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Schock der Freiheit

Ronzheimer / Carlson in der Höhle des Löwen

Von Hans Hofmann-Reinecke

Am 20. Juli 2025 wurde der bekannte amerikanische TV-Moderator Tucker Carlson von Paul Ronzheimer, Redakteur der Bild-Zeitung, interviewt. Das Gespräch entwickelte sich rasch zu einem ungleichen Duell: Der Journalist aus Berlin war dem überlebensgroßen Amerikaner rhetorisch nicht gewachsen. In der dialektischen Konfrontation zweier politischer Systeme hatte Ronzheimer als Vertreter eines woken Deutschlands außerdem wesentlich schlechtere Karten.

Lautsprecher am Set
Ein Interview soll eigentlich dazu dienen, einem prominenten Gast Öffentlichkeit zu geben – man möchte seine politischen Positionen erfahren und zugleich den Menschen dahinter spüren. Dieses Ideal hat sich gewandelt. Heute wird der Interviewte entweder zur Ikone erhoben oder vor laufender Kamera demontiert. Und wenn man ihm intellektuell nicht gewachsen ist, sorgt man zur Sicherheit für ein lautes Begleitprogramm: etwa mit Lautsprecherwagen, die die Aussagen des Gegenübers übertönen. Wer im rhetorischen Zweikampf mit dem Florett unterliegt, setzt eben auf ein Dutzend Schläger mit Knüppeln – wie es kürzlich die ARD im Umgang mit Alice Weidel demonstrierte.

Ronzheimer reiste jedoch ohne Verstärkung oder technische Hilfsmittel an, als er Carlson am 19. Juli auf dessen Ranch in Maine besuchte. Allein auf sich gestellt, war er den verbalen Breitseiten, die Carlson auf ihn als Repräsentanten eines sich selbst kastrierenden Deutschlands abfeuerte, weitgehend schutzlos ausgeliefert. Er musste sich dessen „Ungeheuerlichkeiten“ in voller Länge und Lautstärke anhören – ohne dass ihm Raum blieb, seine eigene Agenda zu platzieren.

Schaltet man den Ton ab, sieht man eine Pantomime, die den Kontrast zwischen einem sich von Biden erholenden Amerika und einem von politischer Korrektheit geknebelten Deutschland plastisch inszeniert: Auf der einen Seite der Inbegriff des First Amendment – der freien Rede –, auf der anderen jemand, der bei jeder Frage und Antwort darauf achten muss, seinen Arbeitsplatz nicht zu gefährden. Da sitzt einer, der die „physical courage“ seines Präsidenten beim Attentat im Juli 2024 bewundert – und ihm gegenüber jemand, dessen Vizekanzler sich nicht von der Fähre traute, weil am Ufer ein paar Bauern warteten. Der eine spricht aus dem Brustton der Überzeugung – der andere deutet zur Bekräftigung auf seine handschriftlichen Notizen. Ronzheimer war auf diesen Schock der Freiheit nicht vorbereitet. Er wirkte, als sei er auf dem falschen Planeten gelandet.

Kernthese mit lähmender Wirkung
Carlson stellte die These auf, das deutsche Selbstverständnis sei von der Vorstellung geprägt, dass ein kulturell homogener, weißer und christlicher Nationalstaat in Europa eine globale Bedrohung darstelle. Dieser Glaubenssatz sei Ursache für offene Grenzen und eine niedrige Geburtenrate bei Frauen deutscher Abstammung – getragen von einem tief verinnerlichten Selbsthass. Ronzheimers stereotype Replik: die „deutsche Geschichte“. Ein Begriff, der aus woken Mündern meist auf die Jahre 1933 bis 1945 verkürzt wird. Dass keiner der Verantwortlichen jener Zeit noch lebt – und dass es daneben Jahrhunderte gibt, in denen Deutschland der Welt auch Gutes getan hat –, wird ignoriert oder totgeschwiegen.

„Unsere Geschichte“ – so das Mantra – mache es notwendig, Desinformation in den Medien aktiv zu bekämpfen, um das Entstehen einer neuen Nazipartei im Keim zu ersticken. Carlson konterte trocken, dass Hausdurchsuchungen um sechs Uhr morgens eher ein Kennzeichen des Faschismus seien als seiner Bekämpfung – und dass die wahre Gefahr für Deutschland nicht in Moskau, sondern in Berlin sitze.

Wer wurde hier eigentlich interviewt?
Am Ende dieser zwei Stunden war es weniger der Interviewte, der sich entblößte – sondern vielmehr der Fragende und das System, das ihn hervorgebracht hat. Ronzheimer kam kaum dazu, seine vorbereiteten Stichworte – Trump, Darryl Cooper, Epstein, Israel, Irans Bombe – zur Geltung zu bringen.

Warum aber nahm sich Carlson überhaupt so viel Zeit für dieses Interview? Genau deshalb. Es gelang ihm, die politischen Tendenzen eines modernen Deutschlands – Zensur, Masseneinwanderung, Selbstverleugnung – pointiert und unzensiert herauszuarbeiten. Und er braucht nicht zu befürchten, dass demnächst bewaffnete deutsche Polizisten auf seiner Ranch in Maine auftauchen. Die würden ohnehin nicht weit kommen.

Dieser Artikel erscheint auch im Blog des Autors Think-Again. Der Bestseller Grün und Dumm, und andere seiner Bücher, sind bei Amazon erhältlich.
(vera-lengsfeld.de)

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