Springe zum Inhalt

War die Wiedervereinigung ein Fehler?

Im Ergebnis leben wir heute in einer linksgrünen DDR 2.0, in der vier Blockparteien die Macht unter sich aufteilen

Von W. SCHMITT (Teil 1)

War die Wiedervereinigung ein Fehler? Nein. Aber: In Westdeutschland führte die Wiedervereinigung zu zwei Folgewirkungen, die die Gesamtentwicklung Deutschlands seit 1990 belasten und für die in vielerlei Hinsicht untragbaren Zustände im Land bis heute verantwortlich sind.

Zum einen bestärkte der Zusammenbruch der kommunistischen Diktaturen in Osteuropa viele Menschen in Westdeutschland in ihrer Selbstgewissheit, im bestmöglichen politischen und wirtschaftlichen System aller Zeiten zu leben. Jeder mag selbst beurteilen, inwieweit eine solche Einschätzung mit Blick auf die bundesdeutsche Demokratie des Jahres 1990 berechtigt war oder nicht.

Die mit dem Triumphgefühl vollumfänglicher Überlegenheit gegenüber den kommunistischen Diktaturen einhergehende Selbstgefälligkeit jedenfalls begünstigte in Westdeutschland das Aufkommen einer gewissen politischen Blindheit für die Schwachstellen des eigenen Systems: Der autoritäre Machtmissbrauch Angela Merkels 2015, die Rechtsbrüche der sogenannten „Euro-Rettung“, die propagandistische Einseitigkeit unserer Staatssender ARD und ZDF, die Verfassungswidrigkeit vieler Coronamaßnahmen – all diese Fehlentwicklungen der Herrschaft des Unrechts, zu der sich der Staat Bundesrepublik inzwischen gewandelt hat, waren im politischen System des Jahres 1990 bereits angelegt.

Die Wiedervereinigung mit dem Gebiet der ehemaligen DDR führte in Westdeutschland also zu einer weit verbreiteten Haltung jeglicher Kritikimmunität: Berechtigte Beanstandung an Schwachstellen des alliiert-westdeutschen „Gundgesetzes“ – die fehlende Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts beispielsweise – und der politischen Praxis des westdeutschen Systems – Fraktionszwang statt Gewissensfreiheit der Abgeordneten beispielsweise – ließ man in Westdeutschland an sich abperlen.

Die Folgen dieser Blindheit für den Balken im eigenen Auge wurden dann 2015 urplötzlich offensichtlich: Es gab in unserem „Grundgesetz“ – eine etwas unglückliche Übersetzung des englischen Originalbegriffs „Basic Law“ – keinerlei Möglichkeit, mit zivilrechtlichen Möglichkeiten gegen eine derartige Staatswillkür, wie von Merkel und ihrer Clique praktiziert, vorzugehen. Die Ereignisse des Jahres 2015 machten überdeutlich: Ein System, das derartige Zustände ermöglicht, kann nicht das beste politische System aller Zeiten sein. Daher befindet sich Gesamtdeutschland seit 2015 in einer Lernphase, in der kritische Fragen zu Recht auch in Richtung Westdeutschland gestellt werden.

Zum anderen verlor Westdeutschland mit dem Zusammenbruch der DDR sein abschreckendes Beispiel. Der Renaissance kommunistisch-planwirtschaftlicher Schwärmereien, wie sie die westdeutschen Linken in SPD und Grünen insbesondere seit der Jahrtausendwende prägten, ließ sich kein „Geh doch rüber!“ mehr entgegensetzen. Prediger linksgrüner „Verzichtskultur“ haben es heute also leichter, mit ihren Heilslehren hausieren zu gehen, als in jenen Tagen, als man sich bei der Stippvisite nach Ostberlin mit eigenen Augen besehen konnte, was konkret Mangelwirtschaft und Unfreiheit bedeuteten.

Unsere heutige Planwirtschaft in der Energiepolitik, unser ganzer staatlicher Wirtschaftsdirigismus, insbesondere in der Automobilindustrie, aber auch die massiv einseitige politische Propaganda an den Schulen und im heutigen Staatsfernsehen wären in Westdeutschland vor 1990 aufgrund ihrer für jedermann augenfälligen Parallelität zum DDR-System undenkbar gewesen.

Kritikimmunität gegenüber den Schwachstellen des eigenen westdeutschen Systems und zugleich der Verlust des abschreckenden Beispiels: Diese beiden vor allem Westdeutschland prägenden Folgewirkungen des historischen Triumphs über die DDR bedingten eine seit 1990 zunehmend autoritäre Selbstherrlichkeit der politischen Klasse Gesamtdeutschlands, begleitet von westdeutsch-linksgrüner, teils neokommunistischer Ideologisierung.

Im Ergebnis leben wir heute in einer linksgrünen DDR 2.0, in der vier Blockparteien die Macht unter sich aufteilen, unsere Kinder an den Schulen einseitig grünistischer Dauerpropaganda ausgesetzt sind, im Staatsfernsehen immer nur dieselbe Meinung gesendet wird, jeden Tag 1000 Mann einmarschieren, ohne dass in dieser angeblichen „Demokratie“ – „Volksherrschaft“ – das Volk diese Einmärsche jemals gebilligt hätte, und in der Oppositionellen, die gegen solche Staatswillkür aufbegehren, das Konto gesperrt wird.

Angesichts dieser ernüchternden Bilanz drängt sich die Frage auf: Hätte die DDR 1990 vielleicht doch lieber ihren eigenen Weg gehen sollen, statt sich auf Gedeih und Verderb der westdeutschen Elite auszuliefern?
>>> Morgen Teil 2: Wenn die DDR ein eigener Staat geblieben wäre
(pi-news.net)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert