Springe zum Inhalt

Alles auf Linie

Für Begrenzung der Geistes- und Meinungsfreiheit

. Man beginnt nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt mehr und mehr einzusehen, daß die Freiheit des Geistes und die Freiheit der Meinung Grenzen finden müssen, wo sie sich mit den Rechten und Verpflichtungen des Volkes und Staatskörpers zu stoßen beginnen. Wir haben unsere Ansicht über diesen Tatsachenbestand niemals verheimlicht, sondern schon in den Zeiten unserer Opposition immer wieder zum Ausdruck gebracht, daß wir es für einen politischen Wahnsinn halten, daß man einzelnen Individuen die absolute Freiheit des Geistes und der Meinung garantieren wollte und dabei die Freiheit eines ganzen Volkskörpers immer mehr Schaden nehmen mußte.

Wenn man mir in dieser Beweisführung entgegenhielt, und das wurde vor allem auf dem Parkett der Genfer Atmosphäre immer wieder versucht, daß wir Nationalsozialisten uns doch immer dieser Freiheit des Geistes und der Meinung in ausgedehntem Maße bedient haben in einem System, das uns die Freiheit des Geistes und der Meinung beließ, muß demgegenüber geantwortet werden: eine Opposition kommt im Kampfe gegen ein System immer nur zur Macht, indem sie sich der Mittel und Methoden bedient, die dieses System ihr zur Verfügung stellt. Hätten wir damals in einem autokraten Staate gelebt, so hätten die Nationalsozialisten andere Methoden und Mittel gefunden, um diese Autokratie zu stürzen. Wir lebten aber in einem demokratischen Staat. Die einzigen Waffen, die uns zur Verfügung standen, waren eben die Waffen des Geistes und der Meinungsfreiheit, und wir haben sie in Anspruch genommen, ohne uns hierbei mit der Berechtigung oder Zulässigkeit dieser Waffen irgendwie zu identifizieren.

Wir haben ja dieselbe Stellung auch dem Parlamentarismus an sich gegenüber eingenommen. Wenn wir in das Parlament einzogen, so nicht um des Parlamentarismus Willen, sondern um uns in unserem Kampfe gegen den Parlamentarismus der Waffen zu bedienen, die uns der Parlamentarismus zur Verfügung stellte. Der Begriff der absoluten Pressefreiheit ist ein ausgesprochen liberaler. Er geht nicht vom Volk in seiner Gesamtheit, sondern er geht vom Individuum aus. Und in seiner Überspitzung haben wir mehr und mehr die Tatsache feststellen müssen, daß die Freiheit der Meinungen, je mehr sie dem Einzelindividuum überantwortet wurde, um so mehr im Hinblick auf das Gesamtinteresse eines ganzen Volkes zu Schaden kam.

Wir lebten ja doch in den letzten Monaten vor der Übernahme der Macht durch die nationalsozialistische Bewegung in einem ausgesprochen revolutionären Stadium.  Dieses revolutionäre Stadium war nicht nur auf die Bezirke der Meinungsauseinandersetzung auf der Straße begrenzt, sondern dies revolutionäre Stadium hatte schon die Bezirke des Geistes und der Meinung erfasst und ergriffen. Es war schon so, daß ein einzelner seine Meinung kundtun durfte und konnte auf Kosten der Gesamtheit, und daß man nicht einen Fehler oder einen Mangel darin zu erblicken vermochte, daß das Individuum in gedankenloser Ausnutzung der ihm im Rahmen des demokratischen Staates zur Verfügung gestellten Meinungsfreiheit nun den Staat selbst in ernsthafteste Gefahren brachte.

Was das für die Entwicklung der deutschen Politik im allgemeinen bedeutete, das haben wir ja zur Genüge am eigenen Leibe zu spüren bekommen, und zwar so weit, daß es schlechterdings unmöglich war, überhaupt deutsche Interessen vor der Welt zu vertreten. Wenn deutsche Interessenvertreter auf internationale Konferenzen fuhren, so fürchteten sie nicht so sehr den Gegner, der ihnen am Verhandlungstisch gegenübersaß, als den Gegner im Lande selbst, der jede Maßnahme torpedierte und unter Inanspruchnahme der Geistes- und Meinungsfreiheit auch jeden Entschluß sabotierte und damit schon in der Anlage gefährdete und in einen falschen Kurs zu drängen versuchte. Ich möchte prinzipiell diesen Tatbestand dahin definieren: Die Freiheit des Individuums richtet sich immer nach der Freiheit, die ein Volkskörper an sich zu genießen in der Lage ist, und die Freiheit des Individuums muss ihm um so mehr eingegliedert werden, je größer die akuten Gefahren sind, von denen der Staatskörper an sich temporär bedroht ist.

Diese Begrenzung der Geistes- und Meinungsfreiheit kann eine freiweillige, sie kann aber auch eine erzwungene sein. Sie wird sich immer dann zum Segen des ganzen Staatswesens auswirken, wenn die Mehrheit der Wohlmeinenden sie sich freiwillig auferlegt und sie von Staats wegen den renitenten und sabotierenden Elementen aufgezwungen wird. Der Staat kann sich gar nicht dieses souveräne Recht von irgendeinem Einzelwesen nehmen lassen. In dem Augenblick, in dem der Staat sich dieses souveränen Rechtes begibt, begibt er sich der Möglichkeit, eine zielbewußte und konsequente Politik nach innen und nach außen zu betreiben.

Nun, glaube ich, sind die Gefahren, die Deutschland und Europa gegenwärtig bedrohen, niemals so groß gewesen wie im Augenblick. Wenn ich noch dazu in Betracht ziehe, daß wir heute eine Regierung haben, die besten Willens ist und nach bestem Wissen und Gewissen Maßnahmen zu treffen versucht, um die Situation zum Wohle des Volkes zu lösen, wenn ich noch hinzunehme, daß dem deutschen Volke Pläne ganz großen Charakters vorgelegt werden, die die ganze Hingabebereitschaft und den ganzen Opfersinn und die ganze Opferfähigkeit des deutschen Volkes in Anspruch nehmen müssen, um sie zum Erfolg zu führen, dann, glaube ich, geht es nicht an, daß die Regierung einerseits die größten Geldmittel, die größten politischen Werte einsetzt, um mit ihren Plänen zu einem greifbaren Ergebnis zu kommen, daß dann andererseits aber einem Einzelmenschen nun das Recht vorbehalten bleibt, diese Pläne zu sabotieren und sie in der Anlage schon zu verfälschen.

Die nationalsozialistische Bewegung macht aus dieser Überzeugung auch gar kein Hehl. Und wenn heute die Männer, die an der Spitze der nationalsozialistischen Bewegung stehen, diese Thesen vertreten, so vertreten sie sie nicht nur nach unten, sondern sie vertreten sie auch nach oben. Diese Begrenzung der individuellen Freiheit, die wir von den uns in die Hand gegebenen Stellen verlangen, entbieten wir auch den uns übergeordneten Stellen. Niemand soll so naiv sein zu glauben, daß in der nationalsozialistischen Führung überhaupt nicht eine Meinungsverschiedenheit aufkommen könnte. Und niemand soll glauben, daß diese Meinungsverschiedenheit nicht unter vier Augen offen ausgekämpft würde.

Was uns aber vom Leerlauf des Parlamentarismus und der liberalen Demokratie unterscheidet, das ist: Wenn einmal bei einer Meinungsverschiedenheit eine Entscheidung getroffen ist, dann wird diese Entscheidung akzeptiert von dem, der dafür und dem, der dawider ist. Denn wir sind der Überzeugung, es ist besser, daß man gemeinsam irrt, als daß jedem überlassen bleibt, zu tun und zu lassen, was er will. Das gilt so für die allgemeine höhere Politik, das gilt aber auch für die Gestaltung der öffentlichen Meinung.

Vor allem muß die Presse sich eins klarmachen: Es lebt nun einmal im deutschen Volke ein unausrottbarer Hang, das gedruckte Wort für ernster zu nehmen als das gesprochene. Aus dieser Erkenntnis heraus muß man mit größerer Verantwortung an die Drucklegung eines Wortes gehen als an sein Aussprechen. Heute gibt es Millionen Menschen in Deutschland, die in dieser Regierung überhaupt ihre letzte Rettung sehen, und die weitaus überwiegende Mehrzahl des deutschen Volkes hat auf diese Regierung ihre allerletzte Hoffnung gesetzt. Möglich, daß die Regierung in einzelnen Beschlüssen irrt, unmöglich aber, anzunehmen, daß nach dieser Regierung etwas Besseres kommen könnte. Es kann deshalb für jeden nationalgesinnten und verantwortungsbewussten Staatsbürger gar keine andere Möglichkeit geben, als die Entschlüsse und Beschlüsse dieser Regierung zu decken und dafür zu sorgen, daß sie zu greifbaren Ergebnissen führen. Ich möchte mich da einiger Beispiele bedienen, um diesen Tatsachenbestand etwas näher zu erläutern.

Es ist für jeden Staatsbürger selbstverständlich, daß der Staat sich nicht der Kontrolle des Erziehungswesens begeben kann. Jedermann würde es für absurd halten, wenn der Staat es zuließe, daß Kinder erzogen werden nach dem Geschmack des jeweilig Erziehenden. Für jeden ist es klar und undiskutierbar, daß es ein souveränes Recht des Staates ist, die Erziehung zu überwachen und dafür zu sorgen, daß sie sich in Bahnen vollzieht, die dem allgemeinen Wohl, die dem Staatsinteresse und die auch dem allgemeinen sittlichen Auffassungen des jeweiligen Volkes entsprechen. Der Staat übernimmt also das Kind geistig in seine Obhut.

In dem Augenblick aber, wenn das Kind am allerempfänglichsten wird, entläßt er es aus seiner Obhut. Während er von jedem Lehrer verlangt, daß er – ich weiß nicht wie viele – Prüfungen abgelegt hat, um seine Eignung zum Erzieher des Volkes zu erweisen, begibt er sich des Rechtes in dem Augeblick, in dem das Kind aus der Schule entlassen wird und nun der charakterlichen und willensmäßigen Gestaltung der öffentlichen Meinung überantwortet wird.

Der Nationalsozialist steht auch hier auf einem totalitären Standpunkt. Er sagt: Es geht nicht an, plötzlich den jungen Menschen, wenn er am allerempfänglichsten ist, aus der Obhut des Staates zu entlassen und nun den individuellen Experimenten etwelcher schreibender Menschen zu überlassen. Damit soll an sich nichts gegen den Presseberuf gesagt werden, aber Sie werden es zugeben, meine Herren, daß die Gestaltung der deutschen Presse in den 14 Jahren vor der Übernahme der Macht durch die nationalsozialistische Bewegung alles andere als erfreulich war. Im übrigen, wenn mir heute ein Schriftleiter entgegen hält: die nationalsozialistische Regierung hat uns die Freiheit der Meinung genommen – so wollen wir uns doch als Fachmänner der Presse nicht selbst etwas vormachen. Ich hätte es einmal erleben wollen, daß irgendein Schriftleiter es gewagt hätte, eine freie Meinung gegen die seines Brotgebers zu vertreten und sich dann darauf zu berufen, daß doch in Deutschland die Freiheit des Geistes herrsche.

Ist es nun für einen Schriftleiter etwas Entehrendes, wenn an Stelle des Verlegers der Staat eintritt? Ist der Staat ein schlechterer Kontrahent als ein unmittelbarer Brotgeber, und glaubt er nicht etwa, größeren Idealen zu dienen, wenn er sich dem Willen und den Aufgaben des Staates ein- und unterordnet, als wenn er sich dem Willen und den Aufgaben eines zweckbestimmten Konzerns oder wirtschaftlichen Unternehmers unterordnet? Es ist das souveräne Recht des Staates, die öffentliche Meinung, um nicht zu sagen, zu kontrollieren, so doch wenigstens in ihrer Gestaltung gewissermaßen zu überwachen und dafür zu sorgen, daß sie nicht in Wege hineingerät, die Staat und Volk und dem Allgemeinwesen abträglich sein könnten.

Wenn heute in Journalistenkreisen Klage darüber geführt wird, daß das Bild der deutschen Presse zu uniform geworden sei, so muß ich dem gegenüberhalten, daß das nicht im Willen der Regierung gewesen ist. Ich kann doch nichts dafür, wenn Zeitungen, die früher gegen die nationalsozialistische Bewegung Sturm gelaufen sind, heute päpstlicher sein wollen als der Papst. Wir zwingen sie doch nicht zur Charakterlosigkeit! Wir verlangen doch nicht, daß sie hurra schreien, wenn ihnen nicht zum Hurraschreien zumute ist. Wir verlangen nur, daß sie nichts gegen den Staat unternehmen. Es wäre uns durchaus recht, wenn sie für das jeweils wechselnde Publikum eine jeweils eine wechselnde Nuance hätten. Der Vielgestaltigkeit der öffentlichen Meinungsbildung ist durchaus kein Hindernis entgegengesetzt. Es liegt nur an der Phantasie und Begabung jedes einzelnen Schriftleiters, von diesem Recht Gebrauch zu machen.
Wenn er das nicht kann, nicht will, und wenn er sich in den öden Lobeshymnen wohler und sicherer fühlt als in einer aufrichtigen und charaktervollen Haltung, so ist das seine Sache.
Aus Männern, deren idealste Tugend nicht der Mut ist, Helden zu machen, das ist keine nationalsozialistische Aufgabe. Uns kann es schon ganz recht sein, wenn die freie Diskussion beginnt. Selbstverständlich hat sie sich im Rahmen der Linien zu halten, die wir für die große Politik gezogen haben. Uns wäre es schon ganz recht, wenn sie die Politik verschieden nuancieren und färben würde. Selbstverständlich dürfte sie dabei nicht gegen die großen Aufgaben verstoßen, die wir nun zusammen mit dem deutschen Volke aufzurollen im Begriffe sind. Wenn Millionen Menschen auf Sie voll vertrauen schauen, und wenn sie in Ihren Zeitungen ihre tägliche geistige Anregung finden, dann ist es auch ganz klar, daß Sie sich der großen Verantwortung bewußt sein müssen, die mit dieser Tätigkeit verbunden ist.

Denn wenn wir in einem autoritären Staat leben, dann muss man auch für jede Autorität, die wir verteilen, die entsprechende Verantwortung übernehmen. Das neue Schriftleitergesetz hat nicht die Absicht, Sie aus der Verantwortung zu entlassen. Das neue Gesetz hat im Gegenteil die Absicht, Sie mit Verantwortung zu beladen. Wir wollen keine Gesinnungslumperei, sondern wir wollen eine offene und ehrliche Sprache. Wir wollen, daß die Presse auch versteht, daß sie so handeln muss. Wir wollen aufrichtige Männer haben, die aus vollstem Herzen und mit ganzer Verantwortung diesem Staat dienen, weil sie ihn für zweckmäßig und für das Beste halten, das unter den gegebenen Umständen überhaupt möglich erscheint.

So vielfältig die Färbung der deutschen Presse sein mag, so einheitlich muß ihr geschlossener nationaler Wille sein. Wenn man mir entgegenhält, „über uns hängt ständig das Damoklesschwert des Verbotes“, so, meine Herren, habe ich die Veranlassung, als erster zu klagen, und ich glaube, niemand kann aufstehen in diesem Saale und behaupten, daß seine Zeitung so oft verboten worden wäre wie die meine.Es kann niemand behaupten, daß diese Regierung aus dummen Köpfen besteht. Denn wären sie dümmer gewesen als ihre Gegner, dann hätten wahrscheinlich ihre Gegner vermöge ihrer größeren Intelligenz Mittel und Wege gefunden, uns von der Macht fernzuhalten. Es ist also wohl anzunehmen, daß die Bewegung, die heute den Staat trägt, und die Männer, die in ihrem Namen das Reich regieren, die besten sind, die man augenblicklich in Deutschland für diese Arbeiten finden konnte..
(Aus Joseph Goebbels Rede am 4. Oktober 1933 in Berlin vor den deutschen Schriftleitern)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert