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Frauen überrepräsentiert

Zu viele oder zu wenige im Bundestag?

Von David Cohnen

ja, Sie lesen das richtig: Heute geht es um die Überrepräsentation von Frauen im Deutschen Bundestag 2025.

Einleitung

In der politischen Debatte wird häufig beklagt, dass Frauen und andere Minderheiten in der Politik "hoffnungslos unterrepräsentiert" seien. Diese pauschale Aussage dominiert Diskurse, wird von Interessengruppen vorangetrieben und findet breiten Widerhall in Medien und Gesellschaft. Doch hält diese Behauptung einer genaueren Untersuchung stand? Dieser Aufsatz analysiert die Geschlechterverteilung im Deutschen Bundestag nach der Wahl vom 23. Februar 2025 und stellt sie dem Anteil aktiver weiblicher und männlicher Parteimitglieder gegenüber. Dabei wird argumentiert, dass der Proporz der aktiven Mitglieder - und nicht die Gesamtbevölkerung - der maßgebliche Referenzpunkt für Repräsentation sein sollte. Die Ergebnisse zeigen, dass Frauen in den meisten Fraktionen überrepräsentiert sind, was die These stützt, dass Forderungen nach mehr Repräsentation oft interessengeleitet sind und nicht immer datenbasiert. Ein Hinweis vorweg: Da einige exakte Zahlen (z. B. Aktivitätsquoten der Mitglieder) nicht öffentlich verfügbar sind, basieren Teile der Analyse auf Schätzungen. Dies tut der Schlussfolgerung jedoch keinen Abbruch, da die Trends konsistent und die Annahmen plausibel sind.

Methodik und Datengrundlage

Die Analyse basiert auf zwei Datensätzen:

  1. Anteil aktiver Parteimitglieder: Der Frauen- und Männeranteil unter den aktiven Mitgliedern (keine "Karteileichen") wurde anhand verfügbarer Mitgliederstatistiken (Stand ca. 2021) und geschätzter Aktivitätsquoten (20-35 %, je nach Partei) berechnet. Diese Schätzungen sind notwendig, da Parteien keine detaillierten Daten zu aktiven Mitgliedern veröffentlichen. Die relativen Anteile innerhalb der aktiven Basis wurden als 100 % normiert.
  2. Bundestag 2025: Die Geschlechterverteilung der Fraktionen nach der Wahl 2025 wurde aus vorläufigen Wahlergebnissen (z. B. CDU/CSU: 28,52 %, AfD: 20,8 %) und historischen Trends (Statista 2024) abgeleitet. Für nicht eingezogene Parteien (FDP, BSW) wurden Kandidatenstrukturen herangezogen.

Die relative Über- oder Unterrepräsentation von Frauen im Bundestag wurde berechnet, indem der tatsächliche Frauenanteil mit dem Proporz der aktiven Mitglieder verglichen wurde:

Ergebnisse: Geschlechterverteilung im Bundestag 2025

Die folgende Tabelle fasst die Ergebnisse zusammen:

Partei Proporz aktive Mitglieder (Frauen %) Tatsächlicher Bundestag (Frauen %) Relative Über-/Unterrepräsentation (%)
CDU/CSU 22,1 24 +8,6
AfD 16,3 12 -26,4
SPD 31,8 42 +32,1
Grüne 42,3 59 +39,4
Linke 36,7 54 +47,1
SSW - (keine Daten) 0 Nicht berechenbar
  • CDU/CSU: Frauen sind mit 24 % im Bundestag leicht überrepräsentiert (+8,6 %) gegenüber ihrem Anteil an aktiven Mitgliedern (22,1 %). Die konservative Struktur zeigt eine moderate Anpassung.
  • AfD: Mit nur 12 % Frauen im Bundestag gegenüber 16,3 % aktiven Mitgliedern sind Frauen um 26,4 % unterrepräsentiert - die einzige Partei mit diesem Trend.
  • SPD: Frauen halten 42 % der Sitze, obwohl sie nach Proporz 31,8 % erwarten könnten (+32,1 % Überrepräsentation).
  • Grüne: Mit 59 % Frauen im Bundestag gegenüber 42,3 % Proporz zeigt sich eine Überrepräsentation von 39,4 %, gestützt durch Quotenpolitik.
  • Linke: Frauen besetzen 54 % der Sitze, bei einem Proporz von 36,7 % - die höchste Überrepräsentation (+47,1 %).
  • SSW: Mit nur einem männlichen Abgeordneten ist keine Aussage möglich.

Für nicht eingezogene Parteien:

  • FDP: Kandidatenstruktur (25-30 % Frauen) vs. Proporz (16,3 %) ? +68,7 % (Mittelwert).
  • BSW: Kandidatenstruktur (30-35 %) vs. Proporz (31,9 %) ? +1,9 % (nahezu proportional).

Die Schätzungen der aktiven Mitglieder (z. B. Aktivitätsquoten) beeinflussen die exakten Prozentsätze, aber die Richtung - Überrepräsentation in fast allen Fällen - bleibt klar.

Diskussion: Proporz vs. Bevölkerungsanteil

Ein zentraler Punkt dieser Analyse ist die Wahl des Maßstabs. Häufig wird die Geschlechterparität in der Bevölkerung (50 % Frauen) als Referenz genutzt, um Unterrepräsentation zu beklagen. Doch dieser Ansatz ist problematisch:

  • Engagement: Politische Mandate sollten an aktives Engagement gekoppelt sein, nicht an abstrakte Bevölkerungsquoten. Aktive Mitglieder tragen zur Parteiarbeit bei - ihre Repräsentation im Parlament ist daher logischer.
  • Absurde Konsequenzen: Würde man die Bevölkerung als Maßstab nehmen, könnte eine Partei mit nur 10 % weiblichen Mitgliedern gezwungen werden, 50 % ihrer Sitze an Frauen zu vergeben. Das könnte dazu führen, dass selbst eine einzelne Frau mit minimalem Engagement ein Mandat beansprucht - ein groteskes Szenario, das die Verbindung zwischen Basis und Mandatsträgern untergräbt.
  • Ein weiteres groteskes Beispiel zeigt sich in der Geschlechtsidentität: In manchen Parteien haben Transfrauen - also Personen, die nach konservativer Ansicht biologisch männlich sind - bessere Chancen auf ein Mandat als Männer, die sich als solche identifizieren. Dies liegt an Quotenregelungen, die Frauen unabhängig von ihrer Lebensrealität oder ihrem Engagement bevorzugen. Solche Mechanismen verdeutlichen, wie weit sich die Repräsentation von der tatsächlichen Parteibasis entfernen kann, wenn symbolische Kategorien über aktive Beteiligung gestellt werden.
  • Realitätsferne: Parteien haben unterschiedliche Mitgliederstrukturen (z. B. AfD: 19 % Frauen, Grüne: 42 %). Eine einheitliche 50 %-Quote ignoriert diese Vielfalt.

Der Proporz der aktiven Mitglieder bietet eine fairere Grundlage: Er honoriert Engagement und spiegelt die tatsächliche Parteidynamik wider. die Daten zeigen, dass Frauen in den meisten Fraktionen diesen Proporz überschreiten - die Klage über Unterrepräsentation entbehrt hier der Grundlage.

Interessen hinter den Forderungen

Warum wird dennoch ständig von Unterrepräsentation gesprochen? Dies deutet auf strategische Interessen hin:

  • Machtzuwachs: Interessengruppen (z. B. Frauenverbände) könnten die Narrative nutzen, um Einfluss, Posten oder Fördermittel zu sichern. Bei Grünen und Linke (Überrepräsentation von 39,4 % bzw. 47,1 %) dient die Frauenförderung auch als Markenzeichen, um Wähler zu mobilisieren.
  • Symbolik: Die Forderung nach mehr Frauen signalisiert das Narrativ Fortschritt und Gerechtigkeit, selbst wenn die Zahlen ausgeglichen oder überproportional sind. Dies stärkt das Image von Parteien wie SPD oder Grünen.
  • Selbstlegitimation: Organisationen, die sich für Gleichstellung einsetzen, rechtfertigen ihre Existenz durch das Aufzeigen von "Ungerechtigkeiten". Eine Überrepräsentation könnte ihre Argumentation schwächen, weshalb die Klage pauschal bleibt.

Die AfD bildet eine Ausnahme: Ihre Unterrepräsentation von Frauen (-26,4 %) wird nicht thematisiert, da sie Gleichstellungsdebatten ablehnt. Das zeigt, dass die Klage parteipolitisch selektiv ist.

Schlussfolgerung

Die Untersuchung zeigt, dass Frauen im Bundestag 2025 in den meisten Fraktionen - außer der AfD - überrepräsentiert sind, gemessen am Proporz der aktiven Parteimitglieder. Dies widerlegt die pauschale Behauptung einer "hoffnungslosen Unterrepräsentation" und stützt die These, dass solche Forderungen oft interessengeleitet sind. Der Proporz der aktiven Mitglieder ist ein gerechterer Maßstab als der Bevölkerungsanteil, da er Engagement belohnt und absurde Überforderungen vermeidet. Die Schätzungen einiger Daten (z. B. Aktivitätsquoten) beeinträchtigen die Präzision nicht substanziell - die Trends sind eindeutig. Die Debatte sollte sich weniger auf symbolische Quoten als auf tatsächliche Teilhabe konzentrieren. Ob diese Erkenntnis auch auf andere Bereiche wie die Wirtschaft übertragbar ist, bleibt eine spannende Frage für weitere Analysen. Letztlich aber zählt die Qualifikation - nicht das Geschlecht.

Die hier angestellten Überlegungen beschränken sich nicht nur auf Frauen in der Politik, wie am Beispiel des Bundestags 2025 dargestellt, sondern lassen sich auf zahlreiche andere Bereiche übertragen - sei es Presse, öffentlich-rechtliches Fernsehen, Industrie, Verwaltung oder mehr. Besonders im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen ist unschwer erkennbar, dass die Repräsentanz von Frauen in den letzten Jahrzehnten gewaltig gewachsen ist. Ob dieser Zuwachs in diesen Bereichen gerechtfertigt ist oder nicht, soll hier nicht abschließend bewertet werden. Zu befürchten steht jedoch, dass in vielen dieser Felder ein ähnliches System wie bei den politischen Parteien angewandt wird: eine Überrepräsentation relativ zum tatsächlichen Engagement, getrieben durch Quoten oder symbolische Maßnahmen. Hinzu kommen verschiedene Formen der Minderheitengerechtigkeit - etwa für ethnische Gruppen, Menschen mit Behinderungen oder andere Identitätskategorien -, die oft den faden Beigeschmack der Vorteilsbeschaffung tragen. Diese Entwicklungen legen nahe, dass nicht immer Gerechtigkeit oder Verhältnismäßigkeit im Vordergrund stehen, sondern strategische Interessen, die von Machtzuwachs bis hin zur öffentlichen Wahrnehmung reichen könnten. Eine genauere Analyse dieser Bereiche unter Berücksichtigung des Engagements als Maßstab bleibt eine dringende Aufgabe für die Zukunft.

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