Wer kann die Folgen politischen Handelns aus eigener Urteilskraft bewerten?
Von Gastautor Hans Hofman-Reinecke
Sie würden gerne abschätzen, welche Auswirkung politische Entscheidungen für Sie persönlich haben? Unsere Regierenden vertrauen darauf, dass Sie dazu nicht in der Lage sind. Und das Schlimme ist, dass das meist zutrifft. Kaum jemand kann die Folgen politischen Handelns aus eigener Urteilskraft bewerten, denn alle wichtigen Themen haben irgendwie mit Zahlen zu tun, oft mit großen Zahlen. Mathematik aber spielt in unserem Alltag kaum eine Rolle, und so sind die Bürger leicht manipulierbar.
Deutschland unbewohnbar
Hier ein Beispiel: die Mehrheit der Deutschen erlag dem grünen Slogan „Atomkraft – nein danke“. Auf Plakaten sah man AKWs, aus deren Kühltürmen finsterer Rauch stieg; daneben eine Windmühle und eine freundliche Sonnenblume unter blauem Himmel. Da fiel die Wahl natürlich leicht.
Das Entscheidende aber war nicht abgebildet: Um ein AKW durch Windkraft zu ersetzen braucht man nicht etwa eine, sondern 2000 oder 3000 Windmühlen. Die waren auf dem Plakat nicht zu sehen. Auf so ein Bild hätte der Betrachter vielleicht anders reagiert: „Tausende von Windmühlen – Nein Danke“.
Aktuell ist die Rede von der Installation weiterer 30.000 Anlagen, die zusammen mit den 30.000 bereits vorhandenen angeblich nur 2% von Deutschlands Bodenfläche beanspruchen sollen. Stimmt das? Rechnen wir kurz nach: die Mühlen sollen mit 800 Meter Distanz von Turm zu Turm aufgestellt werden. Um jeden Turm zieht sich also ein Kreis von 400m Radius. Damit beansprucht jede Turbine etwa einen halben Quadratkilometer für sich.
(Sie erinnern sich? Die Kreisfläche ist R2 × π = 400 × 400 × 3,14 ≈ 500.000 m2 = ein halber Quadratkilometer. Genau genommen sind es übrigens 2 × 400 × 400 × √3 Quadratmeter pro Windmühle, aber das ist fast das Gleiche) .
Insgesamt kommt man also auf 30.000 Quadratkilometer für 60.000 Windmühlen.
Hessen und Rheinland-Pfalz geopfert
30.000 Quadratkilometer sind nicht, wie behauptet, 2% sondern über 8% von Deutschlands Grund und Boden, die hier unbewohnbar gemacht werden. Das ist die Größe des Bundeslandes Hessen. Und noch etwas: 18.000 Quadratkilometer wurden bereits für den Anbau der langweiligen Biosprit-Pflanzen geopfert – das entspricht Rheinland Pfalz. Wollten Sie das?
Hessen und Rheinland Pfalz auf dem Altar der Energiewende geopfert! Wie soll das weiter gehen? Wann wird ganz Deutschland unbewohnbar?
Vielleicht haben Sie es sich gespart obige kleine Rechnung nachzuvollziehen. Aber das wäre schade. Sie würden dann lediglich zu dem Schluss kommen: der Autor ist der Meinung, dass… Sie wären leicht beeinflussbar und jemand anderes könnte Ihnen dann eine andere Meinung verkaufen, etwa dass die Energiewende nicht mehr kostet, als eine Kugel Eis. Hätten Sie die Rechnung selbst nachvollzogen, so hätten Sie eine jetzt gesicherte Erkenntnis gewonnen: ja, das stimmt, oder nein, das stimmt nicht. Sie hätten jetzt Sicherheit.
Eine lange Perlenkette
Ein anderes Beispiel: die Konzentration von CO2 in der Luft ist seit 60 Jahren von ca. 315 ppm auf 420 ppm angestiegen. Was bedeutet das? Stellen Sie sich vor, die Luftteilchen wären wie bunte Perlen auf einer Kette aufgereiht, je Zentimeter eine Perle. Und stellen Sie sich vor, die CO2 Perlen wären schwarz. Wenn Sie diese Kette nun durch Ihre Hand gleiten ließen, so wie die Nornen das tun, dann würden Sie alle 24 Meter auf eine schwarze Perle stoßen. Damals wie heute sind diese Moleküle also extrem selten.
Es wird behauptet, die Zunahme der letzten Jahrzehnte würde primär durch den Verbrauch fossiler Brennstoffe verursacht, und es wird behauptet, dass diese Zunahme eine Erhöhung der globalen Temperatur zur Folge hätte, was wiederum das Leben auf unserem Planeten gefährdet.
Lassen wir dahingestellt, ob diese Behauptungen zutreffen oder nicht. Sicher ist jedenfalls Folgendes:
Es wurden internationale Vereinbarungen getroffen wurden, mit der Absicht, den Zuwachs an CO2 zu drosseln.
Die Bemühungen der Länder in dieser Hinsicht sind sehr unterschiedlich.
Egal wo das CO2 emittiert wird, er breitet sich über den Globus aus. Der befürchtete Klimawandel würde ein vorbildliches Land nicht weniger treffen als jedes andere auch.
Die von unserer Regierung umgesetzten Maßnahmen zum „Klimaschutz“ haben die deutschen CO2 Emissionen nicht reduziert, sie wurden teilweise ins Ausland verlagert.
Das ist aber irrelevant, denn Deutschlands Beitrag zum globalen CO2 Ausstoß beträgt nur 2%. Würde dieser Beitrag auf null reduziert (was natürlich unmöglich ist) dann würde der Effekt innerhalb von zwei Jahren durch wachsende Emissionen in China und Indien sofort kompensiert. Deutschlands Bemühungen sind also irrelevant.
Nicht irrelevant ist allerdings die Tatsache, dass die Maßnahmen zum Klimaschutz den Wohlstand, die Lebensqualität und die Schönheit des Landes in hohem Ausmaß und nachhaltig geschädigt haben, und dass geplant ist, diese Zerstörung fortzusetzen.
Auf das Weltklima hat dieser für unser Land fatale und extrem kostspielige Prozess keinen Einfluss. Um das zu erkennen braucht es nur etwas Prozentrechnung.
Das Training der Denkmuskeln
Warum lässt sich die Bevölkerung das gefallen? Das könnte zu tun haben mit dem Verlust an Vertrauen in die eigene Urteilskraft. Es ist der Mut verloren gegangen, sich in politischen Dingen des eigenen Verstandes zu bedienen. Und das könnte davon kommen, dass unsere Denkmuskeln immer weniger trainiert werden.
So wie Auto und Fahrstuhl das natürliche Training unseres Bewegungsapparats abgeschafft haben, so bringen es Navi und Taschenrechner mit sich, dass unsere Rechenmuskeln atrophieren. Nicht einmal beim Einkaufen müssen wir noch das Wechselgeld nachzählen, das Kärtchen macht alles. (Neulich beim Friseur kostete es 28 Euro. Ich gab der Dame an der Kasse zwei Zwanziger. Sie war ratlos. Ich sagte, mit €12 Wechselgeld wäre ich zufrieden. Aber sie suchte nach ihrem Taschenrechner, und bestätigte schließlich die 12, mit den Worten: Woher wussten Sie das?). Nicht einmal beim Scheiben brauchen wir noch nachzudenken, WhatsApp schlägt uns ja alles vor.
Kommen wir zurück zu „Atomkraft – nein danke“. Als die letzten drei AKWs kurz vor ihrer Abschaltung waren, da gab es einen Stimmungsumschwung und mehr als die Hälfte der Bevölkerung hätte einem befristeten Weiterbetrieb zugestimmt. Aber da war es zu spät. Man hätte nicht auf die hohen Strompreise und den Winter vor der Tür warten müssen, um zu sehen, wie das ausgeht.
Wie wär‘s wenn Sie das Thema Wärmepumpe für sich durchrechnen würden – ohne „Hilfe“ vom Heizungstechniker neben an? Was ist deren Wirkungsgrad, wenn‘s Nachts draußen 10° unter null hat? Und wo kommt der Strom dafür her, wenn der Wind in einer winterlichen Hochdruck-Wetterlage seit einigen Wochen schläft? Ist der dann auch „grün“?
Dieser Artikel erschien zuerst im Blog des Autors Think-Again. Sein Bestseller „Grün und Dumm“ ist bei Amazon erhältlich.
(vera-lengsfeld.de)