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Fortsetzung Berlinale-Posse

Leitung gräbt sich noch tiefer ein

Von Vera Lengsfeld

Die Regel der Vernunft heißt: Wenn Du Dich in ein Loch eingegraben hast und da wieder raus willst, dann höre auf zu graben.

Bei der hochsubventionierten Festivalleitung der Berlinale gilt dagegen die gute alte Durchhalteregel in Berlin: Wenn Du die Kanonen der anrückenden Armee hörst, glaube einfach noch fester an den Endsieg. Ein vielleicht drastisches historisches Bild aber angesichts der Kopflosigkeit einer sich lächerlich machenden deutschen Kulturelite fällt mir kein passenderes ein.

Ich hatte in diesem Blog schon von der Berlinale Festspielleitung berichtet. Von der offenbar komplett überforderten Leiterin Mariette Rissenbeek, die demokratische gewählte Abgeordnete und damit die Volksvertreter, die in ihrer Verantwortung für die Gesellschaft die ganze Show aus Steuermitteln überhaupt erst ermöglich als „nicht willkommen“ erklärt.

Das Loch war der Festivalleitung offenbar noch nicht tief genug, weshalb sie jetzt nachgebuddelt haben: Nun gibt es eine offizielle Ausladung.

Wie man im Beitrag der Berliner Abendschau nachschauen kann, redet sich die Kulturfunktionärin ab 0:38 komplett um Kopf und Kragen: Die Steuermittel für die Berlinale werden offenbar aufgebracht, damit eine selbstmandatierte Demokratierettungselite schön unter sich bleibt, der rote Teppich nicht von den Falschen überschritten wird und man gemeinsam feiern kann, dass eine Mehrheit der Volksvertreter die Subventionen bereitgestellt hat, die man fröhlich, aber bitte exklusiv verbrät.

Besonders perfide: Den ausgeladenen AfD-Abgeordneten, die das Rote-Teppich-Gala-Fest („wir sind hier alle weltoffen“) nicht trüben dürfen, wird gesagt: Sie dürfen sich „natürlich“ ein Kinoticket kaufen!

Wie überaus großzügig, Frau Rissenbeek? Sie machen keine Gesichtskontrolle an den Kinoeingängen? Ist Ihnen das zu anstrengend?

Der alten Festspielleitung war immer bewusst, wer politisch die Verantwortung für das teure Film-Festival übernimmt: Die Abgeordneten in Haushalt- u Kulturausschüssen. Es gab immer den Service, dass die schwierig zu bekommenen Karten für interessierende Filme von den betreffenden Abgeordneten direkt geordert werden konnten. Nicht als Privileg, sondern als Zeichen gegenseitiger Wertschätzung. Wenn ein Haushalts- und Kulturpolitiker einen oder zwei Filme selber gesehen hat, wurde dies von Seiten der Festspielleitung sehr gerne gesehen.

Heute ist alles anders: Die Festspielleitung reagiert auf emotionale Erpressung, will vielleicht auch billiges virtue signaling und richtet damit einen immensen Schaden an: Eine Weltoffenheit, die sich durch öffentliche Ausladungen manifestiert? Auf so etwas kann man nur in einer deutschen Hauptstadt kommen – die Präsidenten Putin und Xi lachen sich wahrscheinlich kaputt – das ist die Lieferketten-Gesetz-Demokratie a lá Rissenbeek: Demokratisch ist der, der mir gefällt.

Ab 2:00 redet sich auch noch Kulturstaatsministerin Roth um Kopf und Kragen – wie in guten alten SED-Zeiten: Wer sich außerhalb des hochsubventionierten, „weltoffenen“ Klubs stellt, ist selber schuld. Gleiches Recht für gewählte Abgeordnete? Eine Entscheidung basierend auf klaren Regeln oder Prinzipien? Das fordern wir nur Weißrussland und Aserbeidschan. In einem deutschen Klub gilt immer noch das, was der sagt, der die Ministerin am besten versteht.

Die Senatskanzlei immerhin verhält sich politisch etwas smarter und drückt sich einfach um eine eigene Bewertung. Sie widerspricht der Festspielleitung zwar nicht, aber betont auch, dass es momentan keine Pläne gibt, die protokollarischen Gepflogenheiten (die ja zu den Einladungen geführt haben) zu ändern.

Und die AfD?

Fraktionschefin Brinker wirkt auch in dieser Sache unsicher: Statt einer klaren Linie (wir werden da sein) eiert sie rum und bringt sogar noch die Pseudoentlastung, dass die Festspielleitung von Aktivisten unter Druck gesetzt wurde. Vielleicht wirkt hier noch nach, dass Frau Brinker immer noch keinen Plan hat, wie sie mit ihrer Teilnahme bei dem privatpolitischen Treffen von CDU-Alt-Senator Peter Kurth zum gemeinsamen Lauschen von Martin Sellners und Götz Kubitscheks Plänen umgeht.

Ich will mal eine Lanze für öffentlich-rechtliche Journalisten brechen – im Radio eins vom rbb, hat Ulrike Bieritz, Leiterin Ressort Religion und Gesellschaft des rbb einen Kommentar zu dem Berlinale-Posse gemacht, der mir voll aus dem Herzen spricht (ab 1:00 im zweiten Link): „Ich halte das für eine falsche Entscheidung (…).“ Wenn Abgeordnete eingeladen werden, dann „alle oder keiner. So ist das nun mal in einer Demokratie“, „mit zweierlei Maß zu messen ist für mich höchst undemokratisch“.

Bravo, Frau Bieritz!

https://www.rbb-online.de/abendschau/videos/20240209_1930/Berlinale-Leitung-laedt-AfD-Politiker-wieder-von-Eroeffnungsgala-aus.html
https://www.radioeins.de/programm/sendungen/der_schoene_morgen/kommentar/ulrike_bieritz.html
(vera-lengsfeld.de)

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Offener Brief von Martin Renner an die Berlinale-Leitung

"Auf der Berlinale ist für Sie kein Platz", schrieben die Berlinale-Chefs Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian am Donnerstag an mehrere AfD-Politiker, unter anderem an Martin E. Renner. Der antwortete jetzt mit einem Offenen Brief.

Sehr verehrte Frau Rissenbeek, sehr geehrter Herr Chatrian, die internationalen Filmfestspiele Berlin genießen nicht nur in der Filmbranche weltweites Ansehen. Die Berlinale ist ein herausragendes kulturelles Ereignis unseres Landes. Entsprechend groß ist die Aufmerksamkeit, mit der die Berlinale von einem internationalen Publikum begleitet wird.

Sehr erschreckend ist die links-autoritäre Botschaft, die Sie als verantwortliches Führungsduo der Berlinale mit Ihrer an mich und meine Parteikollegen adressierten Ausladung in die Welt senden. Ihr Schreiben ist nicht nur in seiner grenzüberschreitenden Tonalität, sondern insgesamt von einer bestürzenden Unkultur geprägt.

Sie stellen unter anderem die vollkommen unhaltbare und unbegründete Behauptung auf, wir als „Alternative für Deutschland“ wollten ‚demokratische Grundrechte abschaffen‘ – und nehmen dies zum Anlass, genau das in dreistester Manier selbst zu praktizieren. Sie schämen sich nicht, mir und meinen Parteifreunden sowohl den demokratischen Diskurs als auch die Teilhabe an einem kulturellen Großereignis zu verweigern.

Raubt einem der Kuss der Muse jedes Demokratieverständnis? Oder war hier lediglich ein totalitäres Fehlerteufelchen am Werk? Fragen über Fragen. Vielleicht aber war es auch Ihr Wunsch, die mediale Strahlkraft des ohnehin letztmalig von Ihnen verantworteten Großereignisses für ein persönliches Anliegen zu nutzen? Sich dem Zeitgeist anzudienen und in einem Anfall billigsten Gratismutes und demokratiefeindlichster Haltung ein linksradikales Zeichen zu statuieren?

Demokratie lebt von der argumentativen Auseinandersetzung. Und zwar auch und gerade mit antagonistischen Positionen auch provokativer oder polarisierender Natur. Was erlaubt ist – und erst recht, wer erlaubt ist – entscheidet im demokratischen Rechtsstaat weder ein launischer Zeitgeist noch eine 200- oder mehrköpfige Schar ideologisch verirrter Antidemokraten.

Solange wir eine demokratische Nation sind und bleiben, solange darf es keine Grenzen oder Schranken der Meinungsfreiheit geben, die nicht einzig und allein vom Rechtsstaat, hier dem Bundesverfassungsgericht, definiert und rechtskräftig beschlossen werden. Auch diesen existentiellen Grundpfeiler unserer Demokratie treten Sie beherzt und ideologisch beseelt mit Füßen. Bitte überprüfen Sie vor diesem Hintergrund Ihre getroffenen Aussagen und Unterstellungen. Gehen Sie in sich und bemühen sich um Umkehr.

In aller Deutlichkeit: Ich weise Ihre abstrusen Unterstellungen gegenüber der „AfD und etliche ihrer Mitglieder (sic!)“ entschieden zurück. Ihre persönliche Meinung sei Ihnen selbstverständlich unbenommen – eine generelle Diffamierung und Ausgrenzung der „Alternative für Deutschland“ in Form plumpen Hasses und politisch ideologisierter Hetze steht Ihnen nicht zu.

Träger der Berlinale ist die „Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH“, deren alleiniger Gesellschafter die Bundesrepublik Deutschland ist. Allein zur diesjährigen Berlinale schießt der Bund, also der Steuerzahler, etwa 12,5 Millionen Euro zu. Die demokratisch gewählten Abgeordneten der „Alternative für Deutschland“ – sowohl im Bund als auch in den Ländern – sind gewählte und damit legitimierte Repräsentanten ihrer jeweiligen Parlamente.

Selbstverständlich sind es demokratische Gepflogenheit und Tradition des Deutschen Bundestages, das zur Verfügung stehende Teilnahmekontingent unter allen fachpolitischen Abgeordneten aufzuteilen. Ein Sprecher der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, Claudia Roth, wird in verschiedenen Medien zitiert: „Das entspricht der demokratischen Praxis und dem Respekt der Bundesregierung vor dem Parlament und seinen gewählten Abgeordneten.“

Ist es nun Dreistigkeit oder ist es opportunistisches Handlangertum, dass Sie sich offenbar anmaßen, diesen Respekt vor den demokratisch gewählten Repräsentanten von Millionen von Wählern mit Füßen zu treten? Frau Roth wird sich die Frage gefallen lassen müssen, ob sie noch Herr im eigenen Haus ist.

So oder so, Ihre unhaltbaren pauschalen Unterstellungen sind für die Mitglieder, Freunde und Wähler meiner Partei und für jeden wirklichen und wahren Demokraten inakzeptabel. Für Ihr Vorgehen darf es in einer funktionierenden Demokratie und in einer freiheitlichen Gesellschaft keinen Platz geben.

Vor allem darf es für eine derart undemokratische Haltung kein weiteres Steuergeld geben. Dafür werde ich und wird die „Alternative für Deutschland“ weiterhin eintreten und demokratisch kämpfen.

Mit freundlichen Grüßen
Martin E. Renner, MdB
(pi-news.net)

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