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Die Araber kommen

Nachwahlen nicht ohne Demokratiedefizite

Von David Cohnen

Die Oberbürgermeisterwahlen in Nordrhein-Westfalen 2025 haben in mehreren Großstädten überraschende Ergebnisse hervorgebracht. Besonders bemerkenswert ist, dass mit Nadia Khalaf in Mülheim an der Ruhr und Alexander Omar Kalouti in Dortmund nun zwei Oberbürgermeister mit arabischem Hintergrund gewählt wurden. Hier  möchte ich die Ergebnisse, die Abläufe der Stichwahlen sowie die zugrundeliegenden strukturellen Effekte näher analysieren und aufzeigen, welche Fragen sich daraus für die demokratische Legitimation und gesellschaftliche Wahrnehmung ergeben.

Stich- und Nachwahlen in Nordrhein-Westfalen zeigen deutliche Demokratiedefizite: Fehlende Wahlbenachrichtigungen und unzureichende Information führen dazu, dass viele Bürger den Wahltermin nicht wahrnehmen, während gut organisierte Minderheiten mobilisiert werden. Dies resultiert in niedriger Wahlbeteiligung, verzerrten Ergebnissen und einem Repräsentationsverlust - wie die Beispiele aus Mülheim an der Ruhr und Dortmund zeigen.

Nadia Khalaf (SPD)
Geboren 1969 in Mülheim, Diplom-Pädagogin, seit vielen Jahren haupt- und ehrenamtlich in der Arbeiterwohlfahrt aktiv. Sie stellt sich selbst dar als Trägerin zahlreicher Führungsfunktionen in der SPD und als institutionell engagiert für Migration, Integration, Antidiskriminierung und Asylpolitik.

Alexander Omar Kalouti (CDU)
Geboren 1968 in Beirut, Libanon, mit einem Vater aus Jerusalem und einer Mutter aus Brandenburg. Er studierte an der Staatlichen Hochschule für Musik und darstellende Kunst Stuttgart sowie am King's College London (unter anderem im Department of War Studies) und arbeitet seit 2014 am Theater Dortmund, unter anderem als Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Kalouti stellt sich selbst dar als Politiker, dessen Selbstverständnis stark von seiner bi-kulturellen Herkunft geprägt ist und der angibt, dass frühe Erfahrungen mit Diskriminierung und Rassismus ihn zu einem inklusiven, offenen politischen Handeln motivieren.

Gemeinsamkeit der Kandidaten
Beide Politiker verbinden ihre arabische Herkunft mit einem klaren Engagement für Migration, Integration und kulturelle Teilhabe. Khalaf handelt institutionell, Kalouti narrativ und erfahrungsbezogen - politisch wirken beide auf dasselbe Ziel hin.

Wahlergebnisse

  • Mülheim: Erster Wahlgang 14.9.2025 - Khalaf 27,97%, Buchholz 38,30%, Wahlbeteiligung 57,2%.
    Stichwahl 28.9.2025 - Khalaf 50,1%, Buchholz 49,9%, Wahlbeteiligung 39,9%, Vorsprung nur 67 Stimmen,
    Stimmen der Wahlberechtigten ca. 20%.
  • Dortmund: Erster Wahlgang 14.9.2025 - Kalouti 52,9%, Westphal 47,1%, Wahlbeteiligung 53%.
    Stichwahl 28.9.2025 - Kalouti 52,9? %, Wahlbeteiligung 36,1? %,
    Stimmen der Wahlberechtigten ca. 19%.

In beiden Städten zeigt sich ein ähnliches Muster: Sinkende Beteiligung von der Hauptwahl zur Stichwahl, wodurch kleine, mobilisierte Kernwählerschaften über das Ergebnis entscheiden.

AfD-Stichwahlen 2025 in NRW
Die AfD steigerte ihre Stimmen zwischen dem 14. und 28. September in Duisburg (19,7% ? 21,4%), Gelsenkirchen (29,8% ? 33,1% und Hagen (21,2%? 28,3%). In allen drei Städten unterlag die AfD jedoch der Einigkeit aller anderen Parteien. In Hagen erreichte sie die höchste Zustimmung im Vergleich zu früheren Kommunalwahlen.

Pyrrhussieg und Knappheit
Die Stichwahlergebnisse in Mülheim an der Ruhr, Dortmund, Duisburg, Gelsenkirchen und Hagen lassen sich als "Pyrrhussiege" beschreiben: "Noch so ein Sieg und wir sind verloren!" In Mülheim gewann Khalaf mit nur 67 Stimmen Vorsprung, Kalouti in Dortmund ebenfalls äußerst knapp. In Duisburg, Gelsenkirchen und Hagen konnte die AfD ihre Stimmen im Vergleich zur Hauptwahl steigern, unterlag jedoch jeweils der Einigkeit aller anderen Parteien. Die geringe Beteiligung und die Mechanik der Stichwahl relativieren somit in allen fünf Städten die demokratische Breite der Unterstützung.

These: Repräsentation und gesellschaftliche Wahrnehmung
Die Wahl der beiden arabischstämmigen Oberbürgermeister zeigt, dass kleine, gut mobilisierte Wählerschaften in Stichwahlen entscheidend sind, während ein Großteil der Bevölkerung faktisch nicht teilnimmt. Basierend auf Umfragen zur migrationskritischen Haltung in Deutschland (70-80?%) lässt sich aufzeigen, dass die formalen Wahlergebnisse möglicherweise nicht die Präferenzen der Mehrheit widerspiegeln.

Unfall oder Kalkül?
Bleibt abschließend die Frage: Ist diese Wahlprozedur mit den schließlich erzielten Ergebnissen ein bloßer Unfall oder Ausdruck einer bewussten Strategie der politisch herrschenden Eliten?

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