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Peter Boehringer:

Ein Wort zum Grundgesetz von 1948/49

Von PETER BOEHRINGER*

Heute für mich eine gerne wahrgenommene Pflichtveranstaltung als Bundestagsabgeordneter ebenso wie als Bundesvorstand der Rechtsstaatspartei „Alternative für Deutschland“: der Festakt anlässlich des 75. Jahrestags des Verfassungskonvents Herrenchiemsee von August 1948, dessen Vorarbeiten dann am 8. Mai 1949 schließlich zur westdeutschen Staatsgründung mit dem Grundgesetz als Rechtsrahmen führten.

Nachdem die Westalliierten im Frühjahr 1948 die Gründung der späteren Bundesrepublik Deutschland beschlossen und im Juli 1948 die Ministerpräsidenten der (West-)Länder zu dieser Gründung ermächtigt hatten, erarbeiteten dann ab dem 10. August 1948 in Bayern etwa 30 Staatsrechtler und einige Politiker im Auftrag der Bundesländer die westdeutsche Verfassung. […]

Bevor nun wieder 1000 Zuschriften zum Terminus „Verfassung“ bzw. „Grundgesetz“ kommen: Die Lage, in der die deutschen Juristen und Politiker damals waren, umschrieb historisch und aktuell immer noch lesenswert Carlo Schmid (SPD) in seiner berühmten Rede vor dem Parlamentarischen Rat dann am 8. September 1948. Dass Carlo Schmid für seine freiheitlich-nationalstaatlichen Feststellungen heute sofort aus der SPD flöge und für einzelne staatsrechtliche Sätze unter Umständen sogar angeklagt würde, ist durchaus bemerkenswert, tut heute hier aber nichts zur Sache.

Persönlich bin ich Pragmatiker: Wäre das Grundgesetz seit 1949 nicht über 60 mal umgeschrieben oder erweitert worden, so wäre es heute eine der weltbesten Verfassungen. Doch noch immer ist es ein sehr gutes Grundgesetz, das wir seit 1990 selbstredend trotz einiger Mankos (die wir allesamt kennen – das schon prophylaktisch an Zuschreiber aus gewissen Ecken) auch als gesamtdeutsche Verfassung anerkennen. Einige „Modernisierungen“ seit 1949 waren zwar eher unnötig bis schädlich und wären bei Volksabstimmungen dazu sicher nicht durchgegangen. Trotzdem ist auch das heutige Grundgesetz speziell in den Artikeln eins bis 20 ein auf individuellen Bürgerrechten aufbauendes tolles Rechtswerk.

Lediglich einige sehr „moderne“, „bunte“ und zum Teil parteipolitisch geprägte Verfassungsrichter legen die Artikel des GG ab und an „kreativ“, viel zu weitgehend oder auch dem politischen Zeitgeist gehorchend zum Teil bedenklich aus, was bei einigen „progressiv-kollektivistisch-unkonkret“ formulierten „Gummi“-Artikeln wie etwa Art. 20a von 2002 leider viel zu einfach ist. Was aber weder die Schuld der Verfasser des GG von 1948/49 noch des BVerfG in toto ist. Eine Verfassung kann niemals alles regeln. Es sind oftmals eher Richterrecht und „das Nähere regelnde“ Einfachgesetze, die den nationalen, individuell-liberalen freiheitlichen Geist von 1948/49 heute ab und zu verdecken und manchmal geradezu grotesk ins Gegenteil verkehren. Linke Plan- und Kollektivideologie beginnt unterhalb der Verfassungsebene alles was Recht(s) ist leider zunehmend zu bedrängen. […]

Mein Fazit: Respektieren und wertschätzen wir das Grundgesetz – was legitime Kritik an einzelnen Urteilen wegen Falschauslegung des GG im Einzelfall nicht ausschließt. Andere Nationen haben auch keine bessere, freiheitlichere Verfassung. Der Wortlaut des GG von 1949 war der einer sehr guten Verfassung. Es liegt an uns, dem Souverän, was innerhalb des Rechtsrahmens des GG aus unserer Gesellschaft gemacht werden kann. Wichtiger als das ohnehin unmögliche Heilen einzelner historischer Probleme von 1948/49 ist darum die Gegenwart: Der Souverän nimmt sich seine Souveränität im Rahmen des Rechts. Das umfasst auch das Wahlrecht. Souveränität erlangt ein Volk, das diejenigen Parteien an die Regierung wählt, die noch an einen souveränen Nationalstaat glauben und dafür kämpfen. In Deutschland gibt es davon nur noch eine einzige.
*Im Original erschienen auf pboehringer.de
(pi-news.net)

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