Nicht Menge, sondern Qualität der Migration und Struktur des Bildungssystems entscheidend
Von David Cohnen
Die Entwicklung des durchschnittlichen Intelligenzquotienten (IQ) in Deutschland lässt sich nur ungefähr bestimmen, da die Datenlage begrenzt ist und die zugrunde liegenden Studien methodisch unterschiedlich sind. Dennoch zeigen sich einige klare Trends. Zwischen 1971 und 2007 stieg die kristalline Intelligenz - also wissen- und erfahrungsbasierte Fähigkeiten - um rund 3,5 Punkte pro Jahrzehnt, ein klassischer Flynn-Effekt, der auch in anderen westlichen Ländern beobachtet wurde. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch eine Umkehr dieses Trends: Von 2012 bis 2022 ging die figural-räumliche, also fluide Intelligenz, um etwa 4,7 bis 5,2 Punkte pro Jahrzehnt zurück. Für 2023 wurde der durchschnittliche IQ in Deutschland mit etwa 100,7 Punkten angegeben.
Der Flynn-Effekt, der bis Ende des 20. Jahrhunderts den Anstieg der IQ-Werte erklärt, wird vor allem auf verbesserte Bildung, Ernährung und Gesundheitsversorgung zurückgeführt. Dass sich dieser Trend inzwischen abschwächt oder umkehrt, deutet auf tiefere gesellschaftliche Veränderungen hin. Besonders bei der fluiden Intelligenz zeigen sich moderate Rückgänge, die jedoch nicht bedeuten, dass Menschen insgesamt "dümmer" werden. Unterschiede in Testnormen, Testarten, Bildungswegen, kulturellen Einflüssen und demographischen Veränderungen spielen eine wesentliche Rolle.
Der absolute Durchschnittswert von 100 Punkten ist definitionsgemäß für ein Land wie Deutschland konstant, da die Testnormen regelmäßig angepasst werden. Maßgeblich ist daher die relative Position Deutschlands im internationalen Vergleich. Langfristig lag Deutschland leicht über dem globalen Durchschnitt. Auch 2023 befindet sich das Land mit einem IQ von etwa 100,7 im mittleren bis oberen Bereich, vergleichbar mit der Schweiz, Österreich oder den Niederlanden.
Allerdings zeigen aktuelle Analysen, dass der Rückgang der fluiden Intelligenz ein international verbreitetes Phänomen ist, das auch in Skandinavien, Großbritannien oder den USA zu beobachten ist. Studien deuten jedoch darauf hin, dass der Rückgang in Deutschland etwas stärker ausgeprägt sein könnte. Diskutierte Ursachen hierfür sind Veränderungen im Bildungssystem und in den Leistungsanforderungen, eine geringere Lesekompetenz und Konzentrationsfähigkeit, kulturelle und technologische Einflüsse wie Digitalisierung und Multitasking sowie die veränderte demografische Zusammensetzung der Bevölkerung.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Deutschland in den letzten rund 30 Jahren zunächst einen moderaten Anstieg der IQ-Werte erlebte, während seit etwa 2012 ein messbarer Rückgang vor allem in der fluiden Intelligenz zu beobachten ist. Damit spiegelt sich in Deutschland ein internationaler Trend wider, der auf eine allmähliche Abschwächung des früheren Flynn-Effekts hinweist.
IQ im internationalen Vergleich: Methodik, Entwicklungen und Trends
Die verfügbaren internationalen IQ-Schätzungen liefern nur Annäherungen, da verlässliche, einheitliche Zeitreihen für alle Länder fehlen. Viele "IQ-nach-Land"-Tabellen beruhen auf Aggregationen älterer Studien, Raven-Tests, PISA-/TIMSS-Daten oder Online-IQ-Plattformen. Historisch prägend war das Werk von Lynn & Vanhanen, später aktualisiert von Lynn & Becker, das jedoch, von einigen als methodisch unschlüssig angesehen wird. Neuere Aggregationen, etwa von Cognidna oder WorldPopulationReview, liefern Schätzungen für die 2020er-Jahre, wobei absolute Werte oft variieren.
Die folgenden Top-20-Ränge (geschätzter Mittelwert) geben die relative Position der führenden Nationen von 1995 bis 2025 wieder; die Zahlen dienen primär der Vergleichbarkeit, nicht der Messung individueller Intelligenz.
Top-20-Nationen nach geschätztem Durchschnitts-IQ (1995-2025, gerundet)
- Japan: 1995 ~106 2025 ~106,5
- Singapur: 1995 ~105 2025 ~106,6
- Taiwan: 1995 ~104 2025 ~106,5
- Hongkong: 1995 ~105 2025 ~105,4
- China: 1995 ~103 2025 ~104,1
- Südkorea: 1995 ~104 2025 ~102,3-102,4
- Finland: 1995 ~101 2025 ~101-101,6 (Cluster mit Belarus, Estland)
- Estland: ab 2010 ~100 2025 ~101-101,6
- Belarus: ab 2015 ~101,5 2025 ~101-101,6
- Niederlande: 1995 ~101 2025 ~100,7-100,8
- Deutschland: 1995 ~100 2025 ~100,6-100,7
- Schweiz: 1995 ~100 2025 ~100,5
- Liechtenstein: 2023-2025 ~101,1 (in manchen Listen Top-10)
- Schweden: 1995 ~100 2025 ~97-100 (quelleabhängig)
- Kanada: 1995 ~99 2025 ~99,5
- Österreich: 1995 ~99 2025 ~99-99,5
- UK: 1995 ~99 2025 ~99
- Belgien: 1995 ~99 2025 ~99
- Norwegen: 1995 ~99 2025 ~98,8
- Australien: 1995 ~99 2025 ~99
- USA: 1995 ~98 2025 ~97-99 (quelleabhängig)
- Frankreich: 1995 ~97 2025 ~96,7
- Neuseeland: 1995 ~98 2025 ~99
Analyse der Trends
- Ostasien: Japan, Singapur, Taiwan und Hongkong bleiben konstant an der Spitze.
- Europa: Länder wie Finnland, Niederlande, Schweiz und Deutschland bewegen sich meist in der mittleren Spitzengruppe (Rang 6-12). Deutschland hält stabil Werte knapp über 100.
- USA: Schwanken je nach Quelle zwischen oberen Mittelfeld und leicht darunter (Rang ~15-30).
- Allgemein: danach gibt es keine dramatischen Auf- oder Absteiger entwickelter Staaten über die letzten 30 Jahre; beobachtete Veränderungen werden oft als unterschiedlichen Datenquellen, Testtypen oder Anpassungen für den Flynn-Effekt interpretiert.
Methodische Hinweise
- Absolute Werte sind nicht präzise; entscheidend sind Rang-Tendenzen und relative Positionen.
- Verschiedene Tests, Korrekturen und Schätzmethoden können Rangplätze verändern. Historische Datensammlungen wie Lynn/Vanhanen waren prägend, aber neuere Internet-Aggregationen sind oft weniger transparent.
Die folgende Übersicht dient der Darstellung internationaler Tendenzen in der Intelligenzentwicklung und sollte als Orientierung verstanden werden, nicht als exakte Messung individueller Fähigkeiten.
Betrachtet man die Top-20-Länder nach durchschnittlichem IQ über die letzten Jahrzehnte, zeigt sich ein klares Muster in Bezug auf Migration: Fast keines dieser Länder wies über längere Zeiträume eine dauerhaft sehr geringe Migration auf, mit den markanten Ausnahmen Japan und China.
Japan hat einen Anteil im Ausland Geborener von etwa 2-3% und verfolgt eine sehr restriktive Migrationspolitik mit stark regulierter Zuwanderung sowie hohen kulturellen und sprachlichen Eintrittsbarrieren. China liegt unter 1%, wobei die geringe Migration auf die staatliche Struktur zurückzuführen ist. Beide Länder rekrutierten ihre Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten nahezu ausschließlich aus der eigenen demografischen Basis. Südkorea liegt ähnlich niedrig bei etwa 3-4%, zeigt aber in jüngerer Zeit leichte Öffnungen, etwa für Arbeitskräfte aus Südostasien. Taiwan liegt bei rund 3-5% und beschränkt Migration weitgehend auf kontrollierte Arbeitsmigration.
Andere ostasiatische Spitzenländer unterscheiden sich deutlich: Singapur weist einen Anteil im Ausland Geborener von etwa 40%, wobei die Zuwanderung streng selektiv nach Qualifikation erfolgt. Hongkong liegt ähnlich hoch bei 35-40%, überwiegend aus China.
In Europa und Nordamerika liegt der Anteil im Ausland Geborener meist zwischen 8% und 30%. Finnland stieg von unter 3% früher auf etwa 8-9%. Deutschland erreicht heute 18-20% (in dieser Darstellung), die Schweiz rund 30% - beide Länder weisen hohe Migration auf, bei der Schweiz stark selektiv auf qualifizierte Arbeitskräfte. Niederlande, Schweden, Norwegen, Kanada, Australien und Neuseeland haben 15-30% Zuwanderer, überwiegend qualifiziert, während die USA bei etwa 15% liegen, inklusive hoher illegaler Zuwanderung. Frankreich, Belgien und das Vereinigte Königreich bewegen sich zwischen 15-20% und sind ebenfalls migrationsstark.
Zusammenfassend lassen sich die wichtigsten Tendenzen festhalten: Von den Top-20-Hoch-IQ-Ländern weisen Japan und China dauerhaft sehr geringe Migration auf, Südkorea und Taiwan nur leicht höhere Anteile. Andere Top-Nationen sind entweder stark einwanderungsgeprägt oder betreiben selektive Migration. Letztlich zeigt sich, dass Migration allein keine IQ-Werte erklärt; entscheidend sind Bildung, Selektionskriterien und gesellschaftliche Integration.

Die grafische Darstellung zeigt den durchschnittlichen IQ der Länder als blaue Balken und den Migrationsanteil in Prozent als rote Linie. Auf den ersten Blick lässt sich erkennen, dass Länder mit sehr geringer Migration - insbesondere China, Japan, Südkorea und Taiwan - im oberen IQ-Bereich liegen. Länder mit hoher Migration, wie Singapur, Schweiz, Kanada oder Australien, zeigen ebenfalls hohe IQ-Werte, was zunächst den Eindruck erwecken könnte, dass Migration den Durchschnitts-IQ nicht senkt.
Eine genauere Betrachtung zeigt jedoch, dass diese Interpretation stark verzerrt ist, da die rote Linie lediglich den Migrationsanteil insgesamt abbildet, ohne die Qualität oder Selektivität der Migranten zu berücksichtigen. In Singapur und Hongkong stammen viele Migranten aus den gleichen Ethnien, wodurch die Diversität im IQ gering bleibt. Kanada und Australien verfolgen gezielt die Anwerbung gut ausgebildeter, hochqualifizierter Migranten, während die Schweiz einen hohen Anteil von Zuwanderern mit tertiärer Ausbildung aufweist - 2020 hatten etwa 61% der neu Zugewanderten eine Hochschulausbildung, in Regionen wie Zürich, Zug oder Basel sogar bis zu 75%. Damit ist die Migration in diesen Ländern selektiv gesteuert oder ethnisch homogen und beeinflusst den Durchschnitts-IQ nicht negativ.
Unter Berücksichtigung dieser Faktoren verschwindet der negative Zusammenhang zwischen Migration und IQ weitgehend. Länder mit sehr geringer Migration wie China, Japan, Südkorea und Taiwan erreichen hohe IQ-Werte aufgrund der demografischen Stabilität und eines leistungsorientierten Bildungssystems. Länder mit hoher, aber selektiv gesteuerter Migration - Singapur, Hongkong, Kanada, Australien und die Schweiz - erreichen ebenfalls hohe Werte, wobei der Erfolg hier maßgeblich auf gezielte Zuwanderung und hochwertige Bildungssysteme zurückzuführen ist.
Für eine realistischere Darstellung müsste die rote Linie für Länder mit selektiver oder ethnisch homogener Migration auf null gesetzt werden. So würde sichtbar, dass Migration an sich den IQ nicht senkt, sondern nur unkontrollierte, heterogene Migration möglicherweise Einfluss haben könnte. Die korrekte Interpretation lautet daher: Nicht die Menge der Migration, sondern die Qualität der Migration und die Struktur des Bildungssystems sind entscheidend für den durchschnittlichen IQ einer Nation.

Erläuterungen zur Darstellung:
- Blaue Balken: Durchschnittlicher IQ der Länder (höchster IQ links, absteigend nach rechts).
- Rote Linie: Migrationsanteil. Länder mit selektiver oder ethnisch homogener Migration (Singapur, Hongkong, Schweiz, Kanada, Australien) wurden auf 0% gesetzt.
- Die Grafik zeigt deutlich: Migration senkt den IQ - wenn nicht auf die Qualität der Zuwanderung Einfluss genommen wird.
Die bisherige Migration nach Deutschland ist nicht selektiv gesteuert, weshalb ein hoher Anteil der Kinder von Migranten die schulischen Mindeststandards nicht erreicht - teilweise 30%, in bestimmten Fächern sogar bis zu 60%. Diese Werte liegen weit über dem, was bei einer normalverteilten Leistungsfähigkeit ("Gauß'sche Glocke" 2%)

zu erwarten wäre, und führen dazu, dass die Grundlage für die Ausbildung zukünftiger Fachkräfte fehlt. Ohne diese Basis drohen langfristig ein Rückgang des Bildungsniveaus, Facharbeitermangel und wirtschaftliche Minderleistungen in Deutschland. Vor diesem Hintergrund wirkt die aktuelle Migration, gemessen an Bildung und kognitiven Fähigkeiten, potenziell negativ auf die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung des Landes.
