Springe zum Inhalt

Genug!

Ich halte meinen Mund

Von Elleulin

Ich halte meinen Mund in meinen hohlen Händen
Feucht drücken seine Lippen an meine Handflächen
Wandern umher
Küssen die Ansätze meiner Finger
Springen auf und nieder wie ein Gummiball

Ich halte meinen Mund fest zwischen meinen Händen
Nun fährt er die Zunge aus
Leckt und leckt, bis alles naß von Speichel ist.

Ich erhöhe den Druck
Mein Finger graben sich in die weißen Knöchel
Mein Mund zuckt
Knabbert an meinen Lebenslinien
Kitzelt mich und ich kichere leise in mich hinein.

Und so entspanne ich den Druck
Und halte meinen Mund nur noch leicht in meinen Händen.

Plötzlich gibt es einen Ruck
Mein Mund rutscht durch die kleine Lücke
- da, wo die Wurzeln der kleinen Finger sich treffen -
hindurch.

Ganz rot ist er vor Anstrengung
Und hüpft mit letzter Kraft
In mein Gesicht.

Platsch!
Da sitzt er an Ort und Stelle
Öffnet sich und schreit.
Schreit, dass die Wände wackeln
Schreit bis in die tiefste Hölle und hoch bis in den Himmel.

Sein Schrei umkreist den Erdball
Erzählt von Unterdrückung, Krieg, Gewalt
Von Freiheit, Leben, Schönheit.

Erzählt von dem, was uns genommen wurde
Und schreit: „Genug! Es ist genug!“.

Ich will meinen Mund halten.
Doch mein Mund hält mich.
Er hält die ganze Welt und schreit:

„Genug!“
(beischneider.net)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert