Ukraine in die Nato, Russland entwaffnen
Von WOLFGANG HÜBNER
Nur ganz wenigen Deutschen werden die Namen Dr. Margarete Klein und Dr. Claudia Major etwas sagen. Beide Frauen leiten Abteilungen der in Berlin ansässigen „Denkfabrik“ der Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP). Auch die Existenz dieser Stiftung, über deren Geschichte noch einiges zu sagen ist, dürfte dem Großteil der Öffentlichkeit eher unbekannt sein. Das gilt es zu ändern. Denn Klein und Major sowie ihr Institut nehmen einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die deutsche Politik. Schließlich ist die SWP nicht nur die größte politische „Denkfabrik“ im Land, sondern ihre Stellungnahmen und Expertisen werden von Entscheidungsträgern und den Medien sehr beachtet und können realpolitisch durchaus befolgt werden.
Das trifft gewiss auch auf die neue Studie von Klein/Major mit dem Titel „Dauerhafte Sicherheit für die Ukraine“ zu. Und die hat es in sich: Denn die beiden Frauen fordern „im deutschen Interesse“ die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine. Dabei ist das eine für die Sicherheit Europas, damit auch Deutschlands, hochgefährliche Forderung. Russland hat schließlich mehr als einmal deutlich gemacht, keine NATO-Macht Ukraine im Unterleib seines europäischen Territoriums akzeptieren zu wollen. Schließlich ist dieses Problem der Kern des aktuellen Kriegsgeschehens. In ihrer Studie zeigen Klein/Major drei Optionen für die künftige Sicherheit der Ukraine auf: Erstens allen Ernstes die „Demilitarisierung“ Russlands. Hierzu schreiben Klein/Major: „Dafür sind ein Regimewechsel und eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der hegemonialen Vergangenheit unumgänglich. Aber selbst dann könnte sich die Ukraine nur bei einer gleichzeitigen Denuklearisierung des russischen Militärpotentials sicher fühlen.“
Die zweite Option sehen die SWP-Strateginnen in einer Atombewaffnung der Ukraine, in dem diese „ihr Abschreckungspotential durch eine unilaterale Nuklearisierung stärkt, das heißt entweder ein Atomwaffenarsenal aufbaut oder mittels einer Ankündigung Druck erzeugt.“ Immerhin erkennen selbst Klein/Major: „Eine Demilitarisierung ist zurzeit unrealistisch, eine Renuklearisierung nicht wünschenswert“. Also bleibt nach ihrer Meinung nur die dritte Option, nämlich die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine. Eher drohend als warnend schreiben die beiden SWP-Frauen: „Sollten die Alliierten ihr diese Perspektive nicht aufzeigen, könnte sie (die Ukraine) über andere Wege versuchen, ihre Sicherheit zu gewährleisten, beispielsweise eine Renuklearisierung.“
Der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Betrachtung von Klein/Major ist bewusst gewählt: Nächste Woche beginnt der NATO-Gipfel, auf dem das Thema der Mitgliedschaft der Ukraine das brisanteste sein wird. Dass diese Mitgliedschaft nicht im Interesse Deutschlands sein kann, ist klar: Unweigerlich würde eher über kurz oder lang auch Berlin in einen verheerenden Krieg schlittern, ganz im Sinne des bedrängten Regimes in Kiew. Sind die ersten beiden Optionen für die Sicherheit der Ukraine entweder größenwahnsinnig (Russland besiegen) oder unverantwortlich (Ukraine atomar bewaffnen), ist auch die dritte Option mit dem NATO-Beitritt letztlich eine Kriegsvariante. Es sind äußerst gefährliche Frauen, die solches vorschlagen.
Margarete Klein und Claudia Major bewegen sich mit ihrem fragwürdigen Vorschlag allerdings durchaus in der Tradition der 1965 gegründeten Stiftung bürgerlichen Rechts für Wissenschaft und Politik: Denn die Gründung der SWP geht auf eine Initiative des Bundesnachrichtendienstes (BND) zurück. Deren Mitarbeiter Klaus Ritter war während der Nazi-Diktatur Mitglied des militärischen Nachrichtendienstes Fremde Heere Ost, nach dem Krieg Gründungsmitglied der „Organisation Gehlen“, aus der der BND hervorging. Bis 1988 war Ritter dann langjähriger Direktor der Stiftung, die einen eigenen Haushaltsposten im Bundeskanzleramt hat. Gefallen wird die Klein/Major-Stellungnahme übrigens gewiss der US-hörigen grünen Außenministerin Baerbock. Sage noch einer, Frauen seien das friedlichere Geschlecht!
(pi-news.net)