Kriegskanzler Merz?
Von MEINRAD MÜLLER
„Angst essen Seele auf“ – ein Satz, der hängen blieb. Fassbinders gleichnamiger Film aus dem Jahre 1970 zeigt, wie Angst wie ein Parasit wirkt, der das Innere auffrisst. In einem Satz wird unser mentaler Zustand beschrieben, wenn wir uns ängstigen. All unsere Energie richtet sich auf Gefahrenabwehr, und die Kraft, die wir für das Gute und Schöne brauchen, steht uns nicht mehr zur Verfügung.
Spräche uns in diesem Augenblick jemand an und böte angesichts des vor uns stehenden, die Zähne fletschenden Wolfes eine Lösung, wir würden diesem Rat folgen. 84 Millionen wurden und werden in diese Angst-Situation manipuliert. Es bedarf dazu keiner körperlichen Gewalt. Worte genügen. Worte sind Schläge. Sie lähmen, sie ängstigen. Instinktiv suchen wir nach einer Lösung, um uns aus der Bedrohung zu befreien.
„Wir sind nicht mehr im Frieden“
Mit diesem Satz schleudert Friedrich Merz eine verbale Granate ins Land (PI-NEWS berichtete). Kein Versprecher, keine Ungeschicklichkeit, sondern ein Schlag, der uns in der Seele trifft. Wer ihn hört, fühlt, wie die Normalität ins Wanken gerät. Plötzlich steht die Tür zum Krieg einen Spalt offen.
So wird Angst produziert. Nicht durch Fakten, sondern durch Formeln. Angst wirkt wie ein Dauerfeuer im Kopf. Sie nimmt uns die Freiheit des klaren Denkens und ersetzt sie durch das Zucken vor dem Unbekannten. Angst macht gefügig, Angst macht lenkbar.
Der Trick ist so alt wie durchsichtig
Man spricht vom „Spannungsfall“. Das klingt nach Paragraf, nach Verwaltung, beinahe harmlos. Doch in Wahrheit ist es nichts anderes als die schleichende Mobilmachung. Worte, die uns auf Krieg trimmen sollen, bevor überhaupt ein Schuss gefallen ist.
Merz und seine Leute wissen, wie das wirkt. Wer Angst hat, schweigt. Wer Angst hat, fragt nicht mehr nach explodierenden Preisen, nach Rentenkassen, nach Industrieflucht, nach Masseneinwanderung. Wer Angst hat, nimmt Eingriffe in sein Leben widerstandslos hin, die er im Zustand der Ruhe niemals akzeptieren würde.
Doch die Aufgabe eines Kanzlers ist nicht das Erzeugen von Panik. Seine Aufgabe ist es, Gelassenheit zu vermitteln, Zuversicht zu geben, Orientierung zu stiften. Wer stattdessen das Volk mit Schreckenssätzen traktiert, der führt nicht – der treibt.
Wenn Sprache zur Waffe wird…
Das aber ist der Kern der Gefahr: Wenn Sprache zur Waffe gemacht wird, verändert sich das Land, noch ehe auch nur ein Panzer rollt. Ein Kanzler, der sein Volk so in den Kriegszustand hineinquatscht, missbraucht sein Amt.
Friedrich Merz spielt Regisseur, nicht Regierungschef. Sein Genre heißt nicht Zukunft, nicht Hoffnung, nicht Frieden. Es heißt Horror. Und wer so inszeniert, hat im Kanzleramt nichts zu suchen.
Merz redet vom Krieg – und wer so redet, hat den Frieden längst aufgegeben.
(pi-news.net)