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Die Illusion des BIP

Sagt uns, wo die Handwerker sind

Von David Cohnen

Ein immer weiter steigendes BIP kann den Wohlstand Deutschlands nicht sichern, wenn es an Handwerkern fehlt, die grundlegende Reparaturen wie die eines WCs durchführen.

In den letzten Jahrzehnten hat sich die wirtschaftliche Struktur vieler westlicher Industrieländer, einschließlich der Bundesrepublik Deutschland, zunehmend von einer produzierenden Gesellschaft hin zu einer Dienstleistungs- und Konsumgesellschaft gewandelt. Diese Entwicklung hat weitreichende Auswirkungen auf die Art und Weise, wie das Bruttoinlandsprodukt (BIP) berechnet wird und was es tatsächlich widerspiegelt. Das BIP misst den Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen, die innerhalb eines Landes produziert werden, und wird somit häufig als Indikator für die wirtschaftliche Gesundheit eines Landes verwendet. Doch wie aussagekräftig ist dieses Maß, wenn ein erheblicher Teil der wirtschaftlichen Aktivität durch staatliche Ausgaben und nicht durch echte Produktionskraft oder Innovationen geprägt ist?

Die Rolle des Staates in der Wirtschaft
Die öffentliche Hand hat in Deutschland in den letzten Jahren eine zunehmend dominierende Rolle eingenommen, sei es durch hohe Sozialausgaben, massive Investitionen in Infrastruktur oder durch die Finanzierung von Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld und Renten. Diese Ausgaben fließen direkt in die Berechnung des BIP, wodurch der Eindruck entsteht, dass die Wirtschaft gut läuft, auch wenn die tatsächliche Wertschöpfung in den traditionellen Bereichen wie der Industrieproduktion oder dem Handwerk zurückgeht.

Öffentliche Ausgaben, wie Gehälter für Beamte und öffentliche Angestellte, die Ausgaben für die Bundeswehr oder für soziale Leistungen, sind wichtige Bestandteile des BIP. Selbst wenn diese Ausgaben keine direkte Produktion von Gütern oder Dienstleistungen beinhalten, tragen sie dennoch zur Berechnung des BIP bei. In diesem Zusammenhang könnte man argumentieren, dass eine Gesellschaft mit einer hohen Zahl an Beamten, Soldaten, Sozialhilfeempfängern und ähnlichen öffentlichen Ausgaben durchaus in der Lage wäre, ein hohes BIP zu erzielen, ohne dass nennenswerte produktive Wirtschaftstätigkeit stattfindet.

Der Wandel von Industrie zu Dienstleistung
Die zunehmende Verschiebung der Wirtschaft in Richtung Dienstleistungen und öffentlicher Sektor hat die traditionelle Industrieproduktion marginalisiert. Während Deutschland nach wie vor eine der weltweit führenden Industrienationen ist, wird der produzierende Sektor zunehmend durch den Dienstleistungssektor und die öffentliche Verwaltung ersetzt. Die Bedeutung von Handwerk, Industrie und landwirtschaftlicher Produktion hat abgenommen, während der tertiäre Sektor (Dienstleistungen) immer dominanter wird. Diese Entwicklung kann in einem Land wie Deutschland zu einem relativ stabilen BIP führen, auch wenn die Produktivität im klassischen Sinne zurückgeht.

Die Rolle der Schuldenaufnahme und Staatsausgaben
Ein weiteres Element, das die Entwicklung des BIP beeinflussen kann, ist die Staatsverschuldung. Die derzeitige Bundesregierung hat wiederholt betont, dass es notwendig sei, die Schuldenbremse zu lockern, um den Haushalt zu decken. Bundeskanzler Scholz und die Koalitionsparteien, einschließlich der SPD und Grünen, unterstützen diese Idee, um mehr Schulden aufzunehmen und diese in den Wirtschaftskreislauf einzuspeisen.

Wenn der Staat mehr Schulden aufnimmt und diese für Ausgaben wie Sozialleistungen, Militär oder die Alimentierung von Migranten verwendet, fließt dieses Geld in den Wirtschaftskreislauf und trägt zur Steigerung des BIP bei. Diese Ausgaben erhöhen den Konsum und die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen, auch wenn keine zusätzliche produktive Wertschöpfung erfolgt. Das BIP würde steigen, ohne dass sich die industrielle oder handwerkliche Leistung im gleichen Maße steigert. So könnten allein die Ausgaben für nicht-produktive Sektoren, wie etwa die Finanzierung der Bundeswehr oder die Auszahlung von Sozialleistungen, zu einer Erhöhung des BIP führen.

Ein weiteres Element, das ebenfalls in diese Rechnung einfließt, ist die Alimentierung von Migranten. Auch hier fließen Gelder in den Wirtschaftskreislauf, was wiederum zu einer Erhöhung des BIP führt, ohne dass eine direkte Steigerung der Produktivität oder der industriellen Wertschöpfung erfolgt. Diese Ausgaben wirken sich positiv auf das BIP aus, da sie den Konsum ankurbeln, jedoch auf lange Sicht keine nachhaltige wirtschaftliche Basis schaffen.

Die Gefahr der "Illusion" eines stabilen BIP
Es stellt sich jedoch die Frage, wie stabil dieses Wirtschaftssystem langfristig sein kann. Wenn die Grundlage für das BIP weitgehend durch staatliche Ausgaben gestützt wird, ohne dass eine starke wirtschaftliche Grundlage aus industrieller Produktion, Handwerk oder landwirtschaftlicher Erzeugung existiert, dann könnte das BIP zwar in der kurzen Frist stabil halten oder sogar steigen, aber die zugrunde liegende wirtschaftliche Substanz fehlt. Dies könnte zu einer sogenannten "Illusion" eines florierenden Wirtschaftssystems führen, das in Wirklichkeit auf einem fragilen Fundament beruht.

Ein solches System könnte durch steigende Staatsverschuldung und eine wachsende Abhängigkeit von Transferleistungen und Sozialstaat ausgeglichen werden. Doch die Frage bleibt, wie lange dieses Modell tragfähig ist. Wenn der Staat immer größere Summen für Sozialleistungen, Gehälter und Infrastruktur ausgibt, ohne dass eine solide Grundlage an produzierender Wirtschaft existiert, könnte das Land zunehmend auf externe Kredite und eine steigende Verschuldung angewiesen sein. In einem solchen Szenario könnte die Wirtschaft, obwohl sie durch staatliche Ausgaben stabilisiert wird, in eine Abwärtsspirale geraten, da die Einnahmen des Staates nicht aus der realen Wirtschaft, sondern aus Schulden und Steuererhöhungen kommen.

Die These: Ein mögliches Szenario?
In einem extremen Szenario, in dem der Staat weiterhin hohe Ausgaben tätigt, jedoch ohne eine starke wirtschaftliche Grundlage aus industrieller Produktion, Handwerk oder landwirtschaftlicher Erzeugung, könnte es theoretisch zu einer Steigerung des BIP kommen, die jedoch keine wirkliche Wohlstandserhöhung widerspiegelt. Stattdessen könnte diese Steigerung lediglich durch die staatlichen Ausgaben in Bereichen wie Sozialleistungen, Beamtengehältern und Militärausgaben erzeugt werden.

Ein solches Szenario würde kurzfristig möglicherweise den Eindruck eines stabilen oder wachsenden BIP erwecken. Langfristig jedoch würde diese "Wirtschaft" auf einem instabilen Fundament beruhen, da sie keinerlei echte Wertschöpfung aus der Produktion von Gütern und Dienstleistungen erzielt. In einem solchen Fall könnte der Staat mit wachsender Staatsverschuldung und ohne ausreichende Mittel aus einer funktionierenden Wirtschaft in ernsthafte Finanzprobleme geraten. Das Ergebnis wäre, dass das Bruttoinlandsprodukt zwar durch die Staatsausgaben gestützt wird, der Staat aber in Wirklichkeit pleite ist.

Fazit: Ist die These korrekt?
Die Behauptung, dass es theoretisch möglich ist, dass das Bruttoinlandsprodukt der Bundesrepublik ohne echte Produktionskraft durch staatliche Ausgaben gesteigert werden könnte, ist nicht von der Hand zu weisen. Tatsächlich könnte ein solches Szenario, in dem öffentliche Ausgaben und Transferleistungen eine zunehmende Rolle spielen, das BIP kurzfristig stabil halten oder sogar steigern.

Jedoch würde dies auf lange Sicht zu einer unhaltbaren wirtschaftlichen Situation führen, in der der Staat zwar weiterhin große Ausgaben tätigt, aber nicht über die nötige wirtschaftliche Substanz verfügt, um diese Ausgaben langfristig zu finanzieren. In diesem Fall könnte es zu einer Verschuldungskrise kommen, die das Land in eine finanzielle Notlage stürzt, auch wenn das BIP auf dem Papier weiterhin eine gewisse Stabilität ausstrahlt.

Die These, dass der Staat durch seine Ausgaben das BIP kurzfristig stabil halten könnte, aber dies würde auf Dauer zu einer wirtschaftlichen Instabilität führen, die letztlich zu einer Pleite des Staates führen könnte, wenn keine echte Wertschöpfung mehr erfolgt.

Ein weiterer Blick auf die Struktur der Gesellschaft
In einem früheren Aufsatz habe ich die Struktur der deutschen Bevölkerung und ihre Verteilung im Staatsgefüge erläutert und aufgezeigt, dass etwa 13 Millionen Menschen in systemrelevanten Berufen tätig sind, die die Bereiche Essen, Trinken, Wohnen, Heizen, Kleidung, Gesundheit, Bildung und Infrastruktur abdecken. Neuere Schätzungen gehen jedoch eher von etwa 10 Millionen aus.

Sollte die Zahl der in systemrelevanten Berufen Tätigen drastisch sinken, könnte das Bruttosozialprodukt zwar kurzfristig hoch bleiben, doch der Staat würde in seiner Funktionsfähigkeit zunehmend versagen. Ohne die Menschen, die für die grundlegenden Aufgaben wie die Versorgung der Bevölkerung, Sicherheit und Infrastruktur sorgen, könnte der Staat seine Aufgaben nicht mehr erfüllen. In einem solchen Fall würde der Staat "aufhören zu existieren", da er seine wichtigen Funktionen nicht mehr aufrechterhalten könnte, unabhängig von der Höhe des BIP.

Die Situation in Deutschland ist bereits angespannt, da es an qualifizierten Handwerkern mangelt. Grundlegende Handwerksleistungen wie Dachdeckungen, Heizungsinstallationen oder Reparaturen können häufig nicht rechtzeitig erbracht werden, was zu erheblichen Preissteigerungen führt. Diese Entwicklung überfordert insbesondere einkommensschwache Haushalte und Rentner. Besonders betroffen sind Rentner, die über Eigentum und Ersparnisse verfügen und ihren Lebensabend nach bestimmten Planungen verbringen wollten. Doch die explodierenden Kosten für Handwerkerleistungen machen es ihnen zunehmend unmöglich, ihre ursprünglichen Pläne umzusetzen.

Es könnte eines Tages so weit kommen, dass ein Rentner im Winter sein letztes Geld für eine Heizungsreparatur aufwenden muss, nur um dann festzustellen, dass er sich keine Nahrung mehr leisten kann.

Ein kurzfristiger Zuzug von Fachkräften, auch aus dem Ausland, mag vorübergehend eine Entlastung bringen. Doch die wahre Lösung liegt in einer nachhaltigen Fachkräftesicherung, die nicht auf ständigen Zuzug angewiesen ist, sondern darauf abzielt, die im Land lebenden Menschen so auszubilden und einzusetzen, dass die Gesellschaft aus den eigenen Ressourcen heraus die nötige Funktionsfähigkeit aufrechterhalten kann.

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