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Der gebeugte Rechtsstaat

- oder von der Wiederkehr des Unmenschlichen

Von Gastautor Ulrich Sauer

Am Buß-und Bettag hat der Bundesgerichtshof die Revision von Christian Dettmar, dem „Weimarer Maskenrichter“, verworfen und damit dessen Verurteilung wegen Rechtsbeugung rechtskräftig werden lassen. Zugleich hat es aber auch die Revision der Staatsanwaltschaft Erfurt verworfen und damit deren Versuch, den Richter hinter Gitter zu bringen, vereitelt. Nur diese Entscheidung soll und muss unter die Lupe genommen werden, schließt sie doch ein dunkles, von der Öffentlichkeit bisher kaum wahrgenommenes Kapitel in der deutschen Rechtsgeschichte ab.

Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft nach der Verurteilung des Richters „nur“ zu einer Bewährungsstrafe ist bemerkens- und besprechenswert.

Wer oder was hat die Staatsanwaltschaft getrieben, die vom Landgericht Erfurt verhängte Bewährungsstrafe im Wege der Revision anzugreifen, um den Richter hinter Gitter zu bringen? War doch schon die Bewährungsstrafe wegen der damit verbundenen Entfernung aus dem Richterdienst gleichbedeutend mit dem persönlichen Ruin. Also Strafe genug. War es deshalb geboten, einen schon Zerstörten zusätzlich noch auf eine Stufe mit Schwerverbrechern, wie Kinderschändern etwa, zu stellen? Selbst brutale Schläger halten inne, wenn ihr Opfer wehrlos am Boden liegt. Es fällt schwer, sachgerechte Motive zu entdecken.

Wie sicher waren wir doch, dass die in nicht geringem Umfang staatsgläubige Justiz des 3. Reichs mit z.T. depravierten, furchtbaren Juristen ein einmaliger Ausrutscher gewesen sei. Dass die Zeit willfähriger Büttel eines sein Machtmonopol missbrauchenden Staates vorbei sei.

Die Causa Dettmar hat uns die Augen geöffnet. Offensichtlich waren wir zu welt- und menschenfremd, um zu erkennen, dass Menschen immer im Spannungsfeld zwischen Humanität und Bestialität agieren. Weimar und Buchenwald.

Ist Demütigung, Missachtung der Menschenwürde ein legitimes Mittel der Strafverfolgung?

Wer einen alleinerziehenden Vater von drei Kindern im Wissen um dessen Schicksal in Haft bringen will, muss sich Zweifeln an seiner Fähigkeit zur Empathie stellen.

Spätestens mit der Einlegung der Revision durch die Staatsanwaltschaft mutiert das schon von Anfang an problematische Verfahren zu einem Strafverfolgungsexzess, gewissermaßen einem juristischen Amoklauf. Die Generalstaatsanwältin hat dies alles offensichtlich ungerührt und unkommentiert geschehen lassen. Wann, wenn nicht hier war Einschreiten im Weg der Dienstaufsicht unumgänglich?

Die causa Dettmar verlangt Aufarbeitung. Ob eine nach der Landtagswahl neu aufgestellte Justiz in Thüringen dies im Hinblick auf die disziplinarrechtlichen Implikationen leisten kann und will, bleibt abzuwarten.
(vera-lengsfeld.de)

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