pi-news.net)

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