Das Fundament, auf dem alle weiteren demokratischen Freiheiten beruhen
Von David Cohnen
In der Weihnachtszeit, einer Zeit der Besinnung und der inneren Einkehr, erscheint es wichtig, über die Grundlagen unserer Freiheit und unserer Demokratie nachzudenken.
Eine freie Gesellschaft lebt nicht von Gleichförmigkeit, sondern von der Vielfalt der Gedanken, vom offenen Austausch und vom Aushalten unterschiedlicher, auch widersprüchlicher Meinungen. Die Freiheit des Wortes ist dabei kein nachgeordnetes Recht, sondern das Fundament, auf dem alle weiteren demokratischen Freiheiten beruhen.
Ohne uneingeschränkte Meinungsfreiheit gibt es keinen echten demokratischen Diskurs, keine wirksame Kontrolle politischer Macht und keine Möglichkeit, Irrtümer zu erkennen und zu korrigieren. Wo Meinungen tabuisiert, moralisch bewertet oder aus dem öffentlichen Raum verdrängt werden, tritt an die Stelle des Arguments zunehmend der Zwang - selbst dann, wenn dies im Namen vermeintlich guter Absichten geschieht.
Eine lebendige Demokratie setzt voraus, dass unterschiedliche Auffassungen nicht nur geduldet, sondern als notwendig anerkannt werden. Dazu gehört auch, Mehrheitsmeinungen ernst zu nehmen und sie nicht zu ignorieren, zu relativieren oder moralisch abzuwerten. Politik ist dem demokratischen Souverän verpflichtet; sie lebt vom Vertrauen der Bevölkerung und vom offenen, freien Diskurs.
Der britische Philosoph John Stuart Mill brachte diese Erkenntnis bereits im 19. Jahrhundert prägnant zum Ausdruck:
"Alle zum Schweigen gebrachten Meinungen berauben die Menschheit - die Nachwelt ebenso wie die Gegenwart."
Dieser Gedanke bleibt zeitlos. Jede unterdrückte Meinung - unabhängig davon, ob sie sich später als richtig oder falsch erweist - schwächt die geistige Substanz einer freien Gesellschaft.
Freiheit endet nicht dort, wo Meinungen als unbequem, irritierend oder provokant empfunden werden, sondern erst dort, wo Worte in konkrete Taten übergehen, die Rechte anderer verletzen. Eine demokratische Ordnung muss Spannungen, Widerspruch und Kontroversen aushalten können, um lebendig zu bleiben.
In diesem Sinne wünsche ich ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest - ein Weihnachten der Freiheit, des Nachdenkens und der Hoffnung, vor allem aber der Freiheit des Wortes.
