Die AfD darf keine „normale“ Partei sein
Von WOLFGANG HÜBNER
Mit ihrer 2013 erfolgten Namensgebung hat sich die Alternative für Deutschland als Partei bezeichnet, die anders als die anderen Parteien sein will und diesen Anspruch nach einem Jahrzehnt politisch nun auch erfüllt. Die AfD hat immer signalisiert, auch intern anders, nämlich besser als CDU, SPD, Grüne oder Linke zu sein.
In der Realität des Parteienlebens lässt sich das nicht immer und manchmal auch gar nicht einlösen. Dafür sollte es ein gewisses Verständnis geben – bekanntlich gilt: „Nobody is perfect“. Die Grenzen des Verständnisses werden allerdings dann überschritten, wenn sich Kandidaten für wichtige Ämter parteiinterne Mehrheiten damit sichern, unrichtige Behauptungen über ihre Person zu verbreiten.
Ein solcher Fall liegt offensichtlich bei einer Kandidatin und einem Kandidaten für die Wahl zum EU-Parlament vor. Dabei geht es um fragwürdige bzw. falsche Angaben zu Bildungsabschlüssen und beruflichen Tätigkeiten. Nun muss ein Kandidat für ein politisches Amt keineswegs ein abgeschlossenes Studium oder berufliche Meriten vorweisen, wenngleich gerade letzteres für AfD-Kandidaten durchaus von Vorteil wäre. Was aber verlangt werden kann und muss, ist Ehrlichkeit bei den Angaben. Deshalb dürfen diese nach strenger Prüfung nicht mehr umstritten, sondern eindeutig geklärt worden sein. Das ist in den betreffenden Fällen offenbar jedoch nicht der Fall.
Wenn der Bundesvorstand trotzdem an diesen Kandidaten festhalten will mit der Begründung, ansonsten müsse eine Neuwahl der Kandidaten stattfinden, dann ist das eine unbefriedigende Begründung. Es kann deshalb nicht verwundern, wenn sich die zahlreichen AfD-Feinde nun in Häme ergießen nach dem Motto “Seht, die sind auch nicht besser als wir“. Das schadet der AfD. Mehr aber noch schadet es der Partei, wenn nun auch viele Mitglieder, Sympathisanten und Wähler verunsichert und erbost sind. Deshalb sei dem Bundesvorstand dringend empfohlen, die beiden Personen zum freiwilligen Rücktritt von ihren Kandidaturen zu bewegen.
Das kann notfalls auch mit einer öffentlich gemachten Aufforderung geschehen. Und in letzter Konsequenz sollte auch wahrscheinlich eine Wiederholungswahl nicht ausgeschlossen werden. Denn die Beibehaltung der beiden Kandidaten kann die Wahlchancen der AfD-Liste für das EU-Parlament negativ beeinflussen. Das wird vor allem dann ein großes Problem, wenn auch eine „Liste Wagenknecht“ antreten sollte. Noch ist Zeit, die unappetitliche Affäre sauber zu klären und zu beenden. Sie sollte genutzt werden.
(pi-news.net)