Keine Trojanischen Pferde nach Karlsruhe
Von MEINRAD MÜLLER
Am Freitag sollte der Bundestag mit Zweidrittelmehrheit drei neue Richter für das Bundesverfassungsgericht wählen. Und Gottlob sind viele Abgeordnete in letzter Minute aufgewacht, die Wahl wurde von der Tagesordnung genommen. Alternative Medien machten in den Tagen zuvor erheblichen Druck und enthüllten, was sonst unter der Oberfläche geblieben wäre.
Zwei Juristinnen, nominiert für das höchste Gericht der Republik, plauderten zuvor freimütig. In Aufsätzen, Interviews und Talkshows sagten sie, was sie vorhaben und wie sie die Republik verändern würden. Und genau das wurde ihnen zum Verhängnis.
Eine wollte ungeborenen Kindern bis zur Geburt kein einziges Menschenrecht zugestehen. Eine Spätabtreibung am Tag vor der Entbindung wäre, ginge es nach ihr, rechtlich zulässig. Die andere sprach von Enteignungen und davon, dass Aktivisten über dem Gesetz stehen dürften. Für Millionen Bürger war das der Moment, an dem alle Alarmglocken schrillten.
Denn hier ging es nicht um das Antreten eines juristischen Amtes. Es war der Versuch, politische Lenkungsmacht per Richterspruch zu übernehmen. Verkleidet in Robe, mit Zugriff auf 84 Millionen Bürger.
Das Bundesverfassungsgericht ist keine Nebenregierung
Das Bundesverfassungsgericht, bestehend aus 16 Richtern, kann jedes Gesetz kippen, jeden Parlamentsbeschluss blockieren, und niemand kann diese Urteile anfechten. Keine Revision, kein Einspruch, kein Volksentscheid. Wenn dort die falschen Leute sitzen, fällt das demokratische Gebäude. Nicht mit einem Knall, sondern mit jedem einzelnen Beschluss. Diese Verfassungsrichter können das aushebeln, was 640 Abgeordnete beschlossen haben. Auf diese Weise könnten die Grünen, die nicht an der Regierung beteiligt sind, ihren Willen durchsetzen. Das Bundesverfassungsgericht darf schon deshalb keine Nebenregierung werden.
Die Richterwahl ist kein Routinevorgang. Sie entscheidet über das Machtgleichgewicht im Staat. Doch der Fehler liegt im System: Gewählt werden nicht die besten Juristen, sondern Parteimitglieder oder Parteifreunde. Wer auf Parteilinie liegt, wird nominiert. Parteien haben das Vorschlagsrecht. Das ist, als würde man einen Chefarzt nach Parteibuch einsetzen, der seine Patienten je nach politischer Haltung anders behandelt.
Und doch: Genau das war hier geplant. Eine Kandidatin forderte eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Impfpflicht. Ungeimpfte sollten dauerhaft ihre Grundrechte verlieren. Die andere wollte Aktivisten aus der Strafbarkeit entlassen. Das Recht sollte zum Erziehungsinstrument werden, das Bundesverfassungsgericht zum Hebel einer gesellschaftlichen Umgestaltung.
Der eigentliche Skandal: Das alles wäre beinahe durchgewunken worden
Dass es nicht so kam, lag nicht an plötzlicher Einsicht, sondern an mutigem Widerstand. Einzelne Abgeordnete zogen im letzten Moment die Reißleine. Und eine stellte die entscheidende Frage: Beatrix von Storch. Mit klarem Kopf, unerschrockenem Auftreten und einem Satz, der den Schleier lüftete. Ihr ist es maßgeblich zu verdanken, dass die Abstimmung kippte. Dafür gebührt ihr Dank und Anerkennung über Parteigrenzen hinweg.
Denn sonst wäre Karlsruhe jetzt der Ort, an dem das Grundgesetz nach parteilicher Ideologie umgeschrieben worden wäre. Viele konservative Medien sprechen nun von einem Signal für die Demokratie. In Wahrheit war es eine Notbremsung. Die Gefahr bleibt. Nach der Sommerpause wird man es wieder versuchen.
Was bleibt, ist eine Erkenntnis
Karlsruhe ist zu wichtig, um es Parteisoldaten zu überlassen. Wer in roten Roben das Grundgesetz auslegt, darf nicht das in Parteizentralen Vorformulierte verwenden. Was wir brauchen, sind Richter mit Rückgrat, nicht mit Gesinnungsbiografie.
Noch ist der Staatsumbau gescheitert. Aber die Trojanischen Pferde stehen bereit. Die nächsten Bewerber warten schon vor dem Burgtor.
(pi-news.net)
