Am 12. Mai 1965 nahmen Deutschland und Israel diplomatische Beziehungen auf.
Sechzig Jahre später blicken beide Länder auf eine außergewöhnliche Entwicklung zurück, die von Versöhnung, wachsendem Vertrauen und gelebter Freundschaft geprägt ist.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Israels Präsident Isaac Herzog begehen gemeinsam mit ihren Ehefrauen Elke Büdenbender und Michal Herzog einen historischen Doppelbesuch: Zum ersten Mal in der Geschichte besuchen beide Präsidentenpaare gemeinsam sowohl Deutschland als auch Israel. Das besondere Format steht für die Tiefe der Beziehungen und spiegelt die enge persönliche Verbindung beider Staatsoberhäupter wider.
Für Deutschland bleibt die Versöhnung mit dem Staat Israel ein historisches Geschenk und Anlass zu tiefer Dankbarkeit. Dass trotz der Shoah eine enge Partnerschaft entstehen konnte, ist keine Selbstverständlichkeit. Es ist ein Zeichen der Aussöhnung und eines gemeinsamen Willens zur Zusammenarbeit.
Mit großem Respekt blickt Deutschland auf das, was der Staat Israel seit seiner Gründung erreicht hat – als lebendige Demokratie und als vielfältige Gesellschaft.
Der Doppelbesuch fällt in eine Zeit großer Herausforderungen: Der Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 hat tiefe Spuren hinterlassen. Deutschland steht fest an der Seite Israels. Es bekräftigt das Recht Israels auf Selbstverteidigung bei gleichzeitiger Forderung nach Wahrung des Völkerrechts. Der Bundespräsident dringt auf die Freilassung aller Geiseln, zu denen auch deutsche Staatsbürger zählen. Er spricht sich zudem für den Schutz der Zivilbevölkerung im Gazastreifen und Zugang zu humanitärer Hilfe aus. Zugleich wirbt er für eine Zweistaatenlösung in enger Zusammenarbeit mit den arabischen Nachbarn und Golfstaaten.
Das Programm des Doppelbesuchs würdigt die gemeinsame Geschichte ebenso wie die Beziehungen in Politik, Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft.
In Berlin hat das Programm mit der Begrüßung des israelischen Präsidenten mit militärischen Ehren und der Begegnung der beiden Präsidentenpaare in Schloss Bellevue begonnen.
Im persönlichen Gespräch mit Präsident Herzog übermittelte der Bundespräsident seinen Dank für 60 Jahre Freundschaft zwischen Deutschland und Israel. Die Staatsoberhäupter sprachen außerdem über die aktuelle Lage in Gaza, die weiterhin verschleppten Geiseln, einen Waffenstillstand und die humanitäre Lage sowie über die Perspektive einer Zweistaatenlösung. "Dieser Besuch ist ein ganz besonderer! Vor genau 60 Jahren haben Israel und Deutschland diplomatische Beziehungen aufgenommen. Für uns Deutsche war das ein Geschenk, dass wir nach den Verheerungen des Zweiten Weltkriegs und des Zivilisationsbruchs der Shoah nicht erwarten durften", sagte Bundespräsident Steinmeier in einer anschließenden Pressekonferenz. "Lieber Freund, es gehört zur Freundschaft Sorgen mitzuteilen, darüber zu reden, so haben wir es immer gehalten in der Vergangenheit. In all den Jahren, die wir uns kennen. Deshalb ganz besonderen Dank heute für einen sehr offenen Austausch in schwieriger Zeit, auch über die Frage, wie wir Wege aus der Krise herausfinden."
Gemeinsam besuchten Elke Büdenbender und Michal Herzog das Haus der Wannseekonferenz – den Ort, an dem hochrangige Vertreter des NS-Regimes 1942 den Mord an Millionen von Jüdinnen und Juden geplant haben.
Bundespräsident Steinmeier und Präsident Herzog besuchten einen deutsch-israelischen Jugendkongress. Dies setzt ein starkes Zeichen für den generationenübergreifenden Dialog – gerade in diesem Jahr, in dem der deutsch-israelische Jugendaustausch sein 70-jähriges Bestehen begeht.
Die Jugendlichen aus beiden Staaten haben sich mit der Geschichte der Shoah auseinander gesetzt, aktuelle Herausforderungen disktutiert und sich über ihre Pläne für die Zukunft ausgetauscht.
Einen Moment des Innehaltens gab es beim Gedenken an die Opfer der Shoah am historischen Gleis 17. Das Mahnmal der Deutschen Bahn erinnert an die Deportation zehntausender Juden in die osteuropäischen Ghettos und Vernichtungslager.
Höhepunkt des Programms in Deutschland war ein festliches Abendessen im Schloss Bellevue.
Bundespräsident Steinmeier hat bei dem festlichen Abendessen zur Würdigung des 60-jährigen Jubiläums der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Israel unterstrichen: "Demut und Dankbarkeit bleiben maßgebend für unsere Beziehung, für alles, was wir einander sagen, wie wir miteinander umgehen, auch in schwerer Zeit wie heute."
Am Dienstagmorgen flogen beide Staatsoberhäupter von Berlin aus nach Israel. Präsident Herzog begrüßte den Bundespräsidenten dort mit militäischen Ehren am Flughafen.
In Israel begann das Programm am Dienstag in der Nationalbibliothek in Jerusalem, wo beide Präsidenten nach einer Führung die Skulptur „Letters of Light“ besichtigten. Die neue israelische Nationalbibliothek ist ein zentraler Ort des kulturellen Gedächtnisses. Sie bewahrt die weltweit größte Judaica-Sammlung, historische Schriften und Zeugnisse jüdischer wie islamischer Geschichte. Kurz nach dem 7. Oktober 2023 eröffnet, dokumentiert sie auch die Folgen des Terrorangriffs der Hamas.
Ein Austausch des Bundespräsidenten mit Intellektuellen thematisierte die aktuelle gesellschaftliche und politische Lage im Land.
"Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir dieses offene Gespräch heute haben führen können. Es zeigt, dass die Fragen, die wir uns stellen, auch Fragen sind, die innerhalb der israelischen Gesellschaft gestellt werden", sagte Bundespräsident Steinmeier im Anschluss an das Gespräch. Der Bundespräsident hat erneut die Bedeutung des Austauschs zwischen Deutschland und Israel hervorgehoben: "Gerade jetzt, in Zeiten, die schwierig sind für Israel, aber auch für die Freunde von Israel Fragen aufwerfen, gerade in solchen Zeiten muss man miteinander reden."
Auch in Jerusalem fand ein festliches Abendessen auf Einladung von Präsident Herzog statt. Der Bundespräsident wurde mit der Ehrenmedaille ausgezeichnet, der höchsten zivilen Auszeichnung, die der israelische Präsident verleiht.
Ein Besuch des Weizmann-Instituts verdeutlicht den Anteil des Wissenschaftsaustausches an der historischen Annäherung unserer Länder.
(bundespraesident.de/)