Springe zum Inhalt

Üble Groteske

Wagenknechts selbstverschuldetes Dilemma

Von WOLFGANG HÜBNER

Es gehörte wahrlich kein prognostischer Spürsinn dazu, den Konflikt zwischen der BSW-Parteigründerin Sahra Wagenknecht und ihrer Thüringer Filiale vorauszusagen. Denn in dieser hat eine Frau das Sagen, die aus einem einzigen Grund die Linkspartei von Bodo Ramelow verlassen hat: Katja Wolf wollte die einmalige Chance nutzen, auf Anhieb die entscheidende Figur in der künftigen Notregierung des schönen Bundeslandes zu werden. Da sie als Oberbürgermeisterin von Eisenach in Thüringen als die einzige halbwegs bekannte Politikerin der BSW galt, war Wagenknecht über die ehrgeizige Opportunistin hocherfreut.

Von dieser Freude dürfte nicht viel übriggeblieben sein. Denn die knallharte Linke Wolf hat jedes Interesse am lockenden Ministerposten, aber keines an irgendwelchen Friedensbeteuerungen als Voraussetzung für die Bildung einer Minderheitenkoalition mit CDU und der schwachbrüstigen Rest-SPD gegen den Wahlsieger AfD. Doch Wagenknecht will ja im kommenden Jahr bei der Bundestagswahl als Kämpferin gegen amerikanische Raketenstationierungen in Deutschland glänzen. Dazu braucht sie halbwegs vorzeigbare, wenn auch natürlich geheuchelte Signale im Koalitionsvertrag.

Wolf hinwiederum braucht die keineswegs unbedingt, noch weniger der voraussichtliche CDU-Ministerpräsident Mario Voigt von Linken Gnaden. Der muss nämlich versuchen, dass zu den Themen Ukraine-Krieg und US-Raketen nur (völlig unverbindliche) Trickformeln gefunden werden, die CDU-Chef Merz gerade noch seinen tapfersten Frontkämpfern Kiesewetter, Röttgen und Co. zumuten kann. Kurzum: Es ist eine üble Groteske, die sich in Thüringen abspielt. Und wie zu vermuten ist, werden die politischen Inszenierungen in Erfurt noch viele Höhepunkte bereithalten.

Doch wo 33 Prozent der Wähler ohne jedes Gespräch oder gar Verhandlung bereits eine Minute nach der Wahl ausgegrenzt werden, nicht zuletzt unter tatkräftiger Beteiligung von Katja Wolf, da wird das, was an „Demokratie“ noch übriggeblieben ist, einfach in die Tonne getreten. Das weiß auch Sahra Wagenknecht genau, Mitgefühl ist deshalb völlig unangebracht.
(pi-news.net)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert