Verbraucher scheinen oft missbraucht zu werden
Von David Cohnen
Der Staat hat ein berechtigtes Interesse daran, seine Bürger als Verbraucher zu schützen. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass Unternehmen - insbesondere im Onlinebereich, aber auch Banken - diesem Schutzbedürfnis häufig aktiv entgegenwirken. Sie schaffen Bedingungen, die den gesetzlichen Verbraucherschutz faktisch aushebeln.
Beispielhaft zeigt sich dies bei der Nutzung von Onlineangeboten: Bei einigen Anbietern müssen Kunden bereits vor der Einsicht in das eigentliche Angebot ihre Identität nachweisen und den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zustimmen.
Ähnlich verhält es sich bei der Nutzung von Bank- und Sparkassenkonten. Kunden sind verpflichtet, den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Institute zuzustimmen. Im vorliegenden Fall umfasst eine klein bedruckte DIN-A4-Ausgabe der Sparkassen-AGB ganze 90 Seiten - was etwa 600 Seiten in normalem Taschenbuchformat entspricht. Wer diesen Bedingungen nicht zustimmt, riskiert die Kündigung seines Kontos. Wenn man bedenkt, dass nur etwa 40 % der Deutschen mehr als zwei Bücher pro Jahr lesen, ist dies eine Zumutung. Beim Lesen eines Buches soll schließlich Vergnügen aufkommen - bei der Lektüre allgemeiner Vertragsbedingungen dürfte das kaum der Fall sein.
Der ursprünglich beabsichtigte Schutz des Kunden wird auf diese Weise grotesk ins Gegenteil verkehrt. Anstatt den Verbraucher zu stärken, setzt die Bank ihn unter Druck, weitreichenden Vertragsbedingungen zuzustimmen - auch wenn diese weder nachvollziehbar noch verständlich sind. Das Prinzip des Verbraucherschutzes wird damit ad absurdum geführt.
In Deutschland gibt es zahlreiche Fälle, in denen Banken ihre Kunden systematisch benachteiligen. Ein besonders gravierender, juristisch jedoch noch ungeklärter Fall betrifft eine Witwe aus Heiligenhaus, die vor dem Landgericht Düsseldorf um fast 100.000 Euro kämpft - Geld, das ihr verstorbener Ehemann 2003 bei der Kreissparkasse Düsseldorf für sie angelegt hatte. Obwohl sie über zwanzig Jahre Kontoauszüge vorlegen kann, behauptet die Bank, das Konto existiere nicht und die Dokumente seien gefälscht. Möglicherweise liegt der Fehler in der Fusion der Sparkasse Heiligenhaus mit der Kreissparkasse Düsseldorf im Jahr 2003 begründet. Doch anstatt Verantwortung zu übernehmen, wird die Witwe in einen langwierigen und zermürbenden Rechtsstreit gezwungen.
Ein weiteres Beispiel für die skrupellose Haltung der Banken zeigt sich im Umgang mit Sparbuchinhabern. Eine Kundin wollte nach vielen Jahren die auf ihrem Sparbuch angefallenen Zinsen gutschreiben lassen. Die Sparkasse verweigerte dies zunächst mit der Begründung, eine nachträgliche Gutschrift sei nicht mehr möglich. Erst nach massivem Druck und erheblichem persönlichen Einsatz war die Bank schließlich bereit, die Zinsen doch anzuerkennen. Eine solche Praxis ist nicht nur unerträglich, sondern stellt auch einen klaren Verstoß gegen die Rechte der Verbraucher dar.
Für den durchschnittlichen Kunden sind die AGBs der Sparkassen - 90 Seiten in kleinstem Druck und juristischem Fachjargon - weder lesbar noch verständlich. Trotzdem wird von ihm erwartet, diesen Bedingungen zuzustimmen, andernfalls droht die Kündigung des Kontos. Eine solche Vorgehensweise ist nicht nur inakzeptabel, sondern auch geeignet, das Vertrauen in das gesamte Finanzwesen zu erschüttern.
In diesem Zusammenhang ist es höchste Zeit, dass der Staat eingreift und seine bisherigen Regelungen überdenkt. Verbraucher müssen vor solchen Machenschaften wirksam geschützt werden. Mit der derzeit praktizierten Vorgehensweise wird der Verbraucherschutz jedoch in seinem Kern unterlaufen - und zwar zum klaren Nachteil der Verbraucher. Der Staat sollte verbindliche Bestimmungen erlassen, die sicherstellen, dass Verbraucher nicht länger Opfer von Täuschung, Irreführung oder unlauteren Geschäftspraktiken werden. Die heute gängige Praxis, Verbraucher zur Zustimmung umfangreicher allgemeiner Vertragsbedingungen zu nötigen, muss dringend beendet werden. Solche Regelungen sollten gesetzlich klar, verständlich und auf das Wesentliche reduziert formuliert sein. Täuschung und betrügerische Praktiken müssen endlich konsequent unterbunden und streng verfolgt werden.