- und man Judenhass so nennen darf
Von Gastautor Christoph Ernst
Während die Hamas Hunderte Menschen verschleppt hielt und Raketen auf Israel regnen ließ, bewies die grüne Außenministerin Baerbock intensive Fluglust, um die Israelis laufend persönlich zu ermahnen, sich gegenüber der Hamas doch bitte zurückzuhalten. Parallel versprach sie weitere deutsche Steuermillionen für die UNRWA. Längst war bekannt, dass sich UNRWA-Kräfte an der Mordorgie vom 7. Oktober beteiligt hatten und die Hamas humanitäre Hilfsgelder zu Tunnelbau und Waffenkauf genutzt hatte. Baerbock entschied sich dennoch für die Finanzierung der UNRWA.
Damit nicht genug. Zugleich unterstützte sie Karim Khan, den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag. Der hatte einen Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu und Joaw Galant erwirkt. Khan, ein britischer Muslim mit pakistanischen Wurzeln, beschuldigte beide, in Gaza Kriegsverbrechen zu begehen. Neutrale Juristen kritisierten das als überzogen, parteiisch und politisch motiviert. Einige Länder wiesen sein Ansinnen rundweg als absurd ab. Baerbock hätte das auch tun können. Sie verzichtete darauf.
Ist Frau Baerbock eine Antisemitin? Sie würde das weit von sich weisen und den Anwurf vermutlich sofort strafrechtlich verfolgen lassen. Faktisch tat sie alles, um Israel zu schwächen und Israels Feinde zu unterstützen.
Bei zu vielen Mitmenschen gestaltet sich das ähnlich. Im Zweifelsfall sind die Israelis selbst schuld. Weil sie Iran so bedrängt haben.
Mitte Februar 1991, als Saddam Hussein Tel Aviv mit Scud-Raketen beschoss, verkündete Hans-Christian Ströbele als damaliger Sprecher der deutschen Grünen: „Die irakischen Raketenangriffe sind die logische, fast zwingende Konsequenz der israelischen Politik den Palästinensern und den arabischen Staaten gegenüber“.
Subkutaner Antisemitismus ist ein weites Feld. Galt er lange als eine anrüchige Leidenschaft, der man eher schüchtern frönte, ist er nun wieder salonfähig und quer durchs politische Spektrum ein echter Renner, der höchstens noch flüchtig mit Zionismus- oder Israelkritik kaschiert wird.
Natürlich ist nicht jeder, der Netanjahu rügt, ein Antisemit. Aber wer ständig gegen Israel wettert, Ursache und Wirkung vertauscht und Täter zu Opfern erklärt, während er gesteigerte Nachsicht für glühende Judenhasser an den Tag legt, zeigt klare Präferenzen.
Iran nennt Israel den ‚kleinen Satan‘. Der ‚große Satan‘ sind die USA.
2015 versprach Ayatollah Ali Khamenei, Israel bis 2040 auszulöschen. In Teheran wurde eine Uhr installiert, die diesen Countdown anzeigt. Inzwischen wird auch in Berlin der Al-Quds-Tag gefeiert, als Agit-Prop-Event, um Groll gegen Juden wachzuhalten. Derweil lassen die Mullahs Israel von ihren Proxys bombardieren und basteln immer enthemmter an der islamischen Bombe. In Iran leben über 90 Millionen Menschen auf einem Gebiet viereinhalbmal so groß wie Deutschland. Israel würde achtzigmal in diese Fläche passen. Israel hat gerade mal neun Millionen Einwohner. Davon sind über zwei Millionen Araber. So viel zu den Größenverhältnissen.
Trotzdem bedroht angeblich Israel den gesamten Nahen Osten. Nicht die Islamo-Faschisten, die weltweit Juden (und Christen) terrorisieren und Hisbollah, Hamas und Huthi sponsern, bedrohen den Frieden, sondern Israel.
„Pax optima rerum (quas homini novisse datum est)“ ist das Zitat, mit dem ein Bekannter seine Mails beschließt. Klingt gut. Aber ‚Frieden ist nur das höchste aller Güter, welches Menschen zu kennen gegeben ist‘, solange der Krieg sich von ihnen fernhält und sie ihren Frieden in Freiheit genießen können. Wen die Nachbarn unausgesetzt bekriegen und vernichten wollen, der hat nur die Wahl zu verschwinden oder um sein Leben zu kämpfen.
Tiberius Catius Asconius Silius Italicus, der römische Dichter, von dem das Zitat ursprünglich stammt, verfasste sein Versepos ‚Punica‘ lange nach Ende des dritten punischen Kriegs, als das alte Karthago längst nicht mehr existierte.
Rom löschte Karthago aus, nachdem die Karthager Hunderte von Geiseln und ihre Waffen an die Römer abgetreten und buchstäblich alles für den Frieden geopfert hatten. Wehren taten sich die Karthager erst, als Scipio von ihnen verlangte, dass sie nun auch noch ihre eigenen Häuser zerstören und ihre Stadt räumen sollten.
Die bittere Ironie des hübschen Satzes: Karthago ging unter, WEIL es Frieden für das höchste aller Güter hielt. Sein grauenhaftes Ende zeigt, dass Friede um jeden Preis falsch ist. Friede ist nur mit Gegnern möglich, die einem das Existenzrecht zubilligen.
Cato der Ältere soll seine Reden im Senat mit einem „Cetero censeo Carthaginem esse delendam” beendet haben. Iran fordert seit 46 Jahren die Vernichtung des Judenstaats.
Immer wieder wird eine Reihe jüdischer Kronzeugen als Gegner der jetzigen Politik Israels aufgerufen, von wegen: Juden seien gewiss nicht israelfeindlich. Gerade so, als gäbe es keine Judith Butler, Naomi Klein oder Nan Goldin. Es gibt zahllose koschere Judenhasser. Selbsthass ist nicht exklusiv deutsch. Beide Opas von Marx waren Rabbiner, und er lieferte in seinem ‚Zur Judenfrage‘ und ‚Kapital‘ zig Sentenzen ab, auf die Adolf Hitler stolz gewesen wäre.
Vor ungefähr 42 Jahren sagte ein aus Hamburg nach New York geflüchteter alter Mann mir mal: Die Deutschen werden den Juden alles verzeihen. Außer Auschwitz.
Hinter dem Wunsch, Opfererben nachzuweisen, dass sie eigentlich die besseren ‚Täter‘ sind, steckt der Drang eigene Schuldgefühle auszutreiben. Gelingt es, sein schlechtes Gewissen in hehren Zorn zu verwandeln und Israelis ‚Nazis‘ zu nennen, beglückt das manche ungemein. Diese Sehnsucht ist nicht auf Deutsche beschränkt und ähnlich gerecht verteilt wie sonstige Dummheit. Genau darum müssen Juden sich auch stets besser benehmen als alle anderen Artgenossen: ‚Weil sie doch selbst so viel gelitten haben‘.
Syrer dürfen sich hierzulande wegen ihrer angeblichen Traumata beliebig danebenbenehmen. Juden haben gefälligst ‚ihre Lektion‘ gelernt zu haben. Als ob Auschwitz eine Kaderschmiede für heroische Lichtgestalten gewesen wäre.
Der in diesem Zusammenhang zitierte Peter Scholl-Latour dachte Französisch, mochte keine Amis und war durch Dien Bien Phu geprägt. Halacha und seine jüdische Mutter dürften ihn als Jesuiten-Zögling eher kalt gelassen haben. Er wuchs in einer Zeit auf, wo es noch ein Makel war, jüdischer Herkunft zu sein.
Das ist heute wieder so. Obwohl oder weil wir das Jahr 2025 schreiben. Trotzdem gehört nicht aller Irrsinn, den wir gegenwärtig erleben, zwanghaft durch die Linse der großen Katastrophe zwischen 1914 und 1945 betrachtet.
Ich möchte nicht, dass die Mullahs Tel Aviv platt machen und uns anschließend mit ihren Kernwaffen erpressen. Schließlich gibt es nicht nur die Achse Teheran-Moskau, sondern auch noch den Fürsten Erdogan, der grandiose Ambitionen hegt. Der vermag Deutschland schon jetzt jederzeit lahmzulegen, wenn er seine Fans mobilisiert.
Aktuell bildet das Bündnis von ‚woken‘ Hirngewaschenen und importierten Islamo-Faschisten die gefährlichste ‚Querfront‘ zur Abwicklung des Abendlands. Diese Allianz ist bestens mit Mullahs und Muslim-Bruderschaft vernetzt. Ihr gemeinsamer Nenner ist der durch Nazis und Stalin gepimpte Judenhass. Der ist im Kern religiös und mindestens so alt wie der Prophet und Martin Luther. Daher funktioniert er kulturübergreifend wie ein pawlowscher Reflex.
Klassisch ‚rechter‘ Judenhass ist ähnlich ekelhaft. Der sieht Auschwitz als eine Schuldwucherfalle, in die ahnungslose Deutsche gelockt worden sind, um sie zu geistig brechen und unters Joch der NS-Erbsünde zu stecken. Er trägt den Alliierten die ‚Re-Education‘ nach und kreidet es Israel an, auf der eigenen Zukunft zu bestehen, statt sich wie die Deutschen artig zu unterwerfen und proaktiv selbst zu begraben.
Klar, Hitler wütet in den Köpfen vieler Nachgeborener weiter. Sie starren so besessen wie panisch auf die Vergangenheit, um nur ja nicht in Verdacht zu geraten, ihren Altvorderen geistig zu nahe zu kommen. Das verleiht toten Nazis die Definitionsmacht darüber, wie sich Deutsche fühlen dürfen. Es verbannt die Tätererben auf die Kehrseite der Herrenmenschen-Medaille, wo sie das groteske Gegenstück geben. Oder eben verzweifelt an der Schuldfrage herumdoktern und um den ‚historischen Schlussstrich‘ betteln.
Sowohl als auch finde ich krankhaft grotesk. Doch es verwandelt die gestrigen Mörder nicht in bedauernswürdige Opfer. Zwar bin ich einigen früheren SS-Soldaten begegnet, deren subjektive Motive ich durchaus respektabel fand, aber eben auch mindestens ebenso vielen anderen, die als Souvenir aus Birkenau ihre Häftlingsnummer auf dem Unterarm trugen.
Keine Ahnung, wie ich mich damals verhalten hätte – als durchschnittlich dummer, nicht sonderlich mutiger Mensch. Helmut Kohl sprach in dem Zusammenhang mal von der Gnade der späten Geburt.
Doch grundsätzlich gibt es schon richtig und falsch. Wir haben die Wahl. Nicht alles ist relativ. Klar, das Böse bedient sich oft hehrster Motive und reiner Seelen. Zugleich sind nicht alle, die das Gute vertreten, ehrbar, charmant und liebenswert. Oft ist das kleinere Übel die einzige Option und die Frage bloß, welcher Fehler geringeren Schaden anrichtet.
Darum muss auch niemand Bibi oder seine Beweggründe sonderlich mögen.
Doch 2025 geht es nicht mehr um die Nöte des 20. Jahrhunderts und nationale Nabelschau, sondern um die Frage, wie und ob das heillos desorientierte Westeuropa die nächsten 50 Jahre übersteht. Wird es sich behaupten oder bis Ende des Jahrhunderts islamisiert sein? Das Abendland wird zwar nicht am Hindukusch verteidigt, aber sehr wohl in Jerusalem und Tel Aviv.
Insofern ist Israel ein ‚europäischer‘ Vorposten: kulturell, zivilisatorisch und ethisch. Ja, es könnte theoretisch durchaus eine ‚Brücke‘ in den Orient sein. Doch um das zu werden, muss es erst seine Todfeinde besiegen. Die sind real und stehen einer friedlichen Zukunft nicht erst seit 1948 im Weg. Sie haben wieder und wieder alle Chancen auf Ausgleich sabotiert.
Als Trumps Abraham-Accords eine gangbare Route projektierten, ließen die Mullahs Hisbollah und Hamas von der Leine und orchestrierten das Massaker vom 7. Oktober.
Daraus hat Israel die Konsequenz gezogen. Kein ‚Pax optima rerum‘ mehr. Wer Auslöschung predigt, bettelt um Prävention. Bei der Atombombe ist Schluss. So oder so.
Insofern halte ich Israel Handeln für richtig. Ich bin dankbar für das Opfer, das die Menschen dort auf sich nehmen. Dieses Opfer leisten sie auch für mich. Die Erzfeinde Israels sind genauso die Erzfeinde meiner Kultur.
Ich weiß nicht, wie viele Iraner Anhänger des Mullah-Regimes sind und wie viele in Gefängnissen hocken, aber ich bin mir sicher, dass die allermeisten der inzwischen getöteten Bewohner Gazas heute noch leben würden, hätte die todesverliebte Hamas nicht weiter Hunderte von Geiseln gequält und Zivilisten in Israel von Kindergärten und Krankenhäusern aus laufend mit Raketen beschossen.
1945 mussten die Nazis vernichtet werden, damit das Morden aufhört. Natürlich wäre Deutschland und der Welt viel erspart geblieben, wenn die Siegermächte von Versailles zehn Jahre zuvor Hitlers Wiederbewaffnung nicht geduldet hätten. Sie hatten Gründe, es auszusparen. Hinterher sind wir schlauer.
Heute ist Iran der Kopf der Hydra. Gewiss kann man wieder abwarten, bis Iran Atommacht ist. Doch manche historischen Lektionen darf man beherzigen. Friede ist kostbar. Hier jedoch ist Friede als höchstes Gut garantierter Selbstmord.
Ich bin nicht scharf auf die Endlösung der deutschen Schuldfrage, schon gar nicht, wenn Israel dafür ausgelöscht werden muss, weil das über kurz oder lang auch das Ende meiner Zivilisation bedeutet. Christentum ohne Jerusalem ist undenkbar. Europa braucht Israel. Außerdem habe ich, wie ein Bekannter es mal so apart ausdrückte, ‚skin in the game‘.
Ich will, dass die Leute in Israel nicht mehr bei Tag und Nacht binnen zehn Minuten in irgendwelche Schutzräume flüchten müssen, um dort zu zittern, ob nach dem Angriff ihr Haus noch steht und ihre Liebsten am Leben sind. Ich will, dass die jungen Männer und Frauen in Tel Aviv und Haifa sich ein Leben aufbauen können, ohne von ihren Kriegserlebnissen verfolgt zu werden und später nachts so schreien, wie es mein Vater tat. Ich will, dass die bösen alten Männer in Iran diese Leute endlich in Frieden lassen. Dazu muss man ihre Waffen und ihre Hasslehre vernichten. Das ist ein bitterer und schmerzhafter Weg. Der birgt Leid und kostet Leben. Aber er ist notwendig.
Die allermeisten Deutschen können sich gar nicht mehr vorstellen, was Krieg bedeutet. Ich halte solch Phantasielosigkeit für tödlich. Frieden ist eine Gnade. Will man sich diese Gnade bewahren, muss man die Alternative mitdenken. Zum ‚pax optima rerum‘ gehört dann das ‚si vis pacem para bellum‘.
Wer den Geist mutwillig verengt, schickt nicht nur das eigene Denken in die Wüste. Groll vergiftet. Judenfeindliche Ressentiments sind keine harmlose Petitesse, über die man höflich hinwegsieht. Dagegen anzugehen, ist zwar meist fruchtlos, aber das verpflichtet auch niemanden zu gesteigerter Höflichkeit. Wir müssen das Kind schon beim Namen nennen. Sonst machen wir uns zu Komplizen der Lüge.
(vera-Lengsfeld.de)