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Neue verkohlt?

Die CDU will „Partei der Zeitenwende“ werden

Von WOLFGANG HÜBNER

Vor einigen Tagen war am Ende eines Pressekommentars zu lesen: „Auch in Deutschland müssen sich die Prioritäten ändern. Es will keiner hören, aber hier wird man bald zwischen Sozialstaat und Verteidigung wählen müssen“. Damit ist die wichtigste Aufgabe der sogenannten „Zeitenwende“ klar benannt. Die SPD hat am Wochenende deutlich gemacht, nicht wählen zu wollen, sondern sowohl Soziales als auch Militarisierung mit riesigen Schuldenbergen gleichermaßen finanzieren zu können.

Am Montag hat die CDU den Entwurf für ihr neues Grundsatzprogramm vorgestellt (PI-NEWS berichtete), mit der sich die Merkel-Partei als die bessere „Partei der Zeitenwende“ präsentieren will. Die Bezeichnung Merkel-Partei ist keine Polemik, denn so lange sich die CDU von dieser für Deutschland so verhängnisvollen Ära nicht in aller Form personell und inhaltlich distanziert hat, bleibt sie diese Partei. Doch das wollen weder der Parteivorsitzende Friedrich Merz noch sein flotter Generalsekretär Carsten Linnemann wagen.

Beide möchten vielmehr den Eindruck erwecken, die 16 Merkel-Jahre seien irgendwie nie geschehen und nun könne die Partei allen Ernstes wieder von „Leitkultur“, Atomkraft und Asylverschärfung reden – alles Themen, die von der CDU jüngst noch radikal unter lautem Beifall ihrer Funktionäre abgeräumt wurden. Sogar christlich und auch konservativ will die neue „Zeitenwende“-Partei wieder sein. Doch sei jüngeren Zeitgenossen in Erinnerung gebracht, wie es nach 1982, dem Amtsantritt von Helmut Kohl, der von ihm zuvor versprochene „geistig-moralischen Wende“ ergangen ist: Die war schon wenige Monate später kläglich verdampft.

Und wenn sogar das Zentralorgan des Kapitals, die FAZ, die Formulierungen zur Wirtschaft im Grundsatzprogramm als „blutleer“ und „wachsweich“ bezeichnet, macht das deutlich: Die CDU hat nichts zu bieten. Da hilft es auch wenig, so pompöse wie fragwürdige Formulierungen in die Welt zu setzen wie: „Das Judentum hat die deutsche Kultur und Geschichte seit 1700 Jahren geprägt“ oder das Bekenntnis zum Existenzrecht Israels allen Ernstes zur Bedingung für den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft machen zu wollen.

Bei der Vorstellung des Grundsatzprogramms war nicht die Rede von Außen- und Verteidigungspolitik. Aber kein Zweifel: Beides wird strikt transatlantisch im Sinne der USA ausgerichtet werden, das ist CDU-Tradition. Und die Konfrontation zu Russland sowie die Milliardenhilfen für Kiew dürften mit CDU-Kriegstreibern wie Röttgen und Kiesewetter als Ministern noch gesteigert werden. Die geäußerte Absicht im CDU-Grundsatzprogramm, das Rentenalter anzuheben, ist unter diesem Gesichtspunkt aufschlussreich.

Für diejenigen in der AfD, die sich deutlich von dem Parteienkartell und dessen Scheinparlamentarismus abgrenzen, stellt das CDU-Programm weder Verlockung noch Gefahr dar, im Gegenteil. Doch für die zahlreichen sogenannten „liberal-konservativen“ Kräfte außerhalb der AfD kommt nun die Stunde der Wahrheit: Zurück in den schleimigen Schoß der neuen „Leitkulturpartei“ CDU oder auf gut Glück die Gründung einer eigenen Partei riskieren.

Doch wer sich für keine dieser Alternativen entscheiden mag oder kann, sollte endlich nicht mehr penetrant Björn Höcke vorschieben, um sich vorm Bekenntnis zur derzeit einzig glaubwürdigen Opposition in Deutschland zu drücken.
(pi-news.net)

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