Lasst nicht zu, dass sich Ethnopluralisten die AfD zur Beute machen!
Von Rainer Buck
Der Ausgangspunkt für die nachfolgenden Gedanken war ein Kommentar, den ich zu einem Statement einer linksliberalen Journalistin abgeben wollte. Es ging um Gegner unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, und ich wollte ihr den Rat geben, zu diesem Thema auch einmal Äußerungen aus dem eigenen politischen Lager kritisch unter die Lupe zu nehmen.
Das hätte mir zweifellos umgehend den Vorwurf des “Whataboutism” eingetragen, vermutlich wäre ich umgehend dem rechten Lager zugeordnet worden, und es wäre ermüdend [bis aussichtlos] gewesen, aus der Schublade wieder rauszukommen.
Selbstvergewisserung statt Auseinandersetzung mit der Realität
Deshalb will ich es einmal andersherum probieren und im Blog eines “rechten” Freundes meine Gedanken platzieren. Vielleicht bin ich bei “conservo” richtig, weil Michael van Laack zu den wenigen gehört, der auch einmal die üblichen Schablonen in den politischen Grabenkämpfen unseres Landes durchbricht und die “eigene Seite” kritisiert bzw. Formulierungen verwendet, die für “Rechte” untypisch sind. Und zwar in der Öffentlichkeit und in einem Medium, wo die Menschen mehr auf der Suche nach Selbstvergewisserung als nach Wahrheit sind.
Ich würde aber auch “conservo” ermutigen, stärker von den üblichen Mustern abzuweichen. In den nächsten Monaten werden wir vermutlich viel darüber diskutieren, ob die AfD eine Partei auf dem Boden unserer Verfassung ist. Ich teile die Auffassung, dass wir uns trotz des starken Aufschwungs der AfD in Wahlumfragen nicht in einer Situation wie am Ende der Weimarer Republik befinden. Zum einen wegen unseres föderalen Systems und der Gewaltenteilung, zum anderen auch, weil es dem Großteil der AfD und ihrer Anhänger nicht darum geht, die Demokratie aus den Angeln zu heben, sondern in ihrem Sinne wieder zu restaurieren. Ob [stets] mit den richtigen Ideen, darüber darf man geteilter Meinung sein.
Mut zur Distanzierung von Teilen des eigenen Milieus
Ich würde den Konservativen, die sich mit den Nazis in einen Topf geworfen sehen, den Rat geben, nicht nur zu beschwichtigen oder entsprechend selbst “auszuteilen”, sondern darauf zu achten, sich auch einmal in öffentlichen Verlautbarungen positiv von Rechtsradikalen abzuheben. Nicht nur durch Distanzierungen, sondern, in dem man eigene Marken setzt, die nicht unbedingt dem Links-rechts-Schablonendenken entsprechen. Es wird von den politischen Frontkämpfern auf der anderen Seite nicht gleich honoriert werden, aber es kann hier und da doch Fronten aufbrechen.
Ich unterstelle jedoch, dass zum Beispiel Sorgen wegen der derzeit unkontrolliert scheinenden Massenzuwanderung bei Wertkonservativen nicht auf Rassismus und Ausländerfeindlichkeit resultieren. Warum nicht auch einmal in diesen Kreisen hochhalten und sich vor Augen führen, wo unser Land durch Integration von Migranten in der Vergangenheit profitiert hat und in der Gegenwart profitiert. Das gilt gerade auch für diejenigen, die aus der Türkei als Gastarbeiter zu uns gekommen sind und sich in vieler Weise auch integriert hatten. Viele hatten auch nie Wert auf eine stark islamgeprägte Gesellschaft gelegt. Das darf man auch bei denen unterstellen, die sich vor politischer Verfolgung in Sicherheit bringen wollen.
Ethnopluralisten nicht die Deutungshoheit beim Thema “Remigration” überlassen
Und ich unterstelle auch, dass Wertkonservative nicht “Hurra” rufen, wenn sich Abschiebungen gegen Menschen richten, die hier einer ordentlichen Beschäftigung nachgehen, als Christen oder Jesiden in muslimisch geprägte Länder zurückgeführt werden sollen oder wenn Schulkinder Angst haben müssen, mitten in der Nacht aus einer vertrauten Umgebung herausgerissen zu werden und in ein Land sollen, das ihnen fremd ist. Auch Handwerksbetriebe, Krankenhäuser und Pflegeheime wären ohne Mitarbeiter mit Migrationshintergrund aufgeschmissen.
Natürlich muss man Ausländerkriminalität und Gefahren durch Islamismus und illegale Einwanderung auch anprangern können, ohne jedes Mal selbst einen Kontrapunkt zu setzen, aber es würde Fronten aufweichen, würden positive Aspekte der Migration gelegentlich auch mal von Konservativen angesprochen.
Ein kluger Freund hat einmal darauf hingewiesen, dass es wesentlich wirkungsvoller wäre, würde bezüglich Fehlaussagen und Verwirrungen zuerst vor der eigenen Tür gekehrt als beim politischen Gegner. Es scheint zwar erfolgversprechender im politischen Diskurs, vornehmlich auszuteilen, aber vielleicht brächte es manchmal mehr, den Gegner zu entwaffnen. Das würde die Glaubwürdigkeit stärken und Lernbereitschaft signalisieren.
(conservo.blog)