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Wie einst Karl Martell?

Friedrich Merz und seine Perspektiven

Von David Cohnen

Die Einschätzung von Friedrich Merz hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. Während frühere Analysen ihn als taktierenden Strategen betrachteten, der harte Worte wählt, um Wähler zu gewinnen, ohne sie konsequent umzusetzen, erscheint inzwischen eine andere Perspektive denkbar. Könnte er als Kanzler tatsächlich eine klare Linie verfolgen - und welche politischen Mechanismen würden ihm dies ermöglichen?

Friedrich Merz als konsequenter Kanzler: Ein Szenario neu betrachtet
In früheren Analysen, etwa in den Artikeln "Rosstäuscher Merz" (https://ansage.org/rosstaeuscher-merz/) und "Machtübernahme zum Machterhalt" (https://ansage.org/machtuebernahme-zum-machterhalt/), wurde Friedrich Merz mit einer gewissen Skepsis betrachtet. Dort wurde die Möglichkeit thematisiert, dass er seine harten migrationspolitischen Ankündigungen taktisch nutzen könnte, um Wähler zu gewinnen, diese jedoch in Koalitionsverhandlungen verwässern würde, oder dass seine Kanzlerschaft primär dem Machterhalt dienen könnte. Angesichts aktueller Entwicklungen und einer detaillierten Betrachtung seiner potenziellen Handlungsmöglichkeiten erscheint diese Skepsis jedoch möglicherweise überholt. Vielmehr deutet sich an, dass Merz seine klare Position, wie sie in folgendem Zitat zum Ausdruck kommt, konsequent verfolgen könnte:

"Ich werde im Fall meiner Wahl zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland am ersten Tag meiner Amtszeit das Bundesinnenministerium im Wege der Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers anweisen, die deutschen Staatsgrenzen zu allen unseren Nachbarn dauerhaft zu kontrollieren und ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen. Mir ist es völlig gleichgültig, wer diesen Weg politisch mitgeht. Ich sage nur: Ich gehe keinen anderen. Wer den Weg mit mir gehen will, muss sich nach diesen fünf Punkten richten. Kompromisse sind zu diesen Themen nicht mehr möglich."

Dieses Szenario geht davon aus, dass Merz als Kanzler schlüssig handelt, ohne dass dies als absolute Gewissheit dargestellt wird. Es beleuchtet zunächst, warum er seine Machtposition behaupten könnte, bevor es seine politischen Möglichkeiten, den Rückhalt in der Bevölkerung, internationale Unterstützung sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen analysiert.

Warum Merz seine Macht als Kanzler behalten könnte
Ein zentraler Aspekt, der Merz' potenzielle Kanzlerschaft stabilisieren könnte, liegt in der Struktur des Grundgesetzes und der politischen Dynamik im Bundestag. Der Bundeskanzler ist nicht verpflichtet, eine Vertrauensfrage gemäß Artikel 68 zu stellen, um Neuwahlen auszulösen. Solange Merz diese Option vermeidet, bleibt er im Amt, selbst wenn eine Koalition - etwa mit der SPD - an Differenzen über Migration oder Schuldenpolitik zerbricht. Gleichzeitig erscheint ein konstruktives Misstrauensvotum (Artikel 67) unwahrscheinlich, da die Opposition dazu eine absolute Mehrheit für einen neuen Kanzlerkandidaten benötigt.

Angesichts der derzeitigen Kräfteverhältnisse könnte die CDU/CSU gemeinsam mit der AfD eine unausgesprochene Mehrheit im Bundestag bilden. Die AfD, die Merz' migrationspolitische Linie weitgehend teilt, hätte ein starkes Interesse, ihn im Amt zu belassen, indem sie sich bei einem Misstrauensvotum geschickt passiv verhält - etwa durch Enthaltung oder Ablehnung eines gegnerischen Kandidaten. Ohne eine geeinte Opposition aus SPD, Grünen und Linken, die sich auf einen Nachfolger einigen müsste, könnte Merz somit auch als Kanzler einer Minderheitsregierung über längere Zeit handlungsfähig bleiben. Unterstützt durch Mitstreiter wie Thorsten Frei, den parlamentarischen Geschäftsführer der CDU/CSU, könnte die Fraktion diszipliniert hinter ihm stehen, was seine Machtposition weiter festigt.

Die Richtlinienkompetenz als Machtinstrument
Mit der Richtlinienkompetenz gemäß Artikel 65 des Grundgesetzes könnte Merz unabhängig von Koalitionsabsprachen handeln. Er wäre in der Lage, das Bundesinnenministerium anzuweisen, dauerhafte Grenzkontrollen einzuführen und illegale Einreisen zurückzuweisen, wie in seinem Zitat angekündigt. Selbst ein Koalitionsbruch würde seine exekutive Befugnis nicht einschränken, da die Bundespolizei seinen Weisungen untersteht. Dies könnte ihm erlauben, politische Fakten zu schaffen, bevor rechtliche oder politische Gegenmaßnahmen greifen.

Breiter Rückhalt in der Bevölkerung
Die hohe Zustimmung in der deutschen Bevölkerung zu einer restriktiven Migrationspolitik unterstützt dieses Szenario zusätzlich. Der ARD-DeutschlandTrend (Januar 2025) zeigt, dass etwa 66 % dauerhafte Grenzkontrollen befürworten, während INSA-Umfragen (März 2025) eine Unterstützung von über 80 % für eine strengere Einwanderungspolitik und etwa 50-60 % für eine vollständige Einstellung irregulärer Migration verzeichnen. Wenn Merz diese Politik ein halbes bis ganzes Jahr umsetzt und sichtbare Ergebnisse erzielt, könnte dies bei Neuwahlen zu einem deutlichen Zugewinn für die CDU/CSU führen. Von zur Zeit 26 % könnten sie auf über 35 % steigen, indem sie Protestwähler zurückholen und die Unzufriedenheit mit der bisherigen Ampel-Politik nutzen. Dieser Rückhalt würde Merz' Handeln nicht nur legitimieren, sondern auch die frühere Sorge entkräften, er könnte lediglich opportunistisch agieren.

Internationale Rückendeckung
Entgegen der Vermutung, ein solcher Alleingang könnte Deutschland isolieren, könnte Merz auf starke internationale Verbündete zählen. Die USA unter Präsident Donald Trump könnten seine Politik als Ausdruck nationaler Souveränität begrüßen, in Einklang mit "America First". Vizepräsident J.D. Vance und Berater wie Elon Musk könnten diese Linie unterstützen, letzterer etwa durch öffentliche Statements oder wirtschaftliche Kooperationen. In Europa könnten Staaten wie Italien (Giorgia Meloni), Ungarn (Viktor Orbán), Polen, Österreich und die Niederlande Merz' Kurs positiv aufnehmen. Auch Dänemark und Schweden, die zunehmend restriktiv agieren, könnten zumindest stillschweigend zustimmen. Damit würde Merz nicht als Paria dastehen, sondern als Teil einer pragmatischen, souveränistischen Allianz.

EU und Verfassungsgericht: Ignorieren als Option eines souveränen Staates
Ein entscheidender Aspekt dieses Szenarios ist die Fähigkeit eines Bundeskanzlers, als Vertreter eines souveränen Staates sowohl EU-Recht als auch Urteile des Bundesverfassungsgerichts zu ignorieren - zumindest kurz- bis mittelfristig. Dauerhafte Grenzkontrollen würden das Schengen-Abkommen verletzen, und pauschale Zurückweisungen könnten gegen EU-Asylrecht (z. B. Dublin-Verordnung) sowie die Genfer Flüchtlingskonvention stoßen. Die EU könnte Vertragsverletzungsverfahren einleiten, doch fehlt ihr die direkte Polizeigewalt, um Merz' Anweisungen zu stoppen. Ebenso könnte das Bundesverfassungsgericht seine Politik für verfassungswidrig erklären, etwa wegen des Asylrechts (Artikel 16a GG), doch verfügt es über keine Exekutivgewalt, um die Bundespolizei zu kontrollieren, die Merz untersteht. Als Kanzler eines souveränen Staates könnte er diese rechtlichen Hürden bewusst übergehen, da die operative Macht bei der Exekutive liegt. Dies würde eine Verfassungskrise oder internationale Kritik riskieren, doch mit breitem Rückhalt in der Bevölkerung und bei Verbündeten könnte er diese Phase überstehen und bei Neuwahlen gestärkt hervorgehen.

Neubewertung der ursprünglichen Skepsis
Die frühere Skepsis, Merz könne ein "Rosstäuscher" sein, der seine harten Worte nicht einlöst, oder ein Kanzler, der Macht nur zum Selbstzweck nutzt, erscheint in diesem Szenario weniger stichhaltig. Wenn er seine Ankündigungen konsequent umsetzt, würde er weder Wähler täuschen noch lediglich Macht horten, sondern eine Politik verfolgen, die mit den Wünschen der Mehrheit übereinstimmt. Seine Fähigkeit, trotz Koalitionsbruch, EU-Widerstand und rechtlicher Hürden zu handeln, zeigt eine Durchsetzungskraft, die über bloßen Opportunismus hinausgeht. Die Befürchtung autoritärer Tendenzen bleibt als Risiko, wird jedoch durch den demokratischen Rückhalt relativiert.

Fazit
Sollte Friedrich Merz als Bundeskanzler seine im Zitat formulierte Haltung schlüssig umsetzen, könnte er eine transformative Figur werden. Seine Machtposition könnte er durch das Vermeiden einer Vertrauensfrage und die Schwäche der Opposition bei einem Misstrauensvotum sichern, gestützt durch eine unausgesprochene Mehrheit mit der AfD. Mit der Richtlinienkompetenz, der Unterstützung von 70-80 % der Bevölkerung, internationaler Rückendeckung von USA, Italien, Ungarn und anderen sowie der Möglichkeit, EU-Recht und Verfassungsgerichtsurteile zu ignorieren, wäre er in der Lage, seine Politik durchzusetzen - möglicherweise über Jahre hinweg, falls Neuwahlen ausbleiben oder ihn stärken. Dieses Szenario ist keine absolute Prognose, sondern eine plausible Annäherung, die frühere Zweifel an seiner Konsequenz und Integrität in den Hintergrund rückt. Merz könnte damit nicht nur die CDU/CSU revitalisieren, sondern auch die deutsche Politik nachhaltig prägen - mit allen Chancen und Risiken, die ein solcher Kurs mit sich bringt. Friedrich Merz könnte sich damit in die Reihe bedeutender historischer Persönlichkeiten wie Karl Martell einfügen, der einst mit entschlossenem Handeln Geschichte schrieb.

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