Die „Wissenschaft“ vom „lebensunwerten Leben“ hat überlebt
Von Vera Lengsfeld
Der Tod ist ein Comedian in Deutschland. Vor ein paar Tagen witzelte ein Satiriker im öffentlich-rechtlichen 3sat, dass man „Deutsche über 70…dass du die einfach tötest“. Das war eine besondere Art von „Happy Hour“ für meine Altersgenossen. Nicht nur für die. Das Publikum in der Life-Show reagierte eher verhalten auf den Kalauer, so dass der „Spaß“-Macher schnell sagen musste, dass er keinen großen Beifall erwartet habe. Warum eigentlich nicht? Dieser makabre Scherz liegt doch ganz im Trend der Deutschlandhasser, die Tag und Nacht damit beschäftigt sind, das Land und seine Leute madig zu machen, das mittlerweile fast nur noch aus Bewohnern besteht, die nach der Nazidiktatur geboren wurden, beziehungsweise in den zwölf übelsten Jahren der deutschen Geschichte Kinder waren.
Der Zeitgeist, der von 1933 bis 1945 auf die schreckliche Spitze getrieben wurde, die „Wissenschaft“ vom „lebensunwerten Leben“, hat überlebt. Als nach der Niederringung des Naziregimes für alle Welt sichtbar wurde, wohin diese „Wissenschaft“ vom lebensunwerten Leben geführt hat, wollte niemand mehr Eugeniker gewesen sein. Man schrieb seine Biografie einfach um und wusch seien Hände in Unschuld. Um nur drei prominente Beispiele zu nennen: George Bernhard Shaw, international bekannter Schriftsteller. Maurice Thorez, französischer Politiker und Kurzzeit-Generalsekretär der kommunistischen Partei und Leland Stanford, Gründer der Stanford-University.
Wie stark der Schoß noch ist, aus dem der eugenische Ungeist kroch, beweist, dass heute von Bestseller-Autor Yuval Harari in seinem Buch „Homo Deus“ die Frage gestellt wurde, was mit den vielen überflüssigen Menschen passieren soll, wenn sie nicht mehr gebraucht werden, weil die KI die Produktionsprozesse weitestgehend übernommen hat.
In den Reihen der Klimaretter gibt es schon Aktivisten, die den Menschen als Klimaschädling bezeichnen, der am besten gar nicht auf die Welt käme und wenn er schon da ist, ein Leben in absoluter Bedürfnislosigkeit führen soll. Da ist es nur ein kleiner Schritt bis zu dem Gedanken, das schädliche Leben einfach abzuschaffen.
Der Comedian, dessen Namen ich mir nicht merken will, liegt also voll in diesem Trend. Möglicherweise war dem jungen Mann nicht bewusst, in welche furchtbare Tradition er sich gestellt hat, aber das entschuldigt ihn nicht.
Mehr als sein unbedarftes Geplapper beunruhigt mich das Schweigen der Mehrheit. Außer einem österreichischen Pensionistenverband hat kaum jemand erkannt, dass man diesen Anfängen wehren muss. Der Sender bestand darauf, dass es sich „nur“ um einen Witz gehandelt habe und versteht die Aufregung nicht, die es in den sozialen Netzwerken, einschließlich der Website des Komödianten, gegeben hat. Haben die Leute keinen Humor mehr? Die sollten sich doch eigentlich totlachen!
Mir jedenfalls ist das Lachen im Hals steckengeblieben.
Da die mutmaßlichen willigen Helfer des jungen Mannes mich noch nicht abgeholt haben, um mich meinem Schicksal zuzuführen, werde ich die Zeit nutzen, um es ihm und seinesgleichen so schwer wie möglich zu machen, aus der Idee eine materielle Gewalt werden zu lassen.
(vera-lengsfeld.de)