Warum ist Propaganda so wirksam und für viele Menschen so schwer zu durchschauen?
Von Vera Lengsfeld
Denken ist ein Menschenrecht, aber wer beherrscht die Kunst des Denkens? Warum ist Propaganda so wirksam und für viele Menschen so schwer zu durchschauen? Volker Wittmann ist dieser Frage nachgegangen. In seiner „Logikfibel – Eine Schulung im Denken und Argumentieren“ gibt er interessante Antworten darauf. Der Band von Edition Sonderwege, erschienen in sehr schöner Aufmachung, ist ein Lesegenuss.
Noch nie war es so leicht, an Informationen zu kommen. Aber noch nie wurde so viel gelogen, verdreht, getäuscht, gefälscht, vernebelt, vertuscht.
Die freie Presse hat sich zum „Haltungsjournalismus“ gewandelt. Nachrichtenübermittlung und wertfreie Einordnung war gestern. Heute wird den Medienkonsumenten serviert, was sie glauben sollen, das was die Journalisten von ihrem vermeintlich hehren Standpunkt aus für wünschenswert halten. Von „Narrativen“ ist die Rede, also Erzählungen, die man getrost Märchen nennen sollte. Die Presse ist die selbsternannte vierte Gewalt im Lande.
Laut des französischen Staatsdenkers Montesquieu lenken drei klassische Kräfte das Gemeinwesen: Die gesetzgebende, die richterliche und die ausführende Gewalt, verkörpert durch Parlamente, Gerichte und Regierung. Von Presse steht bei Montesquieu nichts. Die drei Gewalten sollten sich gegenseitig kontrollieren und in Schach halten. Davon sind wir im besten Deutschland aller Zeiten weit entfernt. Das hat der ehemalige Kanzlerkandidat der Union Armin Laschet in aller Naivität offenbart. Er habe Angst vor einer Machtübernehme der AfD, denn dann hätte die Partei „Zugriff auf die Sicherheitsbehörden, auf die Ernennung der Polizeipräsidenten, auf den Verfassungsschutz, die Medienaufsicht und die Staatsanwaltschaften einschließlich der Ernennung der Richter“. Das „schleichende Ende der Demokratie“, das Laschet befürchtet, ist längst Realität, denn es gibt die gegenseitige Kontrolle der drei Kräfte nicht mehr, wenn die Politik alles in der Hand hat.
In Zeiten, wo es immer schwieriger wird, Orientierung zu finden, möchte Wittmann mit seiner Fibel eine „nüchterne Einführung in die Regeln des folgerichtigen Schließens“ geben, unabhängig von persönlichen Befindlichkeiten.
„Wer weiß, wie das Denken selbst funktioniert und nach welchen Gesetzen es abläuft, der kann sie auch am besten benutzen“
Im Zeitalter von Fake News eine nützliche Fähigkeit.
Das Buch zu lesen, ist ebenso vergnüglich, wie lehrreich. Man erfährt etwas über die Grenzen der Wahrnehmung, über Orientierung, Schlüssigkeit und Wahrheit und vieles mehr. Alles lässt sich in Formeln kleiden, aber wer die Formeln nicht immer nachvollziehen kann, dem wird mit anschaulichen Beispielen geholfen. Nebenbei gibt es jede Menge interessanter Informationen, wie zum Beispiel die Einsicht des russischen Soziologen Pitrim Sorokin, dass die Menschheit etwa alle 52 Jahre einen Krieg anfängt. Da müssen wir uns nicht wundern, dass die Kriegstreiber in Deutschland inzwischen aus allen Löchern kriechen. Schließlich haben wird den Durchschnittswert für friedliche Zeiten längst überschritten.
Um nicht so düster zu schließen: Wittmann zeigt auch ein Vexierbild, das sowohl einen Totenkopf, als auch eine Frau vor einem Spiegel zeigt. Es hat mich etwas Mühe gekostet, Zweites zu erkennen, aber dann war die Freude um so größer! Wahrnehmen und Denken ist ein Abenteuer!
Volker Wittmann „Logikfibel“, Edition Sonderwege
(vera-lengsfeld.de)