Merz' Eskalationsrhetorik ist Zeichen strategischer Schwäche
Von ELENA FRITZ
Die jüngsten Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz zur Aufhebung der Reichweitenbeschränkungen westlicher Waffenlieferungen an die Ukraine markieren keinen Kurswechsel, sondern die Fortsetzung einer politischen Simulation militärischer Entschlossenheit. Wer die operative Realität kennt, weiß: Europa ist am Ende seiner logistischen und politischen Kapazitäten angelangt. Die Lieferung von SCALP- und Storm-Shadow-Raketen war bereits ein Grenzgang. Taurus-Raketen sind vermutlich längst an Kiew geliefert worden, nur eben verdeckt.
Merz’ Erklärung ist vor allem eines: ein Signal an Washington. Denn die EU handelt außenpolitisch nicht eigenständig, sondern im Reflex auf die Bewegungen der Vereinigten Staaten. In Ermangelung eigener strategischer Führung gibt man sich mit Wiederholungen zufrieden – auch wenn die Lage auf dem Gefechtsfeld längst nicht mehr durch Waffensysteme entschieden wird, sondern durch Zeit, Ausdauer und politische Zielklarheit.
Die strategische Initiative liegt inzwischen eindeutig bei Russland. Moskau hat – trotz westlicher Hilfe für Kiew – den Eskalationsrhythmus bestimmt. Es bleibt ruhig, erhöht schrittweise den Druck und wartet auf die Selbsterschöpfung der europäischen Unterstützer. Denn eine Tatsache ist nicht wegzudiskutieren: Die sogenannte „Ukraine-Koalition“ im Westen zeigt Auflösungserscheinungen. Uneinigkeit über Ziele, Ressourcen und Risiken lähmt die Entscheidungsfähigkeit.
Russische Reaktion unausweichlich
Der entscheidende Punkt aber ist: Wenn Deutschland sich tatsächlich zur direkten Kriegspartei macht – etwa durch einen offensiven Taurus-Einsatz gegen russisches Kernland – wird eine russische Reaktion unausweichlich. Und diese Reaktion wird sich nicht mehr auf ukrainisches Gebiet beschränken. Ein begrenzter, aber symbolischer Gegenschlag gegen westliche Infrastruktur in Europa wäre militärisch wie politisch logisch – nicht zuletzt zur Abschreckung und als Signal an Washington.
Und noch etwas: Indem Berlin Kiew die Entscheidung über Reichweite und Zielauswahl überlässt, legt Deutschland den letzten Rest seiner militärischen Souveränität in ukrainische Hände. Das ist sicherheitspolitisch fahrlässig und staatspolitisch brandgefährlich. Denn kein souveräner Staat darf dulden, dass sein eigenes Schicksal durch Dritte auf dem Gefechtsfeld bestimmt wird.
Fazit
Was heute wie entschlossene Unterstützung für die Ukraine aussieht, könnte morgen der Zünder eines paneuropäischen Desasters werden. Die Bundesregierung muss sich entscheiden: Will sie weiter auf symbolpolitische Eskalation setzen – oder beginnt sie endlich, im Interesse der eigenen Bevölkerung zu handeln? Diplomatie, nicht Kriegsrhetorik, ist das Gebot der Stunde. Alles andere führt in eine Dynamik, die Deutschland nicht mehr kontrollieren kann.
(pi-news.net)