Der Weg in ein totalitäres Deutschland ist kurz, aber sehr steinig und extrem steil!
Von Michael van Laack
Fast viereinhalb Jahre sind mittlerweile vergangen, seit ich Petr Bystrons Auffassung, wir lebten bereits in einem totalitären Staat, zurückgewiesen habe; seinerzeit auch, weil ich dieses Wording für einen taktischen Fehler mit Blick auf die Außenwirkung der Partei hielt.
Seitdem ist manches geschehen (z. B. das Corona-Chaos, der Ukraine-Krieg, die Durchsetzung Genderideologie samt Selbstbestimmungsgesetz, Umgang mit der teilweise selbstgemachten Energiekrise), was immer wieder einlud, zu überprüfen, ob Bystrons seinerzeitige Behauptung mittlerweile zur Wirklichkeit geworden sein könnte. Doch komme ich auch Ende 2023 noch zum gleichen Ergebnis wie Mitte 2019.
Für die politische Religion, die unser Vaterland seit einigen Jahren dominiert, mag zwar Totalitarismus die ideale “Regierungsform” darstellen und ihre Hohepriester an den Schalthebeln der Macht mögen den Weg dahin auch schon vollständig kennen und nun die einzelnen Phasen abarbeiten wollen, die sich nach der Auswertung ihrer Planspiele herauskristallisierten. Doch haben sie ihr Ziel noch lange nicht erreicht und werden es auch nicht erreichen können, wenn die Bürger so wachsam und sensibilisiert für den Missbrauch von Macht bleiben, wie sie es aktuell zu sein scheinen.
Die Mär vom “sanften” Totalitarismus
Im Oktober 2016 schrieb Martin Sellner auf der Plattform der Sezession für die wahren, guten und schönen Rechten seine Gedanken zu einem sanften Totalitarismus auf, der die Demokratie in Deutschland bereits erstickt habe.
Er war freilich nicht der erste, der sich mit diesem Thema befasste, doch wird nur an wenigen virtuellen Orten die Tinte so wirkmächtig mit Blick auf die ideologische Entwicklung neurechter Politik zu Papier gebracht, wie auf dem rustikalen Rittergut. So darf es nicht verwundern, dass Petr Bystron bereits 2019 die These vom totalitären Staat Deutschland zum Titelbild seines FB-Profils machte und der sozialpatriotische Flügel um Chrupalla, Höcke, Krah (dem übrigens zuzutrauen ist, dass er die aktuell gegen Alice Weidel aufgekommenen Plagiatsvorwürfe angeregt hat) und anderen diese in unseren Tagen mit Verve vertritt.
Redundanz allein reicht zwar aus, um eine Möglichkeit als Wirklichkeit erwcheinen zu lassen, aber nicht, um sie als in diese überführt zu belegen.
Dankenswerterweise bringt Martin Sellner im o.a. Artikel auch die von Carl Friedrich und Zbigniew Brzezinski entwickelten sechs Kriterien, die formal Anzeichen aller totalitären Regimes sind. Diese nehme ich zur Grundlage für die Bewertung des Ist-Zustands Deutschland 2023.
1. Eine offizielle Ideologie mit utopischen Elementen, die alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens abdeckt
Ich sehe keine einheitliche Ideologie. Einzelne Utopien, so aktuell zum Klimaschutz, aber keine ineinander verzahnte Vielzahl von Utopien, die alle Gesellschaftsbereiche abdecken und so ein Zentraldogma der „politischen Religion“ abbilden. Die Migrationspolitik stellt für sich genommen keine Utopie dar. Sie ist Teil einer weitgehend verfehlten Politik, sei sie aus Schwäche oder falschen Ansätzen geboren.
Den Deutschen werden zahlreiche Geschichten erzählt, so zur Barmherzigkeit des Islams, zu 52 oder noch mehr Geschlechtern, zum unendlichen Wachstum. Wir werden belogen und betrogen, wir sollen diesen Erzählungen glauben. Das kann man gewiss „Betreutes Denken“ nennen, aber was fehlt, ist der rote Faden, die große Erzählung, aus der all die anderen fließen, z.B. die vom tausendjährigen Reich, dass gegen jenen Judas zu verteidigen war, der es angeblich zu gewinnen trachtete, weshalb sich zur Verteidigung alle Volksgenossen im „Du bist nichts, Dein Volk ist alles!“ aufzulösen hatten.
2. Eine Einheitspartei
Zweifellos sehen wir eine Vielzahl von Parteien, die inhaltlich kaum mehr unterscheidbar sind. Dennoch strebt jede von ihnen für sich nach Macht oder will sie für sich sichern. Es werden Koalitionen aller Couleur gebildet.
In den laufenden Legislaturen in Bund und Ländern zeigen sich aber überdeutlich Differenzen zwischen den einzelnen Lagern. Dass aktuell alle Parteien eine „Einheitsfront“ gegen die AfD bilden (auch wenn manches Mäuerchen bröckelt) ist kein Zeichen für den Willen, eine Einheitspartei zu bilden, wie wir sie in der NSDAP oder SED sahen, sondern lupenreiner Opportunismus. Die nächsten Jahre werden auch erweisen, dass solche Zweckbündnisse (im Osten spricht man ja bereits von Not-Allianzen gegen die AfD 2024) keine sonderlich große Halbwertzeit haben.
3. Ein Polizeistaat, der alles überwacht, Terror anwendet oder zulässt
Vermehrte Überwachung ja, aber doch nur im öffentlichen Leben und ansonsten aus Gründen der Gefahrenabwehr linken, rechten und islamischen Terrors. Keine einseitigen Akte gegen nur eine extremistische radikale Gruppe. Ob Clans, Rockerbanden, ANTIFA, Reichsbürger, Hamas alle werden polizeilich und juristisch „versorgt“, wenn auch teilweise ineffektiv oder mit irritierenden Strafzumessungen. Doch es gibt keine Massenverhaftungen, Internierung ohne Gerichtsbeschlüsse, Standgerichte oder Menschen, die einfach verschwinden. Der Rechtsweg ist stets über mehrere Instanzen möglich.
Damit will ich nicht zum Ausdruck bringen, dass aktuell nicht manche auf manchen Augen blind sind bzw. der ein oder andere Staatsanwalt angewiesen wird, politisch motiviert Durchsuchungen anzuordnen oder eben auch nicht bzw. erst mit sehr langem Vorlauf nach öffentlichen Ankündigungen anzuordnen.
Doch sehen wir keine zentral durch ein Ministerium gelenkte Exekutive, keine Judikative, die mehrheitlich Unrecht sprechen lässt, keine Legislative, die ein Gesetzbuch voll von Ermächtigungen für die Staatsorgane oder gar ungerechte Gesetze (z.B. Rassenschande) verfasst. Allerdings hat das Selbstbestimmungsgesetz das Potenzial, in einem Teilbereich totalitär zu wirken, indem es das Aussprechen von biologischen Tatsachen und die dem Geschlecht entsprechende Ansprache unter Strafe stellt.
Trotz alledem: In einem Polizeistaat gäbe es keine Opposition, keine Sezession, keine Blogs wie opposition24, ansage.org, conservo oder gar PI-News, youwatch, Philosophia Perennis usw., weil deren Macher schon lange hinter Gittern sitzen würden oder doch zumindest finanziell zerstört worden wären.
4. Monopolistische Kontrolle der Informations- und Kommunikationsmittel
Dieser Punkt ist der gewiss am weitesten einem totalitären Regime angenäherter. Wir sehen dominierende Staats-Medien und mit diesen eng verzahnte Mainstream-Medien. Wenn es darauf ankommt, stehen sie alle „Gewehr bei Fuß“ an der Seite der Regierungen in Bund und Ländern.
Auch sehen wir – leider oft erfolgreiche – Versuche, unerwünschte Meinungen aus den sozialen Medien zu nehmen und staatstragendes in den Vordergrund zu stellen. Wir sehen aktuell in der Tat besonders überdurchschnittliche viele Repressalien gegen Vertreter der Neuen Rechten. Wir sehen ein Netzwerkdurchsetzungsgesetz, dass man gewiss als Vorstufe zur totalen Überwachung betrachten kann.
Diesen Anfängen müssen wir wehren! Und dennoch: Die Opposition ist nicht ausgeschaltet, die AfD hat zahlreiche Plattformen im Netz, die freien Medien sehen den ein oder anderen Shadow-Ban oder Strike mehr als die Nichtrechten. Dennoch kann man nicht von einer monopolistischen Kontrolle sprechen. Das Netz ist global, die Player weltweit vernetzt und nicht zu kontrollieren.
Die Abschaltung des Netzes oder umfängliche Sperren, wie wir sie in totalitären Staaten wie Nordkorea oder China sehen, haben wir hier nicht. Wir wehren uns zu Recht gegen die Versuche der Manipulation und müssen das auch weiterhin tun, aber wir jammern noch immer auf hohem Niveau.
5. Monopol der Kampfmittel
Ich würde mich nicht wohlfühlen, wenn ich wüsste, mein Nachbar könne sich eine Sammlung schussfähiger Schnellfeuerwaffen inkl. Panzerfaust zulegen.
In Deutschland kann jeder – so er einen Sachgrund nachweist und seine Eignung festgestellt ist, eine Waffe erwerben und mit sich führen. Dazu gibt es zahlreiche nicht waffenscheinpflichtige Alternativen, die – richtig oder falsch eingesetzt – auch erheblichen Schaden anrichten können.
Auch wenn ich lediglich als kleines Kind dauerhaft (von 0 bis 5) in den USA gelebt habe und dort nun nur noch hin und wieder zu Gast bin: Die US-Amerikaner sollen das so regeln, wie sie mögen (da ist auch ein ganz andere Individualitätsbegriff aufgrund der Geschichte). Aber es ist kein Anzeichen für Totalitarismus, wenn ich mich als Bürger nicht bis an die Zähne bewaffnen darf.
Zudem sehen wir in Deutschland bei polizeilichen Maßnahmen nur selten Einsatz von Waffen. Sie sind also kein Tool, dass die deutsche Regierung zum Zweck des eigenen Machterhalts einsetzen lässt.
6. Zentrale Leitung der Wirtschaft
Dass wir ein solches System nicht haben, muss hier nicht ausführlich begründet werden. In kaum einem Industrieland gehören die auf seinem Boden stehenden Unternehmen in geringerem Anteil inländischen Investoren. Die Börsen laufen frei, die Preisgestaltung ist frei. Wir sehen eher zu wenig als zu viel Kontrolle des Kapitals.
Petr Bystrons seinerzeitige und die heutige Auffassung vieler Mandatsträger der AfD, wir lebten bereits in einem totalitären Staat, ist durch nichts zu belegen. Und – nebenbei bemerkt – halte ich dieses Wording auch für einen taktischen Fehler vor allem mit Blick auf das Außenverhältnis der Partei. Wir befinden uns in der Tat in einem Kampf, der zum Endziel haben mag, das konservative Element (Konservativismus, Patriotismus) vollständig zu liquidieren, dem Christentum mit einem stärkeren muslimischen Bevölkerungsanteil eine demoralisierende Kraft entgegenzustellen.
Zu behaupten, dass dieser Kampf bereits verloren wurde, würde jede unsere Handlungen zu einem Akt des Widerstands gegen ein totalitäres Regime hochstilisieren. Zu heroisch, zu viel Pathos, und wie in diesem Artikel beschrieben inhaltlich neben der Sache!
(conservo.blog)