Ein Koalitionsvertrag – und viele unbeantwortete Fragen
Von MARTIN E. RENNER
Das Fell des Beutetiers ist aufgeteilt. Die „Schwarz-Rote-Kungelrunde“ hat die Ministerien unter sich aufgeteilt und einen Koalitionsvertrag präsentiert. Und wie nicht anders erwartet, läuft einem bei der Durchsicht der einzelnen Punkte ein kalter Schauer über den Rücken.
Sämtliche Wahlversprechen der Union haben sich als Sturm im Wasserglas entpuppt. So liest sich die „Rückführungsoffensive“ für illegale Migranten wie das einstige „Doppel-Wumms“-Versprechen von Olaf Scholz, dem Vergesslichen.
Solange noch Charterflüge aus Afghanistan hier landen und kaum welche vollbesetzt nach dorthin abheben, ist das Vorhaben nicht das Papier wert, auf dem es geschrieben steht.
Das „Verramschen“ des deutschen Passes wird weitergehen
An der Reduzierung der Wartefrist für Einbürgerungen von acht auf fünf Jahre und an der Erlaubnis für den Doppelpass will man weiter festhalten.
Was das bedeutet, wissen wir: wer einen deutschen Pass hat, kann nicht mehr abgeschoben werden.
Altersarmut statt eines sorgenfreien Ruhestandes
Wer sein ganzes Leben lang gearbeitet hat, der muss trotzdem Angst haben, mit dem Renteneintritt in die Altersarmut zu schlittern. Das Rentenniveau in Deutschland liegt aktuell bei mickrigen 48 Prozent. Nichts, worauf die vergangenen Regierungen stolz sein könnten.
Nicht jeder Rentner wohnt im abbezahlten Eigenheim und kann sich auf seinem Ersparten ausruhen. Die Realität vieler alter Menschen in Deutschland sieht so aus, dass jeder Euro dreimal umgedreht werden muss, damit es auch am Monatsende noch für einen Laib Brot reicht.
Dass es auch anders geht, zeigt unser Nachbarland Österreich. Hier liegt das Rentenniveau bei fast 78 Prozent. In Zahlen sind das durchschnittlich 500 Euro mehr als „hier im besten Deutschland aller Zeiten“. Hierzulande gehört es leider schon zum Stadtbild dazu, wenn betagte Menschen, die während ihrer Erwerbszeit immer fleißig waren, im Müll nach Pfandflaschen wühlen müssen.
Jetzt hat die neue „GroKo-Desaster-Koalition“ angekündigt, dass sie das Rentenniveau in Deutschland bis zum Jahr 2031 bei 48 Prozent abzusichern beabsichtige. Aber, Vorsicht und Obacht: alles dies wird unter den „Finanzierungsvorbehalt“ gestellt.
Klingbeil hat schon deutlich gemacht: „Vieles in diesem Vertrag steht unter dem Finanzierungsvorbehalt.“
Es gibt in diesem Koalitionsvertrag nur vereinzelt deutliche Festlegungen, wo steht: „Wir werden!“ Zumeist steht da: „Wir wollen.“
Es wird also schon im Vorfeld relativiert. Gezielte und erwartbare Wortbrüche sollen nicht schon zu Beginn allzu sehr auffallen.
Geld und Schutz für regierungsnahe Medien
Der Koalitionsvertrag schleppt sich von einer inhaltsleeren Floskel zur anderen. Und dann wieder zu Punkten, die nicht als Versprechen, sondern sogar als Drohung aufgefasst werden können, nein, müssen.
Unter dem Programmpunkt „Medienvielfalt stärken – Meinungsfreiheit sichern“ kündigt diese unheilige Allianz aus Union und SPD an, eine „Abgabe für Online-Plattformen“ prüfen zu wollen. Konkret kann dies bedeuten, dass es eine Art Rundfunkgebühr für soziale Medien geben könnte. Der „GEZ-Beitragsservice oder die Demokratieabgabe“ lassen grüßen.
Da dort eine Vielzahl an Artikeln oder Videos anderer Medien gepostet und geteilt werden, will der Staat zukünftig wohl auch bei den sozialen Medien Geld abgreifen. „Die Erlöse sollen dem Medienstandort zugutekommen“ schreibt Schwarz-Rot.
Was in der Realität nichts anderes bedeutet als noch mehr Steuern für den „kleinen Mann“ und noch mehr Geld für die öffentlich-rechtlichen Anstalten, die ihre Halbwertzeit schon längst überschritten haben und ohne den staatlich erzwungenen Futtertrog schon längst verhungert wären.
Die Erosion der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ist der Anfang vom Ende
Eines der ersten Anzeichen für die Erosion von Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit wird durch die Gleichschaltung der Medien – auch als Haltungsjournalismus „schöngeschwätzt“ – verdeutlicht. Begleitet von Zensur und der schrittweisen Abschaffung der Meinungsfreiheit.
Die kommende Regierung will „einen intensiveren Diskurs über Medien“. Was das für die sogenannten alternativen Medien bedeutet, die tagtäglich für eine objektive Informationskultur und Meinungsfreiheit kämpfen, liegt auf der Hand: Diffamierung des unabhängigen Journalismus und letztendlich die Kriminalisierung der alternativen Medien.
Von PI-News über Compact, Reitschuster, Achse des Guten, Tichys Einblick oder ganz aktuell im Fall von Deutschland-Kurier, wo der Herausgeber und Chefredakteur wegen eines satirischen Memes zu einer siebenmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt wurde.
Merz und seine Konsorten machen keinen Hehl daraus, was ihre Agenda ist. Sie wollen „relevante Institutionen stärken“ und „im Sinne der flächendeckenden Versorgung mit journalistischen Angeboten“ und „mit Blick auf die Gemeinnützigkeit Rechtssicherheit“ schaffen.
Doch auch diese kryptischen Formulierungen besagen nichts anderes, als dass regierungsnahe, regierungstreue und vor allem regierungsunkritische Medien weiterhin auf Rechtssicherheit hoffen können und gleichzeitig schön mit Steuergeldern alimentiert werden.
Und wieder einmal grüßt der Digital Services Act
„Der Digital Services Act (DSA) muss stringent umgesetzt und weiterentwickelt werden“ kündigt der Koalitionsvertrag an.
Was man nicht reingeschrieben hat, ist, dass der DSA ein Maulkorb für unsere Meinungsfreiheit und Cancel Culture in Reinkultur ist. Alles was nicht auf Regierungslinie ist, kann mit diesem ruchlosen EU-Gesetz als „Desinformation“ eingestuft und folglich als „Gefahrenquelle“ definiert werden können.
Eine offene gesellschaftliche Debatte wird damit im Keim erstickt. Sieht so etwa Demokratie aus? Das ist „1984“ von George Orwell und nicht das freiheitlich-demokratische-rechtsstaatliche Europa der Nationalstaaten im 21. Jahrhundert. Denn auch hier gilt das „Paradoxon der Demokratie“: Wer Informationen regulieren will, hat sich bereits als demokratiefeindlich entlarvt.
Wer lügt, fürchtet die Wahrheit – und so ist es kaum verwunderlich, dass die Regierung alles daransetzt, zu definieren, was als wahr zu gelten hat und was nicht.
Doch anstatt vor der eigenen Haustür zu kehren und einzugestehen, dass man im Wahlkampf das Blaue vom Himmel herabgelogen und versprochen hat, wird lieber auf primitivste Weise abgelenkt.
Nicht das eigene politische Verhalten sei schuld an den Wahlergebnissen, sondern: „Die gezielte Einflussnahme auf Wahlen, sowie inzwischen alltägliche Desinformation und Fake News sind ernste Bedrohungen für unsere Demokratie.“ Und so beschließt man kurzerhand, dass die „bewusste Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen“ künftig nicht mehr durch die Meinungsfreiheit gedeckt sei.
Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass ausgerechnet diejenigen, die sehr kreativ die Wahrheit zur Lüge und die Lüge zur Wahrheit umdeuten, noch immer behaupten können, dass sie die Wahrheit schützen wollen.
Der frühere Bundeskanzler war der alles Vergessende. Der „BK in spe“ ist der „Baron von LUG und TRUG“
Wir alle haben – schon vor der Vereidigung von Friedrich Merz zum 10. Kanzler der Bundesrepublik – gelernt: Auf ihn ist wahrlich kein Verlass. Er dreht seine Lügen in seine eigene wirkliche und einzige Wahrheit um, schon, wenn er den Raum noch nicht ganz verlassen hat.
Und es gelten in Deutschland immer noch – auch im Politischen – die abendländischen, christlichen Werte und die ethischen Bedingungen der Conditio humana:
- „Ein Mann ist nur so viel Wert wie sein Wort.“
- „Ehrliche und offene Menschen verlieren vieles, aber niemals ihr Gesicht.“
- „Ehrlichkeit ist was für starke Menschen. Die Schwachen wählen die Lüge.“
- „Ehrlichkeit ist, wenn Worte und Taten im Einklang schwingen.“
(pi-news.net)