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Merz-Dilemma

Merz geht stärker ins Risiko als der Bayernschlawiner

Von WOLFGANG PRABEL*

Als sich die grünelitistische Süddeutsche Zeitung – vulgo die „Alpenprawda“ – wegen eines von ihm nicht hergestellten delikaten Flugblatts von Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger distanzierte, blieb der Herr Ministerpräsident vorsichtig nach allen Seiten. Er tat sein Missfallen kund, lud den Angeprangerten vor, befragte ihn in seiner Disziplinarkammer streng, ließ ihn ein bisschen zappeln und tat dann doch nicht den entscheidenden Schritt: ihn aus dem Kabinett auszustallen. „In der Gesamtabwägung (…) wäre eine Entlassung aus dem Amt aus meiner Sicht nicht verhältnismäßig“, so der Söder.

Da mag ihm geschwant haben, dass die Landeskinder doch nicht so vom Rumschleimen angetan sind und es gut finden könnten, wenn in grauer Vorzeit jemand aus der Aiwanger-Family „den größten Landesverräter“ suchte. Die CSU ist aus der Geschichte mit plusminus Null noch einigermaßen heil rausgekommen, für die Freien Wähler und die AfD war die Landtagswahl ein schöner Erfolg. Für die Hinterfrauen der Denunzianten dagegen ging die Wahl schief, man sollte ihnen danken.

Nun steht Friedrich Merz vor demselben Dilemma, wie der republikanische Bayernkini, ohne aus der Aiwangerschen Schweinestall-Kabale gelernt zu haben. Nur dieses Mal ist nicht die SZ der Skandalisator, sondern Correktiv. Es geht um ein Meeting, auf dem es wohl um die rechtssichere Ausschaffung unliebsamer Eindringlinge ging, und bei dem auch Mitglieder der Werteunion eingeladen waren. Glaubt man der WELT, so reagiert die CDU-Führung scharf – und droht mit Folgen für den unionsnahen Verein.

„Je mehr Informationen über das Treffen der AfD mit rechtsextremen Vordenkern ans Licht kommt (ich lass den Kongruenzfehler des CDU-Funktionärs mal so stehen), desto schockierender sind die Erkenntnisse“, sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann WELT. „Diese Deportationen auch von deutschen Staatsbürgern, über die hier de facto gesprochen wird, sind menschenverachtend, geschichtsvergessen und einfach ekelhaft. Sie zeigen, welcher Geist in Reihen der AfD lebt und wie sehr diese Partei sich vom Boden des Grundgesetzes und von unserer Rechts- und Werteordnung entfernt“, so Linnemann.

Ein CDU-Mitglied, das nach eigener Aussage an dem Treffen teilgenommen hatte, war der Jurist Ulrich Vosgerau. Er verteidigte seine Teilnahme am Donnerstag. Bezogen auf den langjährigen früheren Anführer der österreichischen Identitären Bewegung, Martin Sellner, der in Potsdam dem „Correctiv“-Bericht zufolge auch die „Remigration“ von Deutschen mit Migrationshintergrund vorschlug, sagte Vosgerau: „Ich hatte gehört, dass der Martin Sellner persönlich ein angenehmer Typ sein soll, der nicht fanatisch wirkt. Also habe ich gerne die Gelegenheit wahrgenommen, ihn persönlich kennenzulernen.“

Angesichts des verbreiteten Unwillens weitere Antisemiten nach Deutschland hereinzulassen und der erschöpften Unterbringungskapazitäten für Asylanten hatte die CSU jüngst ein ähnliches Treffen wie in Potsdam im bayrischen Kloster Seeon arrangiert. Ein Thema in Seeon war die Flüchtlingsproblematik in Europa. Zunächst sprachen die CSU-Bundestagsabgeordneten mit Bulgariens Außenministerin Marija Gabriel über den Schutz der EU-Außengrenzen und danach über grundsätzliche Forderungen in der Asylpolitik, erklärte Landesgruppenchef Dobrindt. „Wir werben ebenfalls für einen Stopp der illegalen Migration und werben dafür, dass das europäische Asylsystem weiter reformiert werden muss“, stellte er klar.

Aus Sicht der CSU kann Deutschland hier von Dänemark lernen, dessen Integrationsminister ebenfalls Gast in Kloster Seeon war. Dänemark gilt als eines der erfolgreicheren europäischen Länder bei der Eindämmung illegaler Migration. Der zuständige Minister Kaare Dybvad Bek führte aus, warum: „Der erfolgreichste Ansatz, den wir in Dänemark verfolgen und den viele Länder, auch Deutschland, übernehmen könnten, ist eine effektivere Rückführung von Menschen ohne Aufenthaltsberechtigung.“

Der Schuss von Merz und Linnemann und ihre Anbiederung an das klamaukende Correktiv könnte nach hinten losgehen. Das geschmeidige Taktieren von Söder und Dobrindt liegt den beiden Saupreißen Merz und Linnemann offensichtlich nicht. Sie gehen wie die V1 auf die AfD und die Werteunion los, ohne die Wünsche der gestressten CDU-Exwähler zu bedenken, und derer, die sich gerade zwischen CDU und Werteunion entscheiden wollen. Man hält das angesichts der waltenden Grundstimmung im Land für nicht nur riskant, sondern geradezu selbstmörderisch.

Heinrich Heine, der mit langen dünnen Jungs irgendwie vertraut gewesen sein muss, witzelte über die PC seiner Zeit, die im Sauerland gerade wieder mal ausgebrochen ist:

Noch immer das hölzern pedantische Volk,
Noch immer ein rechter Winkel
In jeder Bewegung, und im Gesicht
Der eingefrorene Dünkel.

Sie stelzen noch immer so steif herum,
So kerzengrade geschniegelt,
Als hätten sie verschluckt den Stock
Womit man sie einst geprügelt.

Der Söder hat sich biegsam vor der SZ weggeduckt und seine Haut gerettet, die CDU macht vor Correktiv Männchen und hat viel zu verlieren. Es wird rauskommen, dass in Potsdam gar nichts schlimmes besprochen wurde und dann stehen die beiden Ladestöcke Merz und Linnemann wie die Blödel da,

Correktiv wird mit Zuwendungen von mindestens 100.000 Euro vom Omidyar Network, der Schöpflin Stiftung, Google, der Adessium Foundation, der Rudolf Augstein Stiftung, den Open Society Foundations, der Bundeszentrale für politische Bildung, der Deutschen Telekom, der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen, der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur, der Stiftung Mercator, der RAG-Stiftung, der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen, Facebook und der Cassiopeia Foundation bedacht. Das sagt eigentlich alles.

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Viel‘ Klagen hör‘ ich oft erheben vom Hochmut, den der Große übt; Der Großen Hochmut wird sich geben, wenn uns’re Kriecherei sich gibt.“ (Gottfried August Bürger)
*Im Original erschienen auf prabelsblog.de
(pi-news.net)

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