Was Jurist Thomas Strobl über Philosophie nicht weiß
Seneca im Chorgestühl des Ulmer Münsters.
(tutut) - Viellecht wäre er ja ein guter Jurist, aber sonst, was er über Winfried Kretschmann an Huldigung zum 75. losließ und ihn zum Philosophen erhöhte, ist ein echter Schwabenstreich. Selbstverständlich braucht er ihn noch, denn sonst wäre er ohne Job, auch wenn der das Politische vermissen lässt. Ein Besuch des Offenburger Schwiegersohns und Heilbronners in der schwäbischen Kathedrale in Ulm könnte ihm eine Begegnung mit Seneca, bei Gott kein Schwabe, geschnitzt im Chorgestühl bescheren zur Erweckung des Geistes über Philosophie.
"Die Philosophie ist keine Kunstfertigkeit , die man dem Volk präsentiert oder die sich überhaupt zum Vorzeigen eignet; sie beruht nicht auf Worten, sondern auf Taten. Auch wendet man sich ihr nicht zu, um mit angenehmer Unterhaltung den Tag zu zu verbringen, um die Freizeit vom Makel der Langeweile zu befreien.
Sie formt und bildet den Geist, sie ordnet das Leben, bestimmt unsere Handlungen; sie zeigt, was zu tun und zu lassen ist, sie sitzt am Steuerruder und lenkt durch gefährliche Strömungen unsere Fahrt. Ohne sie kann niemand furchtlos leben, niemand sorgenfrei.
Unzählige Dinge ereignen sich Stunde um Stunde, die Rat erfordern, den man sich bei ihr holen muss. Es wird jetzt jemand sagen: 'Was nützt mir die Philosophie , wenn es ein unentrinnbares Schicksal gibt? Was nützt sie, wenn die Gottheit alles lenkt? Was nützt sie, wenn der Zufall herrscht?
Denn was mit Sicherheit festliegt, lässt sich nicht ändern, und gegen Unvorhersehbares lassen sich keine Vorbereitungen treffen. Entweder hat der Gott meine Entscheidung vorbestimmt und beschlossen, was ich zu tun habe, oder das launische Schicksal gibt meinerEntscheidung keinenFreiraum'.
Was von dem auch zutrifft oder träfe auch alles zu: Man muss philosophieren. Sei es, dass uns das Schicksal durch sein unerbittliches Gesetz bindet, sei es, dass der Gott als Richter über das Universum alles festgelegt hat, sei es, dass der Zufall die menschlichen Geschicke planlos antreibt und durcheinanderwirft: Die Philosophie muss uns schützen. Sie wird uns mahnen, der Gottheit gern zu gehorchen und uns den Schicksalslaunen trotzig zu fügen. Sie wird uns lehren, dem Gott zu folgen und das Spiel des Zufalls zu ertragen".